Startseite » Technik » Fertigung »

Rundum dicht verbunden

Laserschweißen: Spezielle Fügemethode für filigrane Kunststoffkatheter
Rundum dicht verbunden

Die PTCA-Ballondilatationskatheter der Eucatech AG sind aus einer speziellen, ungefärbten Polyamidmischung und dienen zur Erweiterung von Herzkranzgefäßen. Als Füge- methode für die filigranen Teile wird ein CO2-Lasersystem von LPKF aus Erlangen eingesetzt.

Der Begriff Perkutane transluminale coronare Angioplastie (PTCA) bezeichnet die Technik der Aufdehnung eines verengten Herzkranzgefäßes von innen – ohne offene Operation. Sie wird als geplanter Eingriff bei der chronischen koronaren Herzkrankheit und als Notfalleingriff beim akuten Herzinfarkt durchgeführt. Durch einen Führungskatheter wird ein Ballonkatheter vorgeschoben. An dessen Ende befindet sich ein Ballon, der in der Gefäßverengung mit etwa 8 bis 12 bar expandiert wird. Die Verengung wird erweitert, das Blut kann wieder ungestört fließen.

Zentrales Element des PTCA-Katheters ist der Ballon. Der filigrane Aufbau stellt besondere Anforderungen an die Schweißung. Neben der geforderten Dichtheit müssen auch Bauteiltoleranzen im Bereich weniger Hundertstel Millimeter gewährleistet werden. Als Fügeverfahren kommen Kleben, Laser-, Heißluft- oder Heizelementschweißen in Betracht. Für das lasergestützte Fügen sprachen zahlreiche Vorteile gegenüber den Alternativen Heizelement- und Heißluftschweißen. Neben deutlich kürzeren Taktzeiten zeichnen vor allem die gute Kontrollierbarkeit sowie die hohe Prozesssicherheit und -stabilität das Verfahren aus. Die Produktqualität kann mit Laserschweißen nachweislich gesteigert werden. Die Gefahr von Ausschuss durch zu hohen Energieeintrag reduziert sich durch die lokal sehr begrenzte Energieeinbringung auf ein Minimum. Auch eine Verunreinigung des Bauteils entfällt.
Für das Laserschweißen von Kunststoffen existieren verschiedene Verfahrensprinzipien. Die industriell gängige Methode ist das Laserdurchstrahlschweißen. Es verbindet einen für die Laserstrahlung transparenten Werkstoff mit einem absorbierenden. Der Laserstrahl wird durch das lasertransparente Formteil hindurch auf den absorbierenden Fügepartner fokussiert, wodurch dieser oberflächlich aufschmilzt. Das mit einer definierten Kraft angepresste durchlässige Bauteil wird durch Wärmeleitung ebenfalls plastifiziert – eine sichere, stoffschlüssige Verbindung entsteht. Dieses Verfahren setzt jedoch voraus, dass einer der beiden Fügepartner laserabsorbierend ist, üblicherweise über ein Additiv.
m vorliegenden Fall musste ein neuer Lösungsansatz verfolgt werden. Um zwei ungefärbte Kunststoffe miteinander zu verbinden, kann die Lasertechnik auf längerwellige Strahlung ausweichen. Dabei wird die Eigenschaft von thermoplastischen Kunststoffen ausgenutzt, dass ab einer Wellenlänge von etwa 1,3 µm die Absorption im ungefärbten Kunststoff sukzessive ansteigt und Wellenlängen ab 2,7 µm fast vollständig im Kunststoff absorbiert werden.
ine gängige Methode für das Verschweißen von zwei transparenten Kunststoffen ist der Einsatz eines Lasers mit 1,5 µm Wellenlänge. Bei dünnen Materialien wie bei einem PTCA- Katheder kann jedoch auch mittels kostengünstigem CO2-Lasersystem geschweißt werden. Ein Laser dieser Wellenlänge wird direkt in der oberen Folie absorbiert. Das Aufschmelzen und Schweißen mit der unteren Folie erfolgt ausschließlich über Wärmeleitung. Nach Bewertung der alternativen Verfahren wurde für die Ballonkatheter letztlich das Schweißen mit einem CO2-Laser als qualitativ und wirtschaftlich beste Variante gewählt. Als Werkstoff wurde aufgrund der medizinischen und mechanischen Anforderungen eine spezielle Polyamidmischung mit medizinischen Zulassungen bestimmt. Sämtliche zu verbindenden Bauteile werden ungefärbt und ohne Zugabe von Additiven zur Absorptionsänderung eingesetzt. Unter Berücksichtigung der funktionalen und herstellungsspezifischen Randbedingungen wurde die Konstruktion des Katheters entsprechend den Anforderungen des Verfahrens ausgelegt.
Für die Fertigung des Bauteils haben die Eucatech AG, Rheinfelden, und die LPKF Laser & Electronics AG ein System konzipiert. Die kundenspezifische Laserstrahl-Kunststoffschweißanlage greift auf Standardmodule aus dem Sortiment des Schweißanlagenherstellers zurück. Sämtliche Komponenten wie Laser, Kühler und Steuerung sind im Anlagengehäuse integriert, damit konnte eine kompakte Bauweise erreicht werden. Aufgrund der Fertigungslogistik ist Handbestückung der Schweißanlage vorgesehen.
Kernelement des Systems ist der CO2-Laser mit nachfolgender Strahlformung und -führung. Der CO2-Laser wird mit einem speziellem Optikaufbau in ein dynamisches Spiegelsystem (x-y-Scanner) geleitet. Nach dem Scanner folgt eine F-Theta-Optik, die den Strahl in die Bearbeitungsebene fokussiert. Da der Ballonkatheter umlaufend radial geschweißt werden muss und dabei nicht bewegt werden darf, ist eine Umlenkung des Laserstrahls in Richtung des Katheters notwendig. Hierzu wird ein eigens für die Anwendung angefertigter Spiegeltrichter eingesetzt. Er lenkt den vom Scanner ausgehenden, parallel zum Katheter verlaufenden Strahl in die Bearbeitungszone. Diese Technik der Strahlumlenkung nahe der Bearbeitungszone ist zwar sehr einfach und elegant, kann jedoch aufgrund der Verschmutzungsproblematik nur in sauberer Umgebung eingesetzt werden.
Ein weiteres für die Fertigung unerlässliches Modul ist die Positioniereinheit für den Ballonkatheter. Da an jedem Katheter zwei Schweißungen durchgeführt werden müssen und die Bauteile aufgrund von normalen Fertigungsschwankungen unterschiedlich ausfallen, ist eine Präzisionsachse mit Einspannmöglichkeit erforderlich. Die eingesetzte Achse erlaubt neben der fixen Positionierung des Bauteils an den zwei Schweißstellen auch die schrittweise Positionierung mittels Kamera und Tipp-Betrieb. Über das Human-Machine-Interface kann die Anlage im Produktionsalltag einfach und schnell bedient werden.
Marika Nitscher LPKF Laser & Electronics, Erlangen
Ballonkatheter wird mittels CO2-Laser umlaufend radial geschweißt

Ihr Stichwort
• Laserschweißen
• Fügeverfahren
• Kunststoffkatheter • Geringe Bauteiltoleranzen • Werkstoffauswahl
Aktuelle Ausgabe
Titelbild medizin technik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Titelthema: PFAS

Medizintechnik ohne PFAS: Suche nach sinnvollem Ersatz

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Aktuelles Webinar

Multiphysik-Simulation

Medizintechnik: Multiphysik-Simulation

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de