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Reinraumanlagen bei laufender Leiterplatten-Produktion installiert

Leiterplattenfertigung
Reinraumanlagen bei laufender Produktion installiert

Reinraumanlagen bei laufender Produktion installiert
Flexible Leiterplatte für den Einsatz in Hörgeräten (Bild: GS Swiss PCB)
Die Schweizer GS Swiss PCB produziert Leiterplatten für Medizintechnik und Elektronik, die aus hauchdünnen Basismaterialien von nur 12 μm hergestellt werden. Um die Feinststrukturen in Zukunft noch kleiner und genauer zu produzieren, hat das Hightech-Unternehmen in drei Clean-Cell-4.0-Reinräume investiert, die im laufenden Produktionsprozess aufgebaut wurden.

Iris Dörffeldt
Schilling Engineering, Wutöschingen

Kleinste Bauteile, die kaum noch mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, haben in den letzten Jahren zu einem rasanten Fortschritt in der Elektronik geführt und immer leistungsfähigere Geräte ermöglicht. Leiterplatten sorgen für die Funktion von Handys, Computern, Autos und Flugzeugen. Auch in der Medizintechnik, wie beispielsweise bei Hörgeräten, ermöglichen die winzigen Bauteile die hohe Funktionalität der Technik auf kleinstem Raum. Die GS Swiss PCB AG, Küssnacht, hat sich auf die Herstellung von miniaturisierten Leiterplatten spezialisiert und behauptet sich auf diesem Markt mit 170 Mitarbeitern gegen die starke asiatische Konkurrenz. Dies gelingt dem Schweizer High-Tech Unternehmen durch die Gewährleistung einer hohen Zuverlässigkeit der empfindlichen Produkte und durch eine individuell angepasste Fertigung mit kurzen Lieferzeiten.

Um die Entwicklung der empfindlichen Bauteile in noch kleinere Strukturen zu ermöglichen, hat GS Swiss PCB in drei neue Reinräume für verschiedene Prozessschritte investiert. Edgar Camenzind ist stellvertretender Produktionsleiter bei GS Swiss PCB und erklärt die Bedeutung, die die Reinraumtechnik für die Qualität der Fertigung einnimmt: „Die kritischen Prozesse bei der Herstellung unserer hochintegrierten Leiterplatten finden in Reinräumen statt. Jedes Staubkorn ist unser Gegner und führt zu Ausschuss in der Produktion.“ Es müsse völlig kontrolliert und ohne jegliche Verschmutzung produziert werden. Das gehe nur mit Reinraumtechnik. „In Zukunft wollen wir unsere Feinststrukturen noch einmal verbessern und haben deswegen gleich drei neue Reinräume für unterschiedliche Prozessschritte aufgebaut.“

Drei neue Reinräume für kontrollierte Prozesse

Die drei neuen Anlagen bei GS Swiss PCB wurden vom langjährigen Reinraumpartner Schilling Engineering GmbH, mit Sitz im schwäbischen Wutöschingen und Trasadingen in der Schweiz, geplant, gefertigt und installiert. Eine große Herausforderung waren dabei die engen räumlichen Verhältnisse, die genau angepasste Lösungen erforderten. Um einen Produktionsausfall so gering wie möglich zu halten, wurde zudem ein Teil der Installation der Reinraumanlagen durchgeführt, ohne die bestehenden Produktionslinien abzubauen. Die Entwicklungsschritte in der Leiterplattenproduktion sind sehr spezialisiert und in verschiedene Bereiche aufgeteilt.

Ganz neu bei GS Swiss ist die eigene Sputteranlage, in der die Trägerfolie aufgekupfert wird. Die Folie dient als Grundmaterial aller weiteren Verarbeitungsschritte. Für den Sputter-Prozess wurde ein 40 m² großes Reinraumsystem der ISO-Reinraumklassen 5 und 6 installiert. Über eine 1,50 m breite Materialschleuse mit einer Doppelschwenktüre für Hubwagen werden die Materialien in den Reinraum eingebracht. Auf Wunsch des Leiterplattenherstellers wurden Reinraumwände, Türen und Durchreichen vollverglast, um eine uneingeschränkte Sicht von außen in den Arbeitsraum zu ermöglichen. Eine besondere Planung erforderten die äußerst engen Platzverhältnisse für das Deckenplenum des Reinraums. Filterunits und Lüftungsführung wurden von den Ingenieuren von Schilling Engineering genau zwischen den bauseitigen Verrohrungen angeordnet, damit der enge Raum bestmöglich genutzt werden konnte.

Herstellung von Multilayern während Reinraumaufbau

In einem weiteren Prozessschritt entstehen mehrlagige starre, starrflexible und flexible Leiterplatten. Die hauchdünnen Trägerfolien werden in mehreren Schichten verbunden und gepresst. Der dafür neu installierte 130-m²-Reinraum erfüllt die Bedingungen der ISO-Reinraumklassen 7 und 8. Die Herstellung der Multilayer wurde während des Reinraumaufbaus nicht ausgesetzt, sondern auf nachts verschoben, um hier keine zu starken Produktionsausfälle tragen zu müssen. Die Installation des Reinraumsystems wurde durchgeführt, ohne dass die vorhandenen Maschinen, Förderbänder und Anschlüsse der Produktionslinie aus dem Raum entfernt wurden. Die Reinraumwände wurden vor die Wände und Fenster des Bestandsbaus gesetzt.

Reinraumanlagen um die Fertigungslinien aufgebaut

Die Multilayer-Produktion ist der Verantwortungsbereich von Edgar Camenzind. Der stellvertretende Produktionsleiter erinnert sich an die herausfordernde Zeit der Baumaßnahmen: „Der Aufbau der Reinräume war schon eine Challenge. Für uns und auch für das Team von Schilling Engineering. Wir haben während des Umbaus voll produziert.“ Bei der Herstellung der Multilayer und im abschließenden fotosensitiven Prozess seien die Reinraumanlagen sozusagen um die Fertigungslinie herum aufgebaut worden. „Das hat schon sehr viel Flexibilität und Organisation von uns allen verlangt.“ In einem letzten Prozessschritt wird Lack auf die Leiterplatten und Multilayer aufgetragen. Auch hier darf die Produktion aufgrund der geringen Toleranzen in der mikrometergenauen Verarbeitung nicht durch Partikel verunreinigt werden. Weitere 95 m² Reinraum sorgen für die Sicherheit in der abschließenden Verarbeitung.

Unter Bedingungen der ISO-Klasse 5 werden die Materialien bedruckt, belichtet, entwickelt und verpackt. Einzelne Bereiche werden mit Reinraumvorhängen voneinander getrennt. 25 Hochleistungsfilter, die direkt über den Prozessen installiert wurden und eine hohe Luftwechselrate von mehr als 95 mal pro Stunde bieten, gewährleisten die kontaminationsfreie Produktion der Feinststrukturen. Da während der Lackierung kein UV-Licht an die empfindlichen Materialien gelangen darf, wurde eine spezielle Gelblicht-Beleuchtung installiert und die Fenster und Glastüren des Reinraums mit Gelbfolie beschichtet. Eine weitere Besonderheit sind Wandmodule aus Edelstahl, mit denen sich die erhöhten Reinigungsanforderungen der fotosensitiven Produktion leichter erfüllen lassen.

Nach einigen Monaten Planung und Aufbau in verschiedenen Abschnitten sind alle drei Reinräume von GS Swiss PCB in Betrieb genommen worden. Es wurden 277 m² Deckenmodule mit LED Lichtbändern und 58 Filter-Fan-Units verbaut. Die modulare Bauweise des Reinraumsystems Clean Cell 4.0 sieht eine Erweiterung der Reinraumanlagen vor. Die Reinräume wurden mit dem intelligenten Steuerungs- und Kontrollsystem CR Control inklusive Monitoring ausgestattet.

Auch die reinraumgerechte Einrichtung der Personalschleusen und die abschließende Qualifizierung wurden von Schilling Engineering übernommen. Edgar Camenzind ist froh, dass er sich jetzt wieder ganz auf die anspruchsvolle Herstellung der Multilayer konzentrieren kann: „Das Reinraumprojekt ist wirklich sehr gut gelaufen. Eigentlich waren es ja mehrere Projekte mit unterschiedlichen Anforderungen. Eine gute Abstimmung mit der Reinraumfirma war immens wichtig. Wir hatten immer direkten Zugang zu Ute Schilling, die das Gesamtprojekt koordiniert hat. Kurze Wege, immer ansprechbar, ein klarer Vorteil.“

Der stellvertretende Produktionsleiter freut sich über den reibungslosen Einbau der Reinräume und vor allem darüber, dass die sichere Produktion der kundenspezifischen Leiterplatten für die Funktionalität moderner Hörgeräte und damit für mehr Lebensqualität sorgt.

https://schillingengineering.de


Kontakt zum Reinraumexperten:

Schilling Engineering GmbH
Industriestr. 26
79793 Wutöschingen
https://schillingengineering.de/

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