Wissenschaftler haben hochwirksame Eiweißketten identifiziert, die sich als entzündungshemmende Schutzschicht auf Implantaten einsetzen lassen. Sie könnten dabei helfen, Komplikationen durch Infektionen zu verhindern.
Jährlich erhalten weltweit zwischen 50 und 100 Millionen Menschen kurz- oder langfristig eingesetzte Implantate. Sie können etwa bei Knochenbrüchen die Heilung erleichtern, als Knie-, Hüft-oder Zahnimplantate die Lebensqualität der Patienten erhöhen oder sogar Leben retten, etwa durch Stents. Bei etwa 1 bis 7 % der Patienten kommt es dabei zu ernsthaften Komplikationen aufgrund von Infektionen. Die Folge sind meist wiederholte Operationen, ein drastisch verlängerter Therapieverlauf und eine erhöhte Sterblichkeitsrate. Bei einer Infektion an einem Implantat in einer Arterie steigt die Sterblichkeitsrate beispielsweise auf 40 %. Dabei sind Infektionen mit der Einführung von Kathetern die häufigsten auftretenden Komplikationen. Die Prävention solcher implantat-assoziierter Infektionen hat daher eine hohe Priorität.
Forscher am Institut für Biologische Grenzflächen (IBG) des Karlsruher Instituts für Technology (KIT) haben in Zusammenarbeit mit Kollegen an der Universität Britisch Columbia in Kanada eine neue Methode entwickelt, um Wirkstoffe zu suchen, die auf einer Oberfläche gebunden antibakteriell wirken (Chemistry & Science, Vol 16, Issue 1). Mit ihrer Hilfe kann direkt getestet werden, ob Moleküle eine Infektion von einer Oberfläche abwehren können.
Bei den getesteten Molekülen handelt es sich um antibakterielle Peptide, also kurze Eiweiße, die aus einer Kette von Aminosäuren bestehen. Die aus 12 bis 50 Aminosäuren bestehenden Peptide sind hochinteressant für die Infektionsbekämpfung, weil sie sowohl gramnegative wie auch grampositive Bakterien, aber auch Pilze, Viren oder Parasiten abtöten können. Auch im Immunsystem übernehmen die Mini-Eiweiße wichtige Funktionen. Doch obwohl man sie schon seit den 60er Jahren kennt, ist ihre Wirkweise bis heute rätselhaft. Insbesondere gilt dies für die kurzkettigen Eiweiße, mit denen sich die Forscher beschäftigen.
Bakterien umgibt eine noch vor der eigentlichen Zellmembran liegende Schutzschicht, die ungefähr zehnmal so dick ist wie die Mini-Eiweiße selbst. Die Peptide haben eine Wirkung auf die Membran, aber es ist nicht erklärbar, dass sie dort hingelangen können.
Zurzeit arbeiten wir an der Optimierung und Automatisierung der Methode, damit 8000 bis 10 000 Substanzen in der Woche getestet werden können. Somit sollen hochwirksame Substanzen gefunden werden, die direkt auf Implantatoberflächen gebunden werden können und dort Infektionen abwehren. Dies wäre ein bedeutender Fortschritt, um ernsthafte Komplikationen bei der Verwendung von Implantaten drastisch zu senken.
Techniken zur Anbindung der Peptide an Implantate sind gerade in Arbeit, sowohl am KIT als auch an der Universität Britisch Columbia in Kanada.
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