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Mikrobearbeitung: Erodierfräsen für präzise Formen

Mikrobearbeitung
Erodierfräsen für präzise Formen

Erodierfräsen für präzise Formen
Mikrorotoren mit umspritztem Magnetkern (unten) sowie darüber ein für die Herstellung verwendeter Formeinsatz Bild: PKT
Mikrobearbeitung | Bei der Herstellung von Formen für das Mikro-Spritzgießen stellt die Präzision höchste Anforderungen an die gesamte Prozesskette. Während klassische Bearbeitungsverfahren an ihre Grenzen stoßen, macht ein auf Mikro-Spritzgussteile spezialisiertes Unternehmen gute Erfahrungen mit dem Mikro-Erodierfräsen.

Klaus Vollrath
Fachjournalist in Aarwangen, Schweiz

Unser Spezialgebiet sind Mikro-Spritzgussteile mit Abmessungen an der Grenze dessen, was heute darstellbar ist“, sagt Peter Rapp, Geschäftsführer der PKT Präzisions-Kunststoff-Teile GmbH in Tiefenbronn. Das mittelständische Unternehmen mit rund 120 Mitarbeitern hat sich auf das Spritzgießen von kleinen und kleinsten Präzisionsbauteilen aus Kunststoff im Gewichtsbereich von 0,002 g bis etwa 30 g spezialisiert. Die Anwender finden sich in den Hightech-Branchen wie der Elektronikbranche und der Uhrenindustrie. In der Medizintechnik kommen Mikrorotoren beispielsweise in Schrittmotoren zum Einsatz. Diese dienen dann als Antrieb für winzige Dosierpumpen, mit deren Hilfe kleinste Mengen Wirkstoffe gezielt injiziert werden können.

Die Palette der von PKT verarbeiteten Thermoplaste ist sehr breit und umfasst auch technische Kunststoffe mit niedriger Viskosität und nicht selten Verarbeitungstemperaturen von bis zu 400 °C, die keine Ungenauigkeit der zu dichtenden Geometrien zulassen. Verschärfend kommt hinzu, dass häufig Einlegeteile umspritzt oder mehrere Kunststoff-Komponenten kombiniert werden müssen. Deshalb müssen die eingesetzten Werkzeuge höchsten Präzisionsanforderungen genügen, weshalb sie grundsätzlich im eigenen Formenbau hergestellt werden.

„Da die Kunden immer kleinere Bauteile beziehungsweise immer feinere Konturdetails fordern, stießen wir vor rund anderthalb Jahren an die Grenzen dessen, was mit den vorhandenen Technologien erreichbar war“, erinnert sich Geschäftsführer Rapp. Da die Formeinsätze aufgrund der hohen Beanspruchungen oft aus Hartmetall oder speziellen Werkzeugstählen bestehen müssen, war der Einsatz herkömmlicher Mikro-Fräswerkzeuge nur begrenzt möglich.

Auch bei PKT etablierte Erosionsverfahren wie das Senk- oder Drahterodieren waren wegen ihrer Technologiegrenzen für die Mikrogeometrien nicht einsetzbar. So stand beispielsweise für das Drahterodieren kein Elektrodenmaterial zur Verfügung, dessen Durchmesser deutlich kleiner war als der geforderte Zahnspitzenradius. Da beim konventionellen Drahterodieren zum Durchmesser noch ein Funkenspalt von mindestens 7 bis 10 µm hinzuzurechnen ist, wäre die Darstellung einer entsprechenden Geometrie nur noch durch Teilung des Formeinsatzes an jeder Zahnspitze möglich gewesen. Dies ist jedoch bei hoher Zähneanzahl kaum noch praktikabel, die Form würde zum Hochpräzisions-Puzzle aus winzigen Einzelteilen.

Übliche Bearbeitungsverfahren stoßen an ihre Grenzen

„Bei der Suche nach geeigneten Technologien interessierte sich PKT dann für das von uns entwickelte Mikro-Erodierfräsverfahren“, ergänzt Angelo Quadroni, CEO der Schweizer Sarix S.A. in Sant’Antonino. Bei diesem Verfahren handelt es sich im Prinzip um eine Variante des Senkerodierens, jedoch hat die Elektrode nicht die Form eines geometrischen Negativs des gewünschten Formhohlraums. Stattdessen handelt es sich um einen äußerst dünnen, rotierenden Stab, der ähnlich wie ein Fräswerkzeug in Bahnen am Werkstück entlanggeführt wird und dabei Material durch Funkenerosion abträgt.

„Die von den Kunden gewünschte Genauigkeit lässt sich nur durch Optimierung zahlreicher Details des Prozesses erreichen“, verrät Quadroni. Die Abtragung selbst erfolgt durch extrem feine und ultrakurze Mikropulse, für die eine spezielle Leistungselektronik entwickelt wurde. Diese ist direkt in die Z-Achse der Maschine integriert. Der resultierende Funkenspalt hängt natürlich von den gewählten Arbeitsparametern ab und kann zwischen 2 und 20 µm variieren. Die Zustellintervalle der Z-Achse liegen im Schlichtbetrieb unterhalb von 1 µm.

Die Sarix-Technologie und die dazu eingesetzte CAM-Software zeichneten sich durch viele Freiheitsgrade aus, die bei der Anwendung erhebliche Vorteile ermöglichen. „Wir haben sofort erkannt, dass die Technologie sehr viel kann, der Bediener dafür aber auch gut geschult werden muss“, erinnert sich P. Rapp. Deshalb habe man bei der Entscheidung für die Sarix-Lösung besonderen Wert auf Support und Servicebereitschaft gelegt.

Die Zusammenarbeit startete im Frühjahr 2016, als eine äußerst wichtige Kundenanfrage nicht mit den bisher verfügbaren Technologien zur Formherstellung nicht zu schaffen gewesen wäre. Schon bei einem ersten Besuch in der Schweiz habe man gemerkt, dass Sarix ebenfalls großen Wert auf Schulung und Kundennutzen legt, so Rapp. Dies war die Basis für ein enges Vertrauensverhältnis, das umso wichtiger war, da die neue Technologie schnell eingeführt werden musste. Nachdem erste Probebearbeitungen bei Sarix positiv verlaufen waren, wurde die Beschaffung beschlossen. Diese intensive 14-tägige Schulung für drei Mitarbeiter fand auch schon an der bestellten Anlage statt. Danach waren sie imstande, mit der neuen Anlage vollwertig zu arbeiten.

www.pkt-gmbh.de


Das Sarix-Verfahren

Bei dem Sarix-Erodierfräsverfahren entsteht das Werkzeug auf der Maschine selbst, und zwar durch funkenerosive Bearbeitung mit einer Stabelektrode. Mit ihr lassen sich am Werkstück Bogenradien bis herab zu 6 µm herstellen. Die Wiederholgenauigkeit der Positionierung liegt unter 1 µm. Die Anlage verfügt über eine Steuerung, die den Prozess mithilfe entsprechender Sensorik überwacht. Sobald das Werkzeug einen definierten Abnutzungszustand erreicht hat, wird die Bearbeitung unterbrochen und die Stabelektrode in die „Abrichtstation“ überführt. Dort wird die abgenutzte Spitze mithilfe der Drahterosion gekappt, das Material um einen definierten Betrag vorgeschoben und erneut auf den gewünschten Arbeitsdurchmesser gebracht.

www.sarix.com

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