Intravenöse Antibiotika zählen zu den grundlegend wichtigsten Medikamenten. Jede Klinik verabreicht jährlich Hunderttausende dieser Infusionslösungen: Doch die manuelle Herstellung ist langsam und erhöht die Gefahr mikrobiologischer Kontaminierung. Diese Probleme löst das IV-Icon-Twins-System, eine automatisierte Reinraumwerkbank (Bio-Sicherheitsstufe II) mit zwei VS-050-Robotern der Reinraumschutzklasse ISO 5. Das System wurde von Newicon entwickelt, einem finnischen Technologiespezialisten für medizinische Dienstleistungen und Apotheken.
„Unser System macht den Herstellungsprozess sicherer, zuverlässiger sowie effizienter und reduziert das Risiko medizinischer Fehler. Dadurch verbessert sich wiederum die Patientensicherheit“, sagt Jori-Matti Savolainen, Marketingexperte bei Newicon. Für die Mitarbeiter bedeutet dies weniger Kontakt mit Antibiotika-staub, weniger monotone Arbeitsabläufe sowie belastungsbedingte Verletzungen und kürzere Arbeitszeiten in der unpraktischen Laborarbeitskleidung. „Die Krankenschwestern haben nun mehr Zeit für die eigentliche Patientenpflege“, sagt er.
Im Vergleich zur manuellen Bearbeitung erhöht das IV-Icon-Twins-System die Effizienz um das Fünffache: Die manuelle Aufbereitung einer intravenösen Dosis dauert in der Regel mehrere Minuten, das heißt ein Mitarbeiter kann bis zu 20 Dosen pro Stunde herstellen. Dagegen schafft das robotergestützte System rund 100 Dosen stündlich; je nach Größe und Art des Medikaments sogar bis zu 400 Dosen je Stunde. Auch die erhöhte Sicherheit für Patienten und das Klinikpersonal ist signifikant.
Newicon entschied sich für Denso-Roboter, weil sich diese dank ihrer Kompaktheit ideal in die Reinraumwerkbank einfügen ließen – denn diese sollte den üblichen Standardabmessungen entsprechen. Mit einer Höhe von 2,36 m, einer Breite von 1,89 m und einer Tiefe von nur 95 cm ist das System so kompakt, dass es sich für die meist engen, sterilen Laborräume eignet, aber dank seiner Geschwindigkeit und Flexibilität sehr gute Ergebnisse erzielt. Ferner lassen sich die Roboter leicht in das System integrieren und ohne viel Aufwand installieren. Sie wurden von Newicon in Wincaps programmiert.
Zwei Roboter ermöglichen vollautomatisierte Prozesse
Das System wird per Touchscreen-Monitor bedient, der mit einem Steuerungs-PC verbunden ist. Die Befüllung des Systems erfolgt noch manuell, doch der Prozess als solcher ist voll automatisiert. Eine zentrale Rolle spielen dabei die beiden Roboter, die zwei verschiedene Arbeitsprozesse, insbesondere Pick-and-Place, durchführen: Im ersten Fall platziert der Mitarbeiter die mit den Antibiotika (in Pulverform) gefüllten Laborphiolen auf einer Ablage und stellt diese auf die Werkbank. Die Roboter greifen und halten die Phiolen; ein geeignetes Lösungsmittel für die Medikation (beispielsweise steriles Wasser) wird nun beigemengt. Die Roboter schütteln die Phiolen, damit sich das Pulver in der Flüssigkeit auflöst und stellen diese zurück auf die Werkbank. Im zweiten Operationsmodus befüllt nur ein Roboter die Phiolen, während der andere die Befüllung der in Flüssigkeit aufgelösten Medikamente aus den Phiolen in Injektionsspritzen im Pick-and-Place-Verfahren durchführt.
Das System ist mit Hochpräzisionspumpen für die Befüllung ausgerüstet. In der Regel wird nur ein Typ Antibiotikum je Schicht hergestellt, weil das IV-Icon-Twins- System für die serielle Herstellung hoher Stückzahlen ausgelegt ist. Damit wird die Herstellung für Krankenhäuser noch effizienter.
Die Reinraumwerkbank ist durch Schwebstofffilter (HEPA: High Efficiency Particulate Air), einen leichten Sicherheitsvorhang sowie Näherungssensoren geschützt. Die Systemsoftware führt den Anwender durch eine Reihe von programmierten Arbeitsschritten, die der Anwender jeweils nach Ausführung bestätigen muss. Dadurch werden Fehler vermieden. Darüber hinaus müssen die Barcodes der Medikamente gescannt werden. Das System selbst wird durch eine SPS des Herstellers Beckhoff gesteuert: Der PC ist SPS-programmiert und bietet eine eigens entwickelte Benutzeroberfläche für die Auswahl des Herstellungsmodus. Die Schnittstelle zwischen dem System und den Robotern wird ebenfalls über eine individuelle Benutzeroberfläche gesteuert.
Auf der Desktopebene kann der Anwender die Tätigkeit der Roboter starten und überwachen sowie Basiskonfigurationen anlegen. Das System ist noch nicht mit Cloud-Diensten verknüpft. Künftig ließe sich jedoch eine Cloud in das Datensystem eines Krankenhauses integrieren, so dass beispielsweise Anweisungen zur Medikamentenherstellung empfangen und Betriebsdaten gesendet werden könnten. Newicon wird das IV Icon Twins System weiter entwickeln und andere Anwendungsmöglichkeiten sondieren.
Weitere Informationen
Zum Roboterhersteller Denso:
Zum Technologiespezialisten
Newicon:
Das System im Betrieb ist zu sehen unter: