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Integrierte Pharmaprozesse stellen neue Anforderungen an Reinräume

Prozessintegration: Kostendruck stellt Kunststoffverarbeiter vor neue Herausforderungen
Integrierte Pharmaprozesse stellen neue Anforderungen an Reinräume

Kostendruck prägt auch die Trends in der Kunststoffverarbeitung für die Medizintechnik. Für Christoph Lhota, Leiter der Business Unit Medical bei Engel, folgt daraus die Forderung nach einer zunehmenden Effizienz der Fertigungsprozesse.

Herr Lhota, die Medizintechnik war lange Zeit vom Kostendruck verschont. Was hat sich geändert?

Medizinproduktehersteller müssen zunehmend auf die Stückkosten achten. Dabei ist es für sie schwierig, die Effizienz bestehender Prozesse zu steigern, weil es sich in der Regel um qualifizierte und validierte Anlagen und Prozesse handelt und jede nachträgliche Änderung mit hohen Kosten und viel Aufwand verbunden ist. Bei neuen Anlagen allerdings geht es immer stärker darum, Effizienzsteigerungspotenziale optimal auszuschöpfen. Hier eröffnet vor allem die Prozessintegration Chancen.
Welche Vorteile ergeben sich daraus für den Anwender?
Hochintegrierte Fertigungszellen reduzieren die Investitions- sowie die laufenden Betriebskosten, die Anlagen benötigen in der Regel eine deutlich kleinere Stellfläche, die Lagerung von Zwischenprodukten entfällt, und letzten Endes lässt sich in vielen Anwendungen durch die Integration auch die Prozessstabilität sowie die Qualität der Endprodukte steigern, was die Ausschussrate reduziert.
Welche Verfahren profitieren davon?
Diesem Trend folgend gewinnt aktuell vor allem der Mehrkomponentenspritzguss in der Medizintechnik an Bedeutung, zum Beispiel für Hart/Weich-Materialkombinationen. So werden bereits Beatmungs-Masken im Zweikomponentenspritzguss realisiert. Bei diesem Produkt kommt es darauf an, einen hohen Tragekomfort mit einer zuverlässigen Abdichtung zu gewährleisten.
Können Sie ein weiteres Beispiel für einen integrierten Prozess nennen?
Auf einer vollelektrischen Engel e-motion 200/100 T Spritzgießmaschine in Rein- raumausführung stellten wir auf unserem Symposium Einwegspritzenzylinder inklusive Nadeln in einem Arbeitsgang her. Die Nadeln wurden dafür vereinzelt und vom Roboter ins Werkzeug eingesetzt. Nach dem Umspritzen wurden die Spritzenkörper von einem easix-Mehrachs-Industrieroboter aus dem Werkzeug entnommen. Das integrierte Verfahren ist ein Novum gegenüber dem herkömmlichen mehrstufigen Prozess, bei dem die Nadelhalter im Spritzguss gefertigt und die Kanülen später eingeklebt werden. Da der integrierte Prozess keinen Klebstoff mehr benötigt und das Polymer COC eine Barrierefunktion übernimmt, eignet sich die Anwendung zur Herstellung vorbefüllter Spritzen.
Das heißt, die Kunststoffverarbeiter müssen künftig auch pharmazeutische Prozesse integrieren?
Genau. Bei den vorbefüllten Spritzen stellt der Applikator gleichzeitig die Verpackung des Wirkstoffs dar. Und wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft weitere Beispiele dieser ressourcenschonenden und damit zukunftsweisenden Funktionsintegration am Markt sehen werden. Mit diesem Trend wird der Kunststoffverarbeiter selbst ein Stück weit zum Pharmaunternehmen, da er es sein wird, der die Wirkstoffe in die unmittelbar zuvor hergestellten Spritzgießprodukte abfüllt. Diese Stufe der Prozessintegration geht mit ganz neuen Anforderungen vor allem an die Reinraumtechnik einher.
Gibt es schon konkrete Anwendungen?
Mit unserem Kunden Transcoject GmbH verbindet uns beispielsweise eine wichtige Entwicklungspartnerschaft: Der Kunststoffverarbeiter hat bereits viel Erfahrung in der Produktion von vorbefüllten Spritzen, allerdings weniger mit dem direkten Umspritzen der Kanülen. In Kooperation mit unseren Partnern haben wir eine seriennahe Pilotanlage zu Demonstration der technischen Umsetzbarkeit entwickelt. Wir werden dieses Thema konsequent weiterverfolgen und sind uns sicher, in den nächsten Jahren mit einer ersten Serienanwendung starten zu können.
Welche Herausforderungen bieten diese Projekte?
Die Medizintechnik erfordert höchste Produktsicherheit, absolute Reinheit und Präzision sowie die lückenlose Dokumentation und Nachvollziehbarkeit. Um diese branchenspezifischen Anforderungen in effiziente Spritzgießtechnik und hochwertige Produkte zu übersetzen, braucht es Spezialisten. Daher arbeitet bei uns ein eigener Geschäftsbereich ganz im Zeichen der Medizintechnik.
Ändern sich die Anforderungen an das Spritzgießwerkzeug?
Mit den genannten Trends in der Medizintechnik verändern sich auch die Anforderungen an den Werkzeugbau. Einerseits erfordern der Mehrkomponentenspritzguss sowie andere Formen der Prozessintegration zum Teil neue Werkzeugkonzepte, andererseits steigen die Kavitätenzahlen aufgrund des zunehmenden Kostendrucks zum Beispiel in der Herstellung von Disposables an.
Welche Maschinen kommen zum Einsatz?
Den größten Anteil in der Medizintechnik machen vollelektrische Spritzgießmaschinen aus, Tendenz weiter steigend. Dieses Wachstum tragen vor allem zwei Faktoren. Zum Ersten sind vollelektrische Spritzgießmaschinen schneller und präziser als vergleichbare hydraulische Maschinen, und zum Zweiten bringen sie die optimalen Voraussetzungen für den Einsatz im Reinraum mit. Gründe hierfür sind, dass vollelektrische Spritzgießmaschinen hydraulikölfrei arbeiten, von Natur aus deutlich weniger Wärme an die Umgebung abgeben und sich die Partikellast konstruktiv auf ein Minimum reduzieren lässt.
Und wohin geht der Trend?
Jüngste Weiterentwicklungen zielen darauf ab, die Leistung vollelektrischer Spritzgießmaschinen weiter zu steigern. Kürzeste Zykluszeiten werden im Zuge des zunehmenden Kosten- und Effizienzdrucks wichtiger. Hierbei profitiert die Medizintechnik von Erfahrungen in der Verpackungsbranche.
Was zeigen Sie auf der Fakuma?
Mit fünf hochintegrierten und automatisierten Fertigungszellen wollen wir auf der Fakuma unsere Systemlösungskompetenz unter Beweis stellen, und das auch für die Reinraumtechnik. Auf einer Engel e-motion 80H/80W/180 T WP combi werden wir im Zwei-Komponentenspritzguss Teile für Autoinjektoren produzieren. Branchenübergreifend wird es an unserem Messestand unter anderem auch um die Prozessoptimierung mit iQ weight control gehen. Die Software erkennt Schwankungen im Schussvolumen und in der Materialviskosität und regelt die relevanten Prozessparameter automatisch nach.
Weitere Informationen Über den Maschinenbauer: www.engelglobal.com Auf der Messe Fakuma: Halle A5, Stand 5204

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