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Für besondere Oberflächen wird ein eigener Galvanik-Prozess gebraucht

Galvanik
Für besondere Oberflächen wird ein eigener Galvanik-Prozess gebraucht

Galvanik | Gütekriterien für (mikro)chirurgische Instrumente betreffen die Oberflächen in besonderem Maße. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Galvanisierung, für die ein Dienstleister sogar einen eigenen Prozess entwickelt hat – inklusive der für den US-amerikanischen Markt geforderten Dokumentation.

Andreas Becker
Fachjournalist in Rodalben/Pfalz

Wenn man an Gehirn oder Herz operieren will, muss nun mal auch das Werkzeug ganz besondere Eigenschaften mitbringen“, betont Dirk Hohenhaus. Welche Eigenschaften das im Einzelnen sind, hat er als externer Berater im Detail erfahren. Denn der Diplomingenieur und Geschäftsführer der Hohenhaus Ingenieure GmbH hat den in Pforzheim ansässigen Galvanik-Spezialisten C. Jentner GmbH bei besonders herausfordernden Projekten begleitet – so auch bei dem Auftrag eines langjährigen Kunden aus der Medizintechnik, für den Chirurgie-Geräte veredelt werden sollten.

Ergonomisch, sicher und präzise zu handhaben, unzerbrechlich und abriebfrei, aber auch korrosions- und hitzebeständig – so soll das OP-Besteck im chirurgischen Alltag sein. Es darf nicht haftend und muss keimresistent sein, möglichst einfach zu reinigen und für die effiziente Dampfsterilisation geeignet. Eine Chance zur Nachbesserung gibt es beim Einsatz der medizinischen Instrumente nicht – hundertprozentige Funktionalität, Stabilität und Ergonomie sind gefragt.

Hohe Anforderungen an die Galvanik

Diese Forderung sei mindestens so ausgeprägt wie im Automotive-Umfeld oder in der Luft- und Raumfahrt. Laut Hohenhaus war es daher von Vorteil, dass der Lohngalvaniker C. Jentner in all diesen Branchen über Fachkompetenz und Erfahrung verfügte: „Schlussendlich profitieren die Kunden von dem Erfahrungsschatz ihrer Dienstleister, auch in verwandten Branchen.“

Wegen eines neuen Produkts, eines mikrochirurgischen Werkzeugs, wandte sich ein international renommierter Medizintechnik-Hersteller an die Pforzheimer. Die für das Produkt benötigten Aluminium-Werkstücke sollte der Galvanik-Spezialist chemisch vernickeln und versilbern. Dafür war ein sicheres Produktionsverfahren gefragt, und besonderes Augenmerk lag auf der Qualitätssicherung (QS).

Lückenlose Dokumentation wurde berücksichtigt

Ebenso sollte der „untergeordnete Lieferant“ relevante Daten für die FDA (Food and Drug Administration) bereitstellen, um die Zulassung für den US-amerikanischen Markt zu erlangen. Das wiederum setzt eine lückenlose Beschreibung und Dokumentation produktionsbezogener Prozesse für jeden Durchlauf und jedes Gerät voraus, im Sinne eines „Wer hat wann wo was gemacht?“.

Für diese Aufgabe wurde im Herbst 2015 eine Projektgruppe eingerichtet, die erste Versuchsreihen im Mai 2016 startete. Im Herbst 2016 begann dann der Echtbetrieb. Binnen dieses Jahres wurden Produktions- und QS-Verfahren nach engen Spezifikationen aufgebaut und dabei Einflussparameter wie Grundmaterialien, Elektrolyte und Temperaturen detailliert abgebildet, um eine gleichbleibende Qualität der Beschichtungen sicherzustellen. Seither steht dem Kunden eine externe Galvanik zur Verfügung, die wie eine betriebseigene arbeitet, mit eigener Produktlinie, eigenen Anlagen und speziell abgestelltem Fachpersonal.

Selektive Galvanik für mittlere Stückzahlen

In Abgrenzung zur industriellen Bandgalvanik mit immensen Stückzahlen – oft Schüttgut, das in riesigen Trommeln beschichtet wird –, bearbeitet C. Jentner die medizinischen Instrumente in mittlerer Stückzahl selektiv und damit deutlich präziser. Die eigens angefertigten und verpackt angelieferten Rohteile werden nach einem festen Plan kontrolliert, gereinigt und in dem exakt beschriebenen Prozess veredelt.

Die Galvanisierung im Tauchverfahren erstreckt sich dabei über 70 einzelne Prozessschritte hinweg. Gleichwohl sei die Gesamtdurchlaufzeit inklusive des Materialhandlings und der Administration mit drei Tagen „äußerst schlank und schnell“, wie Geschäftsführer Chris Jentner betont. Tausende dieser Werkstücke durchlaufen in seinem Unternehmen jährlich diese von QS-Maßnahmen begleitete Prozesskette.

Qualitätssicherung beim Dienstleister ist integriert

Der Medizinprodukte-Hersteller, in dessen Auftrag die mikrochirurgischen Instrumente veredelt werden, hat seine QS ganzheitlich angelegt. Sie reicht von der Produktion der Rohlinge mit allen mechanischen Bearbeitungsschritten wie Schleifen und Trowalisieren über die Beschichtungsprozesse beim Lohngalvaniker bis hin zur Endmontage inklusive der Weiterverarbeitung, die bei ihm selbst erfolgt, samt Schlusskontrolle und Produktabnahme.

Zum Doppel aus Inprozesskontrolle und globalen QS-Maßnahmen bei C. Jentner gehört dabei die zerstörungsfreie Materialanalyse für jedes einzelne Werkstück. Dabei wird als Messmittel insbesondere eine Röntgenanalyse eingesetzt, um die Schichtdicke zerstörungsfrei zu prüfen. Darüber hinaus erfolgt obligatorisch eine optische Ausgangskontrolle. Zweimal jährlich führt der Auftraggeber vor Ort ein Audit durch, um eingehend die Sicherheit der Prozesse zu überprüfen.

Spezielle Elektrolyte für die Galvanik

„Wer Metallveredelung auf höchstem Niveau anbieten möchte, muss das entsprechende Know-how mitbringen“, erklärt Chris Jentner. Im vorliegenden Projekt ging es unter anderem darum, die elektrotechnische Ausrüstung der Anlagen und die im Unternehmen entwickelten Elektrolyte mit der Stromstärke in Einklang zu bringen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. „Da haben uns 40 Jahre Markterfahrung in die Karten gespielt“, sagt Jentner. Letztlich sei aber auch die Flexibilität entscheidend.

Die Chirurgie-Instrumente müssen natürlich mit einer überlegenen Funktionalität überzeugen. Die glänzende Silberbeschichtung macht sie aber bei den Operateuren umso beliebter – und was diese Äußerlichkeiten angeht, nützen die Erfahrungen von C. Jentner aus dem dekorativen Bereich, denn manche Galvanisierungen übernehmen die Pforzheimer auch für die Schmuckindustrie.


Weitere Informationen

Über den Lohngalvaniker:

www.jentner.de

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