Um wettbewerbsfähig zu sein, müssen verarbeitende Betriebe immer flexibler auf die Aufträge ihrer Kunden reagieren können. Damit steigen die Anforderungen an den Maschinenpark – auch im Bereich der Fügetechnik. Die Anlagen müssen Materialien bearbeiten, die sich in ihrer Zusammensetzung, Größe oder Stärke deutlich unterscheiden können. Doch neue Anlagen sind teuer – und sind sie einmal da, wollen sie auch ausgelastet sein. Diese Tatsache konfrontierte auch einen Anwender aus der Medizintechnik, der für eine Baugruppe ganz unterschiedliche Komponenten verformen muss und dafür verschiedene Presskräfte benötigt.
Die Baugruppe besteht zum einen aus sehr feinen Metallteilen, zum anderen aus massiven Komponenten. „Für diese Aufgabenstellung wollte der Anwender eine Presse, welche zwei Arbeitsschritte mit hoher Präzision ausführen kann“, sagt Frank Neugart, Produktmanager Servopressen bei der IEF-Werner GmbH in Furtwangen im Schwarzwald. Zudem sollte die flexible Lösung groß genug für künftige Aufträge sein, bei denen eventuell noch höhere Kräfte erforderlich sind. Eine sinnvolle Herangehensweise – gerade im Hinblick darauf, den Maschinenpark schlank zu halten. In beiden Arbeitsschritten sollen die Bauteile gecrimpt werden.
Die Ingenieure von IEF-Werner sahen sich die Aufgabenstellung genau an und lieferten eine Maschine aus der Servopressen-Serie AI-Press mit einer Kraft von 12 kN. „Mit dieser Baureihe lassen sich hochgenaue Fügeprozesse automatisch und wiederholgenau durchführen“, erklärt Neugart. Die Systeme sind flexibel aufgebaut, und Anwender können sie sowohl in Fertigungslinien als auch in Handarbeitsplätze integrieren.
Insbesondere die Servotechnik bietet bei dieser Anwendung deutliche Vorteile. Betreiber haben die Möglichkeit, mit Hilfe dieser Technologie Parameter wie die Geschwindigkeit einzustellen. Sie erreichen damit je nach gewünschter Präzision sehr kurze Taktzeiten, denn bei der Servotechnik wirkt die Antriebskraft auf eine Spindel, beschreibt Produktmanager Neugart.
Die Basis der Servopresse bildet ein massives und verwindungssteifes C-Gestell aus Werkzeugstahl. Das System kann Deformationen, Aufbiegungen oder Setzvorgänge, die beim Pressvorgang auf die kraftführenden Teile einwirken, durch mechanische Entkopplung der Messeinrichtung eliminieren und durch die Servoregelung kompensieren. Um Querkräfte vollständig aufnehmen zu können, besteht der Antriebsstrang aus einer Präzisionsspindel, einem Servomotor und einer Pinolenführung.
Prozessfaktoren an jeden Anwendungsfall anpassbar
Eine Präzisionsführung hält bei der AI-Press den Antriebsstrang über den gesamten Arbeitsweg exakt in der Spur. Ein Konfigurationssystem sorgt dafür, dass sich der Antriebsstrang an den benötigten Kraftbereich anpassen lässt. Der Anwender kann Prozessfaktoren wie Vorschubkraft, Verfahrgeschwindigkeit, Positionierzeit und Genauigkeit an den Applikationsfall anpassen. Gemeinsam mit dem Anwender entwickelte IEF-Werner einen speziellen Pressablauf – der sich auch für andere Anwendungen nutzen lässt.
Wegen ihrer besonderen Bauweise crimpt die AI-Press die feinen Metallteile mit einer Kraft von maximal 3000 N bei einer Genauigkeit von weniger als ±15 N. „Normalerweise kommen bei solchen Bauteilen Kräfte von höchstens 500 bis 600 N zum Einsatz“, sagt Neugart. „Damit können wir eine sehr hohe Qualität der Verbindung sicherstellen.“ Im zweiten Arbeitsschritt crimpt die Servopresse die stärkeren Teile mit 6000 N bei einer Genauigkeit von unter ± 30 N.
Für IEF-Werner stand bei der Entwicklung dieser Servopressen-Baureihe eine energieeffiziente Arbeitsweise im Vordergrund: Im Einschichtbetrieb verbraucht das gesamte System lediglich so viel Energie wie eine herkömmliche 60-W-Glühbirne. Direkt in die Pinole der AI-Press-Serie ist ein Vakuum- oder Druckluftanschluss integriert. Damit müssen dem Werkzeug keine eigenen Versorgungsleitungen von außen zugeführt werden. Die gesamte Baureihe deckt einen Kraftbereich von 200 N bis 30 kN ab. Ein weiterer Vorteil der Baureihe, insbesondere bei diesem Projekt: „Alle offenen und sichtbaren Teile bestehen aus Edelstahl. Weil die Anlage in einem Reinraum steht, kann der Arbeitsbereich komplett gereinigt werden“, so Neugart. Und benötigt der Anwender für künftige Aufträge mehr Kraft, kann er die Presse durch Skalierung der Kraftbereiche bis 12 kN neu auslegen und an geänderte Anforderungen anpassen. (su)