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Cobots unterstützen in Fertigung, Labor und Krankenhaus

Kollaborierende Roboter
Cobots – Die neuen Kollegen für Fertigung, Labor und Krankenhaus

Fast jeder Hersteller von Industrierobotern bietet mittlerweile spezielle Typen für die Mensch-Roboter-Kollaboration an. Mit neuen Funktionen und Schutzvorrichtungen sind die Cobots fit für unterschiedliche Einsatzbereiche. Auch die Medizin und die Medizintechnik können von den neuen Kollegen profitieren.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de

Sawyer ist bei seinen Kollegen ein beliebter Mitarbeiter. Das liegt nicht nur an seinen freundlichen Augen, sondern vor allem an seiner Ausdauer, seiner Präzision und seinem äußerst beweglichen Roboterarm. Damit kann Sawyer auch dort eingesetzt werden, wo kein Platz für menschliche Mitarbeiter ist, der Einsatzbereich für Menschen zu gefährlich oder die Arbeit zu eintönig ist. Aber auch in der Zusammenarbeit mit menschlichen Kollegen ist Sawyer keine Gefahr: Mit seinen empfindlichen Drehmomentsensoren, die in jedem Gelenk integriert sind, kann er seine Kraft in unterschiedliche Richtungen konstant oder kontrolliert einsetzen. Damit ist er bestens für Aufgaben geeignet, bei denen er mit empfindlichen Teilen umgehen oder sie auf richtige Montage kontrollieren muss, so der Hersteller Rethink Robotics GmbH aus Bochum. Im Unternehmen, das inzwischen zur Hahn Group, Rheinböllen, gehört, ist man davon überzeugt, dass sich die kollaborativen Anwendungen zu einem wichtigen Baustein der Robotik entwickeln werden.

Inhaltsverzeichnis
Cobots helfen in Fabriken, Kliniken und Laboren
Schutz des menschlichen Kollegen steht an erster Stelle
Kraft-Momenten-Sensoren kontrollieren den Roboter
Cobot gegen Industrieroboter: Wer kann was?
Cobot-Markt wird bis 2030 auf rund 8 Mrd. US-Dollar wachsen
Cobots für KMU: Schritt in die Automatisierung

Sawyer ist so ein kollaborativer Roboter, auch Cobot genannt. Diese Roboter sind im Gegensatz zu herkömmlichen Industrierobotern nicht durch Schutzeinrichtungen vom Menschen getrennt, sondern arbeiten mit ihnen zusammen. Als Voraussetzung für diese Zusammenarbeit muss es für die Cobots unmöglich sein, ihre menschlichen Kollegen zu verletzen. Durch die Verwendung von Sensoren, die erkennen, wenn ein menschlicher Mitarbeiter dem Roboter zu nahe ist, wird die Mensch-Roboter-Kollaboration möglich gemacht.

Cobots helfen in Fabriken, Kliniken und Laboren

Die Vorteile der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) liegen auf der Hand weiß Michael Stiller, Business Development Manager am Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme (IKS) in München: „Durch ein gutes Zusammenarbeiten von Mensch und Roboter kann die Effizienz in der Produktion gesteigert werden. Schutzzäune entfallen, und Menschen wie Roboter können sich freier bewegen. Prozesse in der Fabrik werden optimiert“. Durch MRK werde die Industrie 4.0, also die effiziente, flexible und individuelle Produktion durch Automatisierungstechnik, zur Realität. Das mache Unternehmen zukunftssicher und senke Kosten durch eine effiziente Produktion. Gleichzeitig werden die Mitarbeitenden entlastet: Robotersysteme können lästige, ergonomisch ungünstige und damit anstrengende Arbeiten übernehmen, wie zum Beispiel das Heben von Lasten oder das Über-Kopf-Arbeiten. So wird die Gesundheit der Mitarbeitenden geschont.

Aber nicht nur in der Montage und Fertigung können Cobots den Menschen unterstützen: In Kliniken und Rehazentren können Assistenzrobotern eine schnellere Heilung begünstigen und gleichzeitig Pflegepersonal entlasten. Reha-Roboter führen bereits heute therapeutische Bewegungen durch, die sie von einer Pflegekraft gelernt haben. So können sie liegende Patienten mobilisieren, ohne dass die Pflegekraft schwere Gliedmaßen selbst anheben muss.

Schutz des menschlichen Kollegen steht an erster Stelle

Der Schweizer Technologiekonzern ABB aus Zürich arbeitet beispielsweise an einer mobilen Version seines Cobots Yumi, der medizinisches Fachpersonal bei der Laborarbeit und bei logistischen Aufgaben im Krankenhaus unterstützen soll. Der mobile Yumi könnte im Krankenhaus Medikamente dosieren und ausfahren, medizinisches Versorgungsmaterial bereitstellen, Bettwäsche direkt in die Zimmer der Patienten liefern oder im Labor beim Zentrifugieren und Handeln von Reagenzgläsern helfen. Sami Atiya, Leiter des Geschäftsbereichs Robotik und Fertigungsautomation bei ABB, setzt dabei auf die Erfahrung des Unternehmen
in den Bereichen Industrierobotik und kollaborative Robotik. „Wir arbeiten daran, die Zahl manueller Arbeitsschritte, die das medizinische Fachpersonal ausführen muss, zu verringern, die Präzision der Laborarbeit zu verbessern und so die Patientenzufriedenheit und letztendlich auch die Patientensicherheit zu erhöhen.“

Kraft-Momenten-Sensoren kontrollieren den Roboter

Zum Schutz der Menschen, die mit kollaborierenden Roboter arbeiten, müssen Cobots entsprechende Sicherheitsanforderungen erfüllen. Wenn Berührungen nicht völlig vermieden werden sollen oder können, müssen die Kräfte und Drücke begrenzt werden, mit denen der Roboter auf den Menschen wirkt. Ein verbreitetes Mittel sind hier Kraft-Momenten-Sensoren in den Gelenken der Cobots, die bei Überschreitung der Kraft- und Druckwerte den kollaborativen Roboter stoppen. Zudem kommen spezielle Schutzhüllen zum Einsatz, die mit Sensorik auf Berührung und Druck reagieren. Eine wichtige Voraussetzung für die Zusammenarbeit ist die Norm ISO TS 15066, die den Robotereinsatz im Kollaborationsbetrieb regelt.

Cobot gegen Industrieroboter: Wer kann was?

„Der direkteste Nutzen von Cobots liegt nicht in ihrer Fähigkeit, mit Menschen zusammenzuarbeiten“, sagt Rian Whitton, Principal Analyst beim Technologieberater ABI Research. „Vielmehr liegt er in ihrer relativen Benutzerfreundlichkeit, der verbesserten Schnittstelle und der Fähigkeit der Endnutzer, sie für verschiedene Aufgaben einzusetzen.“ Dies habe kollaborative Robotertechnologie bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beliebt gemacht, die ihr Augenmerk auf Flexibilität und eine kosteneffiziente, schrittweise Automatisierung legen. Wenn es aber um Geschwindigkeit in der Handhabung und Traglast geht, ist der Industrieroboter dem Cobot immer noch deutlich voraus: Ein Cobot muss langsamer arbeiten, um für die Menschen, die mit ihm arbeiten, gefährliche Situationen zu vermeiden. Zudem haben die derzeit erhältlichen Standard-Cobots ein Betriebsgewicht von bis zu 15 kg. Dies schränkt die Palette der Produkte ein, die mittels Cobot verarbeitet werden können.

Cobot-Markt wird bis 2030 auf rund 8 Mrd. US-Dollar wachsen

Einem aktuellen Bericht des globalen Beratungsunternehmens für den Technologiemarkt zufolge wird der Cobot-Markt in den kommenden zehn Jahren erheblich wachsen. Den globalen Markt im Jahr 2020 bewertet ABI Research demnach mit 475 Mio. US-Dollar. Die Analysten gehen weiter davon aus, dass sich die Zahl von 600 Mio. US-Dollar im Jahr 2021 auf rund 8 Mrd. US-Dollar im Jahr 2030 erhöhen wird. Universal Robots ist laut ABI Research derzeit der dominierende Akteur auf dem Markt mit 50 % der Gesamtlieferungen und einem Umsatz von 219 Mio. US-Dollar in 2020, aber Hersteller wie Fanuc und ABB holen bereits auf.

Cobots für KMU: Schritt in die Automatisierung

„Die Grenzen zwischen Cobots und Standard-Industrierobotern beginnen sich aufzulösen, da viele Hersteller mit Dual-Mode-Robotern experimentieren, die sowohl einen Cobot- als auch einen Industriemodus haben können“, so Whitton. Der Analyst geht davon aus, dass Cobots das Automatisierungspotenzial für KMU erheblich erweitern werden, während sie gleichzeitig großen Anbietern die Entwicklung flexiblerer Produktionslinien ermöglichen, die auf beweglichen Plattformen basieren.

Fest steht: Die Integration von Arbeitsplätzen mit Mensch-Roboter-Kollaboration nimmt Fahrt auf, und Roboter arbeiten zunehmend Hand-in-Hand mit Menschen zusammen, ganz ohne Schutzzaun. Dabei muss das Robotersystem Rücksicht auf den Menschen nehmen und sein Verletzungsrisiko minimieren. Mit Hilfe intelligenter Sensoren, Software- und Sicherheitstechnik steht der guten Kollegialität dann nichts mehr im Weg.


Weitere Informationen

Zum Hersteller Rethink Robotics:
www.rethinkrobotics.com

Zum Hersteller ABB Robotics:
new.abb.com

Zum Institut Fraunhofer IKS:
www.iks.fraunhofer.de

Zu den Studien von ABI Research:
www.abiresearch.com


Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK)

Teilen sich Mensch und Roboter einen Arbeitsraum ohne trennende Schutzeinrichtung, wird dies auch als Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) bezeichnet. Diese steht damit am Ende einer Reihe von Stufen, auf denen Mensch und Maschine interagieren können:

  • Strikte Trennung der Arbeitsbereiche: In klassischen Industrieanlagen waren und sind Robotersysteme strikt von den menschlichen Arbeitern getrennt. Sie haben eine eigene Zelle, die klar durch einen Schutzzaun von der Umgebung abgegrenzt ist und die der Mensch im Regelfall nicht betritt. Sollte dies doch passieren, wird der Betrieb der Maschine eingestellt.
  • Koexistenz: Mensch und schutzzaunloser Roboter arbeiten in benachbarten Bereichen, haben aber keinen gemeinsamen Arbeitsraum.
  • Kooperation: Mensch und Industrieroboter teilen sich einen Arbeitsraum. Allerdings arbeiten sie nicht gemeinsam an einem Produkt, sondern zeitversetzt.
  • Kollaboration: Kollaboration beschreibt die engste Form der Zusammenarbeit. Mensch und Cobot haben hier einen gemeinsamen Arbeitsraum und arbeiten gleichzeitig am selben Bauteil.
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