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Zielgerichtete Energie auf den Tumor

Energieführungsketten
Zielgerichtete Energie auf den Tumor

Energieführungsketten | In einer Anlage für die Tumortherapie werden Schwerionen auf bis zu drei Viertel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zielgenau auf die Krebszellen gelenkt. Das Energieführungssystem von Tsubaki Kabelschlepp versorgt die 670 t schwere Anlage mit Strom – und hilft so, Tumore wirksam zu behandeln.

Frank SpringerTsubaki Kabelschlepp, Wenden

Das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) am Universitätsklinikum Heidelberg ist eine zum Teil unterirdische Hightech-Anlage über drei Stockwerke mit der Grundfläche eines Fußballfelds. Für die Tumortherapie werden die Schwerionen auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und dann in 3D auf den Tumor gelenkt. Die Ionen unterscheiden sich deutlich von herkömmlichen Röntgen- oder Gammastrahlen, denn sie entfalten ihre Wirkung in der Tiefe. Sie lassen sich dank moderner Technik präzise steuern und schonen das umliegende gesunde Gewebe der Patienten.
Damit dies funktioniert, verfügt die Anlage über ein drehbares Strahlführungssystem für Schwerionen, die so genannte Gantry. Im Gegensatz zu den zwei Horizontalbestrahlplätzen, an denen der Ionenstrahl aus einer Vakuumröhre in der Wand austritt und auf den Patienten wirkt, lässt sich der Strahl in einem weiteren Behandlungsraum aus unterschiedlichen Richtungen im optimalen Behandlungswinkel auf die Person ausrichten. Die Genauigkeit weicht dabei maximal 0,5 mm vom Ziel ab.
Möglich wird diese Genauigkeit durch die Gantry-Konstruktion „hinter den Kulissen“: Das verfahrbare Strahltransportsystem hängt auf einem speziellen Gestänge, wie es für Radioteleskope verwendet wird. Dieser Gigant ist drei Stockwerke hoch und hat ein Gesamtgewicht von 670 t, wovon 600 t im Einsatz bewegt werden müssen. Entwicklung, Konstruktion, Lieferung, Montage und Inbetriebnahme wurden von der MT Mechatronics GmbH aus Mainz in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Schwerionenforschung, Darmstadt, durchgeführt.
MT Mechatronics ermittelte die physikalischen Bedingungen, um den tonnenschweren Magneten mittels einer geeigneten Konstruktion unter Berücksichtigung von Kraft- und Temperatureinwirkungen exakt lenken zu können. Dann erfolgte die Erstellung des Gebäudes, das lediglich einen äußerst begrenzten Bauraum für die eigentliche Anlage vorsah. Das war eine Herausforderung für die Energiezuführung des Giganten.
Von Beginn an stand eine hohe Anzahl zu führender Spezialleitungen den komplexen Umgebungsbedingungen gegenüber. Deshalb vertraute das Mainzer Unternehmen auf die Erfahrung und das Know-how eines anderen Spezialisten. Der Energieführungsketten-Spezialist Tsubaki Kabelschlepp GmbH aus Wenden verfügt über die Produktvielfalt, um Lösungen nach Maß anbieten zu können. Das Unternehmen aus dem Sauerland hat jahrzehntelange Erfahrung in unterschiedlichsten Anwendungen und Einbausituationen. Das weiß auch Klaus Scheidel aus dem Projektmanagement bei MT Mechatronics, verantwortlich für die Konstruktion: „Für uns sind Erfahrung, Flexibilität und Ideenreichtum entscheidend. Denn Anbieter mit diesen Qualitäten identifizieren sich mit dem Problem und sind engagiert bei der Lösungsfindung, auch wenn’s mal kompliziert wird.“ Und das hat Tsubaki Kabelschlepp bei dem Projekt unter Beweis gestellt. Das Team des Spezialisten für Energieführungsketten aus Stahl, Aluminium und Kunststoff und Schleppkettenleitungen hat das Projekt von Beginn an begleitet.
Sichere Leitungsführung für die Tumortherapie-Anwendung
Ausgehend von den zu verlegenden Leitungen und den Rahmenbedingungen der Anwendung wurde die Leitungsführung mit dem Kunden projektspezifisch aus dem Baukastensystem des Zulieferers geplant. Zu den ursprünglich vorgesehenen Leitungen kam eine Vielzahl hinzu und steigerte das Leitungsgewicht auf 150 kg/m. Damit musste die Leitungsführung Kraftmomente bis zu 15 000 Nm aufnehmen können. Eine Energieführungskette aus Stahl konnte diese Anforderungen erfüllen und war zudem dauerhaft strahlungsresistent – ein wichtiger Aspekt für den Betrieb. Selbst der große Platzbedarf für die hohe Anzahl zu führender Leitungen bei dem Projekt war dank der Stahlkette kein Problem. Die Leitungsführung ermöglicht Temperaturen von über 70 °C am Außenmantel der Leitungen zur Versorgung der 130 t schweren Strahlführungsmagneten. Die Kette wurde so dimensioniert, dass ausreichend Platz für Kühlschläuche vorhanden war, mit denen die Wärmeentwicklung der Leitungen kontrolliert werden konnte.
Zum ohnehin begrenzten Bauraum für das Energieführungssystem kam erschwerend hinzu, dass die Gantry mit Stabilisatoren in der Wand verankert ist. Aus diesem Grund kam ein rundlaufendes System nicht in Frage. Die Bewegung konnte jedoch über eine RKR-Kette mit rückwärtigem Krümmungsradius abgebildet werden, der sogar noch eine weitere Stahlkette hinzugefügt wurde. Die Stahlketten der Typenreihe S 2500 und S 1800 haben eine Kettenlänge von bis zu 15 250 mm, verfügen über bis zu 4 Kettenbänder und haben ein Kettengewicht von teilweise 1375 kg. Die beiden Stahlketten gleiten exakt aufeinander, was die Bewegung der Ketten zueinander und einen Längenausgleich der Leitungen sicherstellt.
Um bei den verschiedenen Arten von Leitungen und Durchmessern sowohl sehr dünne Messleitungen wie auch dickere Elektroleitungen und Schläuche mit Durchmessern von bis zu 83 mm aufnehmen zu können, wurden Kunststoffketten aus dem Standardprogramm von Tsubaki Kabelschlepp in der großen Stahlkette als „Kette in Kette“ verbaut. Die Aluminiumstege des Stahlkettensystems sorgen im Betrieb für geringe Reibung. ■
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