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Motor nach dem Axialflussprinzip für die Medizintechnik

Axialflussmotoren
Motor bietet hohe Leistungsdichte und verträgt die Überlast sehr gut

Wo Motoren eine hohe Leistungsdichte bieten müssen, ist der eisenlose BLDC-Motor BGA 22 eine Lösung. Er ist nach dem Axialflussprinzip aufgebaut, arbeitet ohne Rastmoment und läuft vibrationsarm sowie leise.

Stefan Tröndle
Dunkermotoren, Bonndorf im Schwarzwald

Es liegt an seiner Bauform, dass der eisenlose DC-Motor BGA 22 nicht nur hohe Drehmomente bei kleinem Durchmesser liefert, sondern auch eine geringe Eigenerwärmung aufweist: Um beides zu erreichen, wurde er in einer speziellen Bauform nach dem Axialflussprinzip aufgebaut. Seine Eigenschaften können auch bei Anwendungen in der Medizintechnik von Vorteil sein.

Beim Axialflussmotor bilden sich die magnetischen Felder in axialer Richtung, also parallel zur Motorwelle aus – bei klassisch gebauten Motoren hingegen bildet sich das Magnetfeld radial. Anders als bei Standard-Axialflussmotoren stapelt der Hersteller Dunkermotoren GmbH aus Bonndorf im Schwarzwald beim BGA 22 mehrere Kombinationen von scheibenförmiger Wicklung und Permanentmagneten hintereinander. Dabei wechseln sich feststehende Scheiben, die die Wicklung für eine Motorphase tragen und mit dem Gehäuse verbunden sind, mit anderen Scheiben ab, auf denen Magnete solide fixiert sind. Diese magnettragenden Scheiben übertragen das Moment auf die Motorwelle und drehen sich mit ihr.

Motoraufbau ist deutlich vereinfacht

Da der Motor 3-phasig aufgebaut ist, werden mindestens drei solcher Stapel benötigt, um ein funktionsfähiges System zu erhalten. Ein Verdrehen der Wicklungsscheiben untereinander, um die drei Motorphasen entstehen zu lassen, ist nicht mehr erforderlich. Das vereinfacht den Motoraufbau deutlich. Über die Zahl der Pakete mit ihren jeweils drei Stapeln ist es möglich, die Leistungsfähigkeit des Motors bei gleichbleibendem Baudurchmesser zu erhöhen. Die Baulänge des Motors nimmt dabei mit der Zahl der Pakete zu.

Das Gehäuse des BGA 22 muss lediglich den Motor in seiner Form halten und die entstehende Wärme ableiten. Es kann selbst sehr dünnwandig aufgebaut sein. So bleibt mehr Platz für die Magnetscheiben, die damit einen größeren Durchmesser aufweisen können. Ebenfalls mehr Platz für die Magnetscheiben ergibt sich daraus, dass im Axialflussmotor der Rückschluss aus ferromagnetischem Material entfällt, der in eisenlosen Motoren anderer Bauart für den radialen Fluss am Außendurchmesser erforderlich ist.

Mit wenig Magnetmaterial ein großes Drehmoment erzeugen

Da also beim Axialflussprinzip die magnetischen Kräfte auf Scheiben mit größerem Durchmesser wirken können, lässt sich mit relativ wenig Magnetmaterial ein großes Drehmoment erzeugen. Das senkt den Materialbedarf und damit die Abhängigkeit von Rohstofflieferanten für Neodym und Dysprosium. Wird für eine Anwendung eine hohe Leistungsdichte gebraucht, lässt sich eine Auslegung wählen, die die Motor-Drehzahl nach oben schraubt und mit einem passenden Planetengetriebe wieder auf die gewünschte Drehzahl reduziert.

Das Axialflussprinzip ist für seine Effizienz bekannt. Im Motor BGA 22 sorgt diese für eine hohe Überlastfähigkeit im Kurzzeitbetrieb. Der Motor erwärmt sich deutlich langsamer als konventionell aufgebaute eisenlose Motoren gleicher Baugröße und Form. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn hohe Lasten in größeren Zeitabständen zu bewegen sind. Ein Beispiel dafür wäre eine schwere verglaste Balkontür, die zum Öffnen aus der Verriegelungslage gehoben wird. Um den Motor in den Türrahmen zu integrieren, darf er maximal einen Durchmesser von 22 mm haben. Beim Öffnen der Tür würde er mit dem dreifachen Nennmoment, also etwa 6 Ncm, belastet.

Dreifaches Nennmoment, aber weniger Erwärmung

Geht man von einer Start-Temperatur von 25 °C aus, würde ein herkömmlich gebauter Motor bereits nach weniger als 2 s in seiner Wicklung die Grenztemperatur von 155 °C erreichen. Der BGA 22 käme in dieser Anwendung erst nach etwa 30 s bis zu seiner Grenztemperatur, die nur 120 °C beträgt. Der BGA 22 wäre hier also in der Lage, 15-mal solange das dreifache Nennmoment zu liefern wie ein Standardmotor und erwärmt sich dabei sogar nur auf eine geringere Grenztemperatur. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Wicklungen – also die heißeste Stelle im Motor – ohne wärmeflussdämmenden Luftspalt direkt mit dem Gehäuse verbunden sind. Die Wärme wird so optimal abgeführt.

Geringere Temperaturen,
größere Werkstoffauswahl

Dass der Motor nicht so heiß wird, verlängert nicht nur die Lebensdauer der Kugellager, sondern auch der Anbauten. Getriebe und Encoder werden weniger belastet. Bei der Auswahl der eingesetzten Werkstoffe steht daher nicht die Temperaturstabilität im Vordergrund, so dass sie unter anderen Gesichtspunkten, wie zum Beispiel den Anschaffungskosten, optimiert werden können. Darüber hinaus bleiben Geräte, in denen ein BGA 22 integriert ist, im Betrieb kühler, was für den Anwender im Falle einer direkten Berührung für eine angenehme Haptik sorgt.

Als BLDC-Motor kommt der BGA 22 ohne Bürsten aus. Fehlende Rastkräfte und eine ebenso fehlende Ummagnetisierung ermöglichen gemeinsam mit dem bürstenlosen Aufbau eine sehr hohe Laufruhe. Einzig die Kugellager und die Kommutierung sind während des Betriebs wahrnehmbar, jedoch nur in geringem Maß. Sobald der Motor in ein Gerät integriert ist, dürfte es dem Anwender schwer fallen zu beurteilen, ob der Motor in Betrieb ist oder nicht.

Theoretisch betrachtet hat der BGA 22 keine Unwucht. Lediglich durch Fertigungstoleranzen kann eine kleine Unwucht entstehen. Für Anwendungen, in denen nicht einmal diese toleriert werden kann, lässt sich der Rotor auf eigens dafür entwickelten Maschinen feinwuchten. So läuft er schwingungsarm und bringt sein Umfeld, wie etwa das Gehäuse, quasi nicht zum Schwingen. Resonanzerscheinungen bleiben bereits bei einfacher Block-Kommutierung aus, selbst wenn die Drehzahl variiert. Die in dieser Baugröße eher selten anzutreffende Vektor-Kommutierung verbessert das Verhalten zusätzlich.

Motor schon in Prothesen und Kollimatoren verbaut

Der BGA 22 in seiner heutigen Ausprägung wird im Medizinumfeld bereits im Bereich Pumpen und in automatisierten Laboreinrichtungen wie Gantrys eingesetzt, aber auch in der Prothetik, bei CCD-Kameras und für Kollimatoren. Beim Zahnarzt sind ebenfalls Anwendungen von ferngesteuerten Röntgen-Geräten bis zur Mechanisierung der Zahnentfernung denkbar. Mit der verfügbaren Wicklungsvarianz und dem modularen Baukasten lässt sich der Motor für fast jede Anwendung auslegen und konfigurieren.

Ziel bei Dunkermotoren ist es, diesen Motor in den nächsten Jahren zu einer sterilisierbaren Variante weiterzuentwickeln. Seine geringe Erwärmung könnte dann auch bei temperaturempfindlichen Anwendungen und im Kontakt mit Zellgewebe von Vorteil sein.

www.dunkermotoren.de

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