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Weichelektroden für trockenes EEG

Gesundheitslösungen für morgen
Neue Lösung für trockene EEG-Elektroden

Neue Lösung für trockene EEG-Elektroden
Der Igel-Look täuscht: Die Weichelektroden sollen den Patienten beim EEG oder anderen Untersuchungen besonders hohen Komfort bieten, weil sie angenehm zu tragen sind und ohne Gel Messdaten liefern Bild: Dätwyler
In der Schweiz und Belgien nutzen Experten ihr jeweiliges Know-how zu Werkstoffen und Wearables für Medizinprodukte. Aus ihrer Zusammenarbeit ist nun eine trockenen EEG-Elektrode hervorgegangen, die angenehm zu tragen und einfach anzuwenden ist.

Simone Ramser
Dätwyler, Schattdorf/Schweiz

Die Kopfhaut ist eine empfindliche Körperregion – und von der Kopfhaut lassen sich mit Elektroden elektrische Signale abnehmen, die für die Medizin relevant sind. Das wird unter anderem zum Erstellen eines Elektroenzephalogramms (EEG) genutzt. Da die Elektroden bei Langzeit- und Fernelektroenzephalogrammen für klinische Anwendungen, Neurofeedback und Multi-Sensor-Hirn-Monitoring teilweise über Tage und Wochen am Körper getragen werden, sind Komfort und Sicherheit in der Anwendung besonders wichtig. Elektroden wie auch Materialien müssen also flexibel und biokompatibel sein.

Für das Standardverfahren, das nasse EEG, wird Kontaktgel auf den Kopf aufgebracht. Insbesondere bei der Langzeitüberwachung mit konventionellen Hartelektroden muss dieses regelmäßig erneuert werden, da das Gel schnell austrocknet und sich somit die Signalqualität verschlechtert. Für das medizinische Fachpersonal ist die Vorbereitung des Patienten daher aufwendig, ebenso die Betreuung während der gesamten Messung.

Der Vorgang lässt sich deutlich vereinfachen, wenn neuartige Weichelektroden eingesetzt und so ein trockenes EEG – also eines ohne den Einsatz von Gel – gemessen werden kann. Die Messung muss dann nicht einmal mehr zwingend in einem Krankenhaus erfolgen, und die aufwendigen Vorbereitungs- und Überwachungsprozeduren entfallen. Darüber hinaus weist die neue Technologie aufgrund der weichen und flexiblen Struktur einen deutlich verbesserten Tragekomfort auf, was sich für viele Therapien als behandlungsfördernd auswirkt.

An solchen Weichelektroden haben Partner aus der Schweiz und Belgien gemeinsam gearbeitet. Die Elektroden aus einem weichen, flexiblen und leitfähigen Polymer lassen sich einfach anwenden, und da das Kontakt-Gel entfällt, wird das Risiko für mögliche Hautirritationen minimiert.

Partner aus drei Ländern sind beteiligt

Die Partner, aus deren Zusammenarbeit die Elektroden entstanden sind, waren das Schweizer Zulieferunternehmen Dätwyler aus Schattdorf und das belgische Interuniversity Microelectronics Center – Imec – in Leuwen. Seit Juni 2016 forschen beide zusammen im Bereich Wearables und wollen entsprechende Produkte zur Marktreife bringen. Auch das Holst Center in den Niederlanden beteiligt sich an diesen Projekten. Das Forschungsprogramm konzentriert sich auf die Entwicklung von Materialien
für intelligente Elektroden, die unter anderem für Gehirnüberwachungstechnologien genutzt werden.

Norbert Haberland, Vice President New Products & Processes bei Dätwyler, lobt die gute Zusammenarbeit bei der Entwicklung: „Die Herausforderung war, dass sich das Headset, in dem die Elektroden eingesetzt werden sollten, selbst noch in der Entwicklungsphase befand. Die Entwicklung und Anpassung der Elektroden unterlag also immer auch dem Fortschritt und Veränderungen beim Headset.“ Diese Phase der gemeinsamen Entwicklung habe zwischen Dätwyler und Imec sehr gut funktioniert, beide Seiten hätten sich gut ergänzt. Nachdem auch die Rückmeldungen aus den ersten Headset-Anwendungen sehr positiv seien, wird laut Haberland daran gearbeitet, das Produkt in Serie auf den Markt zu bringen.

Doch nicht nur in diesem Zusammenhang konnte Dätwylers Expertise in Kombination mit dem Know-how am Imec eingesetzt werden. Die Entwicklung von Elektroden für Eye-Tracking-Brillen ist ein weiteres Projekt: An der Brille sind kleine Trockenelektroden angebracht, die ausgewählte Gesichtsregionen berühren, um so Signale auf der Haut und damit die Bewegungen der Augen zu erfassen.

Anwendungen reichen bis zur Mensch-Maschine-Interaktion

Mögliche Anwendungen für diese Technologie sind breit gefächert: um Augenkrankheiten zu identifizieren und zu behandeln, möglicherweise auch für die Früherkennung neurodegenerativer Erkrankungen. Doch auch für die Mensch-Maschine-Interaktion oder Virtual Reality können die Brillen genutzt werden.

Chris Van Hoof, Senior Director Connected Health Solutions beim Imec, schätzt die wertvollen Impulse, die aus der Schweiz kamen: „Dätwyler ist ein Unternehmen, das das Ökosystem des Imec-I-Change-Programms maßgeblich ausmacht.“ Das Ziel des Programms sei es, Technologien für ein gesünderes Leben zu ermöglichen, Software- und Hardware-Innovationen zu entwickeln, die es erlauben, Verhalten, Angewohnheiten und mentalen Stress einzuordnen. „Unser Programm ist in seiner Breite und Tiefe weltweit einzigartig“, sagt Van Hoof. „Zusätzlich zu unseren eigenen Sensoren nutzen wir in den Versuchen auch auf dem Markt erhältliche Sensoren unserer Partner.“

Partnerschaften sind
der Schlüssel zum Erfolg

Psychologen und Therapeuten arbeiten bei den Imec-Projekten mit Fachkräfte zusammen, die auf Sensortechnologien, Benutzeroberflächen, digitales Phenotyping, Datenschutz und Datensicherheit spezialisiert sind. „Unsere Arbeit schließt auch so genannte ‚Living Labs‘ ein, die wir dafür nutzen, Tests unter alltäglichen und benutzerzentrierten Bedingungen durchzuführen und aus den Erkenntnissen Geschäftsmodelle für Produkte zu entwickeln“, erläutert Van Hof. Dabei könne es sich beispielsweise um Abonnement-Modelle für Nutzer oder die Verschreibung der Technologie durch Ärzte handeln.

Letztendlich basiere aber aller Erfolg des Programms auf Partnerschaften wie der mit Dätwyler. „Wir freuen uns sehr, mit einem Unternehmen zusammenzuarbeiten, das so eine ausgewiesene Materialexpertise mitbringt. Die Fähigkeit, die Produkte spezifisch auf die Bedürfnisse unserer Wearables zuschneiden zu können, ist für uns von unschätzbarem Wert.“

Um Hightech-Lösungen für die Gesundheit von Morgen zu entwickeln – sei das im Bereich Digital Health, Wearables oder innovativer Medizintechnik – können Partnerschaften und Kooperationen von größtem Wert sein. Das Schweizer Unternehmen Dätwyler arbeitet daran, durch internationale Partnerschaften intelligente und innovative Produkte für die künftigen Aufgaben zu entwickeln und bereitzustellen. Sicherheit und Komfort des Patienten stehen dabei laut Norbert Haberland immer im Mittelpunkt.

www.datwyler.ch

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