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Individuelles Herz im Computer

Simulation: Mit dem 3D-Modell schneller zu marktorientierten Produkten
Individuelles Herz im Computer

Am virtuellen Modell eines menschlichen Herzens wollen Mediziner, Gerätehersteller und Behördenvertreter besser verstehen, wie man Patienten helfen kann. Dafür nutzen sie 3D-Simulationssoftware, die sich in anderen Branchen schon bewährt hat.

Personalisierte, virtuelle 3D-Modelle sollen künftig die Forschung in der Medizintechnik beschleunigen und die Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Leiden verbessern. Mit diesem Ziel sind im Mai 2014 eine Reihe von Partnern im „Living Heart Project“ angetreten. Sie nutzen Simulationsanwendungen der 3D-Experience-Plattform des Softwareanbieters Dassault Systèmes, um die komplexen Zusammenhänge darzustellen.

Da Forschern bislang keine realistischen 3D-Modelle für die Organe des Menschen zur Verfügung standen, konnten sie nur eingeschränkt vorherbestimmen, wie sich die Gewebe im Kontakt mit medizinischen Instrumenten und Geräten verhalten. Unsicherheiten, die das für den Patienten wie auch für das medizinische Fachpersonal mit sich bringt, könnte man mit einem virtuellen Modell jedoch vermeiden – wenn es möglich wäre zu simulieren, „wie das Herz eines Patienten auf ein breites Spektrum von Eingriffen anspricht“, sagt Dr. James C. Perry. Perry ist Professor für Pädiatrie am UC San Diego und leitet die Elektrophysiologie sowie die Abteilung für Herzkrankheit am Rady Children‘s Hospital in San Diego, USA. Simulation könne für Patienten mit angeborenen Herzfehlern nützlich sein, die sich vielen Eingriffen unterziehen müssen, sowie für die größere Zahl von Patienten, die an Herzinsuffizienzen, Herzrhythmusstörungen und anderen strukturellen Anomalien leiden.
Vor diesem Hintergrund starteten Kardiologen, Hersteller von Medizinprodukten und Behördenvertreter ihre Zusammenarbeit auf Basis des realistischen 3D-Simulationsmodells eines vollständigen Herzens. Fachleute von Dassault Systèmes haben Simulia-Anwendungen und ihre Funktionen zur Simulation komplexer nichtlinearer Verhaltensweisen des Organs genutzt. So wurde ein Modell geschaffen, das das elektrische und mechanische Verhalten des Herzens auf sehr lebensechte Weise wiedergibt. Zukünftig soll es dann möglich sein, mit personalisierten 3D-Simulationen das Verhalten des Herzens eines individuellen Patienten auch ohne zusätzliche invasive Diagnoseverfahren zu analysieren. Dafür sollen Echokardiogramme, MRI- und CT-Aufnahmen in Verbindung mit Daten aus der Herzforschung herangezogen werden.
Schon kurz nach dem Projektstart erfolgte der Beta-Test eines realistischen 3D-Herzsimulators, mit dem sich die Wirksamkeit eines neuartigen Klappen-Unterstützungssystems validieren ließ. Daran waren mehr als 30 Mitgliedsorganisationen beteiligt. Ihre Zusammenarbeit fußt auf der Nutzung eines Technologie-Crowdsourcing-Modells. Dieses schützt das geistige Eigentum eines jeden Mitglieds im Projekt, ermöglicht aber die gemeinsame Nutzung der Ergebnisse. Das war Voraussetzung dafür, dass die 30 Mitgliedsorganisationen – darunter mehr als 100 Herzspezialisten aus Forschung, Industrie und Medizin – den Einsatz des virtuellen Herzmodells evaluieren konnten. Sie werden es auch in Zukunft für den Test medizinischer Geräte nutzen, beim Verbessern der klinischen Diagnose und bei der Planung von chirurgischen Eingriffen.
Die Forscher arbeiten auch mit dem Medical Device Innovation Consortium (MDIC) zusammen. Ziel dieses Konsortiums ist es, die Zulassungsverfahren für medizinische Geräte zu beschleunigen, Innovationen voranzubringen, die Patientensicherheit zu verbessern und die Kosten zu senken. Bei der Entwicklung des neuartigen Klappen-Unterstützungssystems wurde das Crowdsourcing-Modell bereits genutzt, um die Wirksamkeit des Systems zu prüfen, bevor es einem Patienten eingesetzt wird, und um den Verlauf einer Herzerkrankung besser zu verstehen.
Die realistische Simulation des menschlichen Herzens wird nach Angaben der Beteiligten nicht nur ein wertvolles Werkzeug für die Lehre und Forschung sein. Sie soll auch die Zulassungszyklen beschleunigen, die Entwicklungskosten für neue und stärker personalisierte Geräte senken und letztlich eine frühe Diagnose mit verbesserten Behandlungsergebnissen für Herzerkrankungen ermöglichen.
An Simulationsprojekten im medizinischen Bereich ist der international tätige Softwarekonzern Dassault Systèmes schon seit Jahren beteiligt: von Simulationen in der Fahrzeugkonstruktion, die dazu beitragen, schwere Verletzungen zu vermeiden, bis hin zu Untersuchungen über die Auswirkung von Kontaktsportarten auf das menschliche Gehirn. Kürzlich hat das Unternehmen einen weiteren Schritt unternommen und mit der US-Gesundheitsbehörde (FDA) eine auf fünf Jahre angelegte Zusammenarbeit vereinbart. Diese zielt auf die Entwicklung von Testparadigmen für die Einführung, die Platzierung und den Betrieb von Herzschrittmachersonden und anderen kardiovaskulären Hilfsmitteln ab, die zur Behandlung von Herzkrankheiten eingesetzt werden. op
Weitere Informationen Zum „Living Heart Project“ und zur möglichen Beteiligung weiterer Partner: www.3DS.com/heart

Herz und Gesundheit
Nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation starben im Jahr 2008 17,3 Mio. Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, was rund 30 % aller Todesfälle weltweit entspricht. In ihrem Bericht Forecasting the Future of Cardiovascular Disease in the United States geht die American Heart Association davon aus, dass sich die tatsächlichen direkten medizinischen Kosten von Herz-Kreislauf-Leiden in den nächsten drei Jahrzehnten auf 818,1 Mrd. US-$ belaufen werden.
Im Dezember 2012 veröffentlichte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden einen Bericht, wonach Herz-Kreislauf-Leiden auch in Deutschland zur Todesursache Nummer eins zählen. Allein im Jahr 2011 wurden rund 40 %aller Sterbefälle hierdurch verursacht.
Zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören sowohl Erkrankungen des Herzens als auch der Blutgefäße, die meist in chronische Erkrankungen münden und für die Betroffenen schwere Folgen haben können. Eine individuelle Diagnose und Behandlung könnte die Eindämmung dieser meist in Industrienationen vorkommenden Erkrankungen voranbringen.

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  • Erkenntnisse für die Therapie und Entwicklung neuer Produkte
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