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Gut verpackt und medizinisch rein

Thermoplastische Elastomere: Alternative zu Silikon, PVC oder Polyisopren
Gut verpackt und medizinisch rein

Bei der Herstellung medizinischer und pharmazeutischer Produkte, Werkzeuge und Hilfsmittel stehen Sicherheitsaspekte an erster Stelle. Diesen hohen Anspruch erfüllt die neu entwickelte Produktserie Thermoplast M. Sie gilt als Alternative zu Werkstoffen wie Silikon, PVC oder Polyisopren.

Ein Infusionsbeutel, der sich wiederverschließt. Beatmungsschläuche, die keine Knicke mehr aufweisen. Oder eine Spritze, die ohne Silikonisierung des Spritzenkörpers exaktes Dosieren ermöglicht: Thermoplastische Elastomere (TPE) verschaffen Produzenten und Anwendern in der Medizintechnik vielfältige Vorteile. Bereits seit Ende der 90er Jahre bietet die Kraiburg TPE GmbH & Co. KG Materialien für diese Branchen. Die zunehmende Nachfrage und eine Marktstudie, die der TPE-Spezialist aus Waldkraiburg durchgeführt hat, zeigen aktuelle Bedürfnisse. Ganz oben auf der Wunschliste: ein hohes Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit. Abgestimmt auf diese Ergebnisse hat das Unternehmen die sechs Compound-Reihen der neuen Produktgruppe Thermoplast M entwickelt.

Vor allem in puncto Verpackungen, die mit medizinischen Medien in direkten Kontakt treten, liefern TPE als Alternative zu den Elastomeren Polyisopren oder Brombotyl bereits überzeugende Ergebnisse. Etwa bei so genannten Resealing-Membranen für Infusionsbeutel oder -flaschen, die mit einer Spritze oder einem Kunststoffdorn durchstochen werden. Aufgrund ihrer hohen Elastizität verschließt sich eine aus TPE gefertigte Membran nach dem Durchstechen wieder unmittelbar und vollständig dicht, so dass kein Tropfen der medizinischen Flüssigkeit austritt. Auch bei Schläuchen, etwa zur Beatmung von Patienten, erzielte der TPE-Spezialist sehr gute Ergebnisse.
Ein Projekt in der Entwicklungspipeline sind selbstgleitende TPE für Spritzenstopfen. Diese sorgen dank einer neu entwickelten Rezeptur dafür, dass der Kolben leicht durch den Spritzenkörper gleitet. Das verhindert den so genannten Slip-Stick-Effekt, also ein Bremsen während der Injektion, und ermöglicht medizinischem Fachpersonal stattdessen sicheres und exaktes Dosieren ganz ohne Kraftaufwand. Zugleich senkt das TPE Kosten und Arbeitsaufwand, da eine Silikonisierung des Spritzenkörpers nicht mehr notwendig ist.
Für die medizinische Unbedenklichkeit sorgt schon der Produktionsprozess selbst, bei dem es sich im Wesentlichen um eine innige physikalische Vermischung handelt, während es bei einer chemischen Reaktion zu unerwünschten Nebenprodukten führen kann. So entstehen keinerlei Abbauprodukte oder Vernetzungssysteme, welche in das medizinische Medium gelangen könnten. Die Compounds bestehen aus vier Hauptbestandteilen: Das Styrol-Block-Copolymer (SEBS/SEPS) sorgt für Elastizität und mechanische Eigenschaften, medizinisches Polypropylen (PP) für die Härte und weitere mechanische Eigenschaften der Compounds. Einen weiteren Teil bilden Additive, die vor allem für die Fähigkeit der Gammastabilisierung zuständig sind. Für die Weichheit der Compounds setzt Kraiburg ausschließlich auf hochreine Weißöle, die farblos, geruchs- und geschmacksfrei sowie lebensmittelecht und überdies komplett frei von Polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) sind, die im Verdacht stehen, das Erbgut zu beeinträchtigen und krebserregend zu sein. Alle Materialien der neuen Produktgruppe sind überdies frei von Latex und Phtalaten. Eine eigene Produktionsanlage für die Herstellung von Thermoplast M verarbeitet nur noch Rohstoffe, die medizintauglich sind, um Kontaminationen mit anderen Produkten oder Rohstoffen von vornherein auszuschließen.
Alle Materialien des Medizin-Portfolios verfügen über medizinische Freigaben, etwa die USP Class VI, ISO 10993-11 (Systemtoxizität) oder ISO 10993-10 (Sensibilisierung und Irritation). Zusätzlich sind alle TPE in einem Drug Master File hinterlegt, das ihre Herstellung auf qualitativ hohem Niveau dokumentiert. Sollten dennoch gesetzliche Bestimmungen eine Änderung unumgänglich machen, so sichert das Unternehmen seinen Kunden eine 24-monatige Vorlaufzeit zur Evaluierung. Während dieser Übergangsperiode gilt außerdem eine 24-monatige Liefersicherheit für alle Thermoplast-M-Materialien.
Eine wesentliche Anforderung im Medizintechnikmarkt ist die Sterilisierbarkeit der Produkte, die mittels EtO, Heißdampf oder durch Gammabestrahlung erfolgt. Die Compounds der Thermoplast-M-Serie erlauben den Einsatz jeder dieser Methoden. Bei der Heißdampfsterilisation bei 134 °C in Druckbehältern sind mehrere 100 Zyklen möglich. Auch EtO lässt sich problemlos einsetzen. Bei der Sterilisation großer Stückzahlen ist Gammastrahlung die gängige Methode. Eine Herausforderung für die Entwicklung der Compounds, denn durch den TPE-Bestandteil Polypropylen (PP) zeigt das Material bei der Gammabestrahlung einen deutlichen Abfall der Material-Perfomance sowie eine Verfärbung ins Gelbliche. Diese TPE-typische Reaktionen konnten die Entwickler soweit eindämmen, dass Gammabestrahlung die Funktionalität der Bauteile nicht mehr beeinflusst. Lediglich eine leichte Gelbfärbung des Compounds lässt sich feststellen.
Die Basis des Portfolios zeichnet sich durch einen niedrigen Druckverformungsrest aus, der bei einem Material mit 30 Shore A bei Raumtemperatur unter 10 % liegt. Zudem bieten die Compounds eine gute Haftung zu PP und HDPE, was eine wirtschaftliche Verarbeitung im Ein- und Zwei-Komponenten-Spritzguss ermöglicht. Das Material lässt sich gut extrudieren, überdies ist es den Entwicklern gelungen, die Haftung zu technischen Thermoplasten in das Medizinportfolio zu integrieren. Das ermöglicht Anwendern in der Medizintechnik auch die Produktion im Zwei-Komponenten-Verbund zu ABS und PC. Und die Entwicklung steht nicht still. Ein weiterer Ansatz ist etwa der Transfer von Barriereeigenschaften in medizin- und pharmataugliche Produkte. Prototypen stehen in den Labors bereits auf dem Prüfstand.
Julia Bechtler Journalistin in Stuttgart
Weitere Informationen www.kraiburg-tpe.com

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