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Faszinierende Fasern aus Stein

Basaltfaserwerkstoffe: Alternative zu CFK und GFK
Faszinierende Fasern aus Stein

Wer Basalt hört, denkt nicht als erstes an Medizinprodukte. Doch lässt sich das geschmolzene Gestein zu Fasern verarbeiten, die in manchen Anwendungen die Aufgabe von Glas- oder Kohlefasern übernehmen. Die Eigenschaften sind „bemerkenswert“.

Ein beinahe vergessenes Material mit Potenzial für die Medizintechnik: Das sind Basaltfasern, zumindest aus der Perspektive von Oliver Kipf, Geschäftsführer der CG Tec Carbon- und Glasfaser GmbH aus dem mittelfränkischen Spalt, und seines Entwicklungsleiters Patrick Linsenbühler. „Das Material ist hierzulande zwar noch weitgehend unbekannt“, sagt Kipf, „aber seine Eigenschaften sind bemerkenswert.“ Basaltfasern sind korrosions-, chemikalien- und temperaturbeständig. Sie sind sehr flexibel und zugleich mechanisch fest. Beispielsweise bieten sie einen um 40 % erhöhten E-Modul bei nur 8 % mehr Gewicht als glasfaserverstärkte Kunststoffe.

Solche Basaltfasern werden aus geschmolzenem Gestein hergestellt und bestehen aus anorganischem Material. Die Technologie dafür wurde in den 1920er Jahren erstmals zur industriellen Reife entwickelt und anfangs vornehmlich für Hochtemperaturdämmmaterialien eingesetzt. Nach ersten Anwendungen in der Raumfahrt und Energietechnik in den 60er und 70er Jahren wurde die Basaltfaser aber durch die Glasfaser mehr und mehr verdrängt.
Doch Basaltfasern sind interessant für moderne Anwendungen – auch und gerade in der Medizintechnik, wenn man Kipf und Linsenbühler folgt. Für die Anwendung in einem externen Fixateur seien sie geradezu prädestiniert. Einen Fixateur, der Knochenfrakturen stabilisiert, haben die Spalter bereits aus einem CFK-Material entwickelt. Er wird mittels Schanzschrauben perkutan, also von außen durch die Haut hindurch, am Knochen befestigt. So genannte Backen verbinden die am Knochen fixierten Teile mit einem außerhalb des Körpers liegenden Stab aus Metall.

Fixateur aus CFK-Material wäre auchmit Basaltfasern machbar

Eine entsprechende Lösung ließe sich sehr gut auf der Basis von Basaltfasern aufbauen, meint Kipf. „Im Vergleich zu Kohlefasern sind sie leichter zu bearbeiten und bieten ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis.“ Und da es sich bei Basaltfasern um einen natürlichen Werkstoff ohne chemische Zusätze handele, sei er auch recyclingfähig. Noch befinden sich die Basaltfaser-Stäbe in der Entwicklung, doch CG Tec plant, sie schon in naher Zukunft in Kooperation mit einem Partner, der Createc GmbH & Co. KG aus Friedrichshafen, auf den Markt zu bringen.
Mit diesem interessanten Material befassen sich aber auch weitere Unternehmen sowie Institute in Deutschland. Anfang des Jahres hat zum Beispiel der Cluster „Neue Werkstoffe“ in Kooperation mit dem Carbon Composites e.V. einen Cluster-Treff zu Basaltfasertechnologien veranstaltet, der mehr als 70 Teilnehmer anzog. In den Räumen von CG Tec bekamen sie einen umfassenden Einblick in die Faserherstellung, -verarbeitung und -anwendung.
Um zu Fasern zu kommen, wird das geschmolzene Gesteinsmaterial zu feinen Fäden ausgezogen. Nachdem der Markt lange Zeit vor allem von Anbietern aus Osteuropa und Vorderasien bestimmt wurde, haben sich seit Beginn dieses Jahrhunderts auch europäische Hersteller, darunter die Deutsche Basalt Faser GmbH in Sangerhausen, etabliert. Die jährliche Gesamtkapazität der Basaltfaserherstellung liegt derzeit bei weltweit rund 18 000 t. Verwendet werden die Fasern vor allem als Reibbeläge oder Betonzuschlagstoffe.

Neztwerke loten Anwendungsmöglichkeiten der Basaltfasern aus

Ein Thema sind immer noch Schwankungen in der Qualität, beispielsweise aufgrund der wechselnden Zusammensetzung des verwendeten Basaltgesteins. Auch das enge Verarbeitungsfenster von nur 5 °K um die Spinntemperatur von etwa 1450 °C herum hat einen Einfluss. „Für eine weitergehende Industrialisierung der Basalttechnologie ist noch der Spagat zwischen Grundlagenforschung und Anwendungsentwicklung zu schaffen, wofür die Netzwerke Combafi und Texsalt gute Beiträge leisten“, sagte Mirko Jakob vom Inntex e.V. beim Clustertreff.
Im Netzwerk Combafi wollen die beteiligten Partner die Lücke zwischen glasfaser- und kohlefaserverstärkten Werkstoffen schließen. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf den Potenzialen der Basaltfaser in thermoplastischen Applikationen. Im Netzwerk Texsalt loten nach eigenen Angaben „visionäre Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die das Potenzial der Basaltfaser erkannt haben und wirtschaftlich nutzen möchten“, die Chancen aus. Das Screening der Materialien, der Beschaffungswege, des Standes der Technik in Patentschriften und eine Vorbereitung von Prüfnormen gehören zu den Zielen, die sich die Netzwerk-Partner gesteckt haben.

Eine Anwendungsfall für Basaltfasern ist eine Antriebswelle

Ein gutes Beispiel für die Arbeiten in den Netzwerken ist laut Jakob das Projekt Ho-Ro-Ba-Ku (Hochleistungsrohr aus basaltfaserverstärktem Kunststoff). Hier wird eine temperatur- und torsionsbeständige Antriebswelle für Förderaufgaben entwickelt. Kompetenzträger arbeiten entlang der Prozesskette zusammen, von der Faserherstellung über die Gelegetechnologie und die Prepregherstellung bis hin zur Fördertechnologie. Sie wollen eine industrialisierte, wirtschaftliche Prozesskette für Stückzahlen im unteren Tausender-Bereich ermöglichen. Hier spielt die Wickeltechnik ihre Vorteile aus, zu denen die hohe Flexibilität bei der Faserausrichtung und hohe Genauigkeit gehören.
CG Tec hat ebenfalls Erfahrungen mit der Verarbeitung von Basaltfasern und nutzt für die Fertigung von Wellen und Naben, Basaltfaserkunststoff-Kabeln für Inspektionskameras, Rebars für Betonarmierung und eben auch für die externen Fixateure die Pultrusion. In diesem Prozess werden Rovings, parallel ausgerichtete Faserbündel, aus einem Gatter durch ein Harzbad geführt und mit dem Matrixmaterial imprägniert. Über verschiedene Trocknungs- und Aushärtestufen werden Profile erzeugt, meist mit rundem Querschnitt. Kritische Parameter für die Basaltverarbeitung liegen dabei in der Material-Analytik und der Prozessführung.
Die Experten, die sich mit basaltfaserverstärkten Kunststoffen (BFK) intensiv beschäftigt haben, rechnen trotz der noch anstehenden Forschungsarbeiten damit, dass sie sich neben glas- und kohlefaserverstärkten Werkstoffen ihren Platz erobern werden. op
Weitere Informationen Zu CG Tec: www.cg-tec.de Zu Createc: www.eplastics.com Zum Netzwerk Combafi: www.combafi.de Zum Netzwerk Texsalt: www.texsalt.de

Fasern im Medizinprodukt
Alternativen zu zeigen, die faserverstärkte Werkstoffe für die Medizintechnik bieten, gehört zu den Kompetenzen der mittelfränkischen CG Tec Carbon- und Glasfaser GmbH in Spalt. Ein Beispiel dafür sind Reibahlen, die für die Behandlung von Knochen- und Hüftfrakturen erforderlich sind. Mit diesen biegsamen Metallwellen bohrt der Chirurg zum Beispiel bei Operationen an der Hüfte. Üblicherweise werden sterile Reibahlen aus doppelt gewickeltem Edelstahl gefertigt, da sie sich – im Gegensatz zu Wellen aus Vollmetall – leicht in den gewünschten Winkel und wieder zurück biegen. Sie sind aber nur ein einziges Mal einsetzbar. Wird das Metall während der Operation gebogen, bilden sich feine Spalten, in die Flüssigkeit eindringen kann. Diese lässt sich nicht mehr rückstandsfrei entfernen.
Eine biegsame Hochleistungswelle aus Hybrid-Material hingegen, wie sie CG Tec entwickelt hat, ist leicht, korrosionsbeständig und so flexibel, dass sie nach dem Gebrauch keine Risse aufweist. Damit kann sie nach der Reinigung wiederverwendet werden. Darüber hinaus lässt sich ihr Durchmesser dem Einsatzzweck anpassen. Die flexible Hybridwelle überträgt nicht nur Drehmomente bei technischen Bohrsystemen an schwierigen Stellen sehr gut, sondern weist nach Angaben der Entwickler auch eine sehr hohe Elastizität auf. Möglich macht dies zum einen die spezielle Zusammensetzung der verschiedenen Lagen von Faserverbundmatten, aus denen die Welle besteht. Zum anderen spielt das Prepreg-Wickelverfahren, bei dem CFK-Gewebematten um einen Dorn in die gewünschte Form gewickelt werden, eine entscheidende Rolle.
Auf der Basis der Basaltfaser-verstärkten Kunststoffe wollen die Entwickler zu weiteren Lösungen für Medizinprodukte kommen.
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