Für intelligente und vernetzte Gesundheitsanwendungen ist die Elektronik eine Basistechnologie, die wesentlich die Innovationshöhe eines neuen medizinischen Produkts bestimmt. Dabei muss die Elektronik ganz spezifische Anforderungen erfüllen. Je nach Anwendung ist beispielsweise ein möglichst geringer Energiebedarf erforderlich, eine kleinstmögliche Baugröße, ein hohes Maß an Robustheit oder die Biokompatibiliät des Gesamtsystems.
Elektronik übernimmt dabei immer mehr sicherheitskritische Funktionen: ob beim automatisierten Fahren, in der Medizintechnik oder der robotergestützten Industrieproduktion. Im täglichen Leben werden wir deshalb künftig noch mehr elektronischen Bauteilen vertrauen müssen, die beispielsweise in selbstfahrenden Autos oder Servicerobotern zum Einsatz kommen. Um Elektronik sicher und zuverlässig einzusetzen, muss die Funktionalität der verbauten Komponenten sowie die Versorgungssicherheit nachvollziehbar sein. Dafür braucht es Kapazitäten in der Erforschung, Entwicklung und Anwendung von vertrauenswürdiger Elektronik. Um dies realisieren zu können, sollen Projekte im Rahmen der BMBF-Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“ neuartige Methoden, Lösungen und Prozesse erforschen und entwickeln, vom Design über die Herstellung bis zur Analyse und Prüfung.
22 Mio. Euro für Verbundprojekte
„Tag für Tag vertrauen wir darauf, dass die Technik einwandfrei funktioniert. Doch wie können wir wissen, ob die verbauten technischen Teile unser Vertrauen zu Recht genießen? Denn einzelne Komponenten könnten gefälscht, manipuliert oder auch einfach mangelhaft sein“, gibt Prof. Maurits Ortmanns zu Bedenken. Der Leiter des Instituts für Mikroelektronik an der Universität Ulm ist an zwei Verbundprojekten beteiligt, die im Rahmen der Initiative mit insgesamt über 22 Mio. Euro gefördert werden. Im Mittelpunkt der beiden Projekte VE-Vides und VE-Fides steht die Gewährleistung von Echtheit, Funktionalität und Versorgungssicherheit mit dem langfristigen Ziel, die technologische Souveränität der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft zu sichern.
Elektronischer Fingerabdruck sichert das Original-Bauteil
Die Aufgabe der Ulmer Wissenschaftler vom Institut für Mikroelektronik besteht darin, einen fälschungssicheren physikalischen „Fingerabdruck“ für elektronische Leiterplatten, programmierbare Schaltungen und integrierte Schaltkreise (FPGA und Microcontroller) zu entwickeln. Der elektronische Fingerabdruck soll dabei helfen herauszufinden, ob ein Bauteil ein Original ist. Wurde es verändert, um der Anwendung zu schaden? Ist es gefälscht beziehungsweise unrechtmäßig nachgemacht? „In der eindeutigen Identifizierbarkeit von Elektronik-Komponenten liegt der Schlüssel zu mehr Zuverlässigkeit und Vertrauen“, glaubt Prof. Ortmanns.
Und wie entsteht nun solch ein elektronischer Fingerabdruck? „Bei der Produktion der Bauteile kommt es zu unvermeidlichen Prozessschwankungen, die im Nanobereich zu kleinsten Abweichungen führen“, so Ortmanns. „Ein erster roher Fingerabdruck entsteht mit der Erfassung dieser Vielzahl an zufälligen Unterschieden. Methoden der Signalverarbeitung, Kodierung und Verschlüsselung verbessern diesen Rohabdruck, und mit der anschließenden Härtung wird der Fingerabdruck robust gegenüber Temperaturschwankungen und Alterungsprozessen. Damit wird es möglich, das Bauteil über die gesamte Lebensdauer zu identifizieren“, erklärt der Ulmer Ingenieur. (su)
Zwei Projekte für vertrauenswürdige Elektronik
Im Projekt VE-Vides geht es um die Entwicklung eines ganzheitlichen Sicherheitskonzepts für Elektroniksysteme, das vor Angriffen, Manipulationen und vor Produktpiraterie schützen soll. Ziel ist es, elektronische Bauteile mit einem Fingerabdruck identifizierbar zu machen.
Das zweiteVerbundprojekt VE-Fides widmet es sich gleichfalls der Herstellung digitaler Identität. Besonders im Fokus stehen dabei Verfahren, die es möglich machen, einzelne Bauteile sowie ganze Systeme über die gesamte Produktionskette zurückzuverfolgen. Beide Projekte werden über drei Jahre gefördert.
Kontakt zum Institut:
Institut für Mikroelektronik
Albert-Einstein-Allee 43
89081 Ulm
www.uni-ulm.de/in/mikro/