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3D-Leiterplatten: Elektronik mit halbem Aufbauvolumen

Aufbautechnologie für 3D-Leiterplatten
Elektronik mit halbem Aufbauvolumen

Embedded 4.0 | Es gab eine Reihe von Zielen, die sich die Elektronik-Entwickler bei Wittenstein für das Redesign des Marknagels Fitbone gesetzt hatten. Nachdem sie diese erreicht haben, sind die überarbeiteten Leiterplatten auch für andere Medizinprodukte verfügbar – und sie sollen Potenzial für Industrie-4.0-Anwendungen bieten.

Michael Matthes Wittenstein Cyber Motor, Igersheim

Im Marknagel Fitbone setzt der Hersteller, die Igersheimer Wittenstein Intens GmbH, eine Baugruppe für die drahtlose Energieübertragung ein. Sie basierte bisher im Wesentlichen auf einem Design, das bereits im Jahr 1997 entwickelt und in einem aufwendigen Verfahren für den medizintechnischen Einsatz zugelassen wurde. Dann gab es jedoch einen Startschuss für ein komplettes Redesign der elektronischen Implantatbaugruppe. Anlass dafür waren die neu eingeführte zyklische Überwachung elektronischer Bauteile im Rahmen des Obsoleszenz- und Lifecycle-Managements, die Möglichkeiten innovativer Fertigungs- und Prüfverfahren sowie der Wunsch nach einer kompakteren Lösung und neuen Funktionalitäten.
Das bisherige Konzept der Elektronik im Verlängerungsmarknagel basierte auf einer gewickelten Spule mit Mittenanzapfung sowie zwei Leiterplatten. Diese mussten nach der Bestückung zunächst einzeln getestet werden, bevor die Spule montiert und der gesamte Systemstapel zusammengebaut, verlötet, ein weiteres Mal getestet und dann ausgegossen und mit Silikon umspritzt werden konnte. Um das Baugruppenvolumen zu reduzieren, Bestückungsflächen einzusparen und verfügbare Standardbauteile einsetzen zu können, musste ein völlig neues Design entwickelt werden.
Eine weitere Anforderung aus dem Bereich der Fertigung war, aktive und passive Komponenten ohne spezielle Maschinen- oder Bestückungstechnologien in den Leiterplattenaufbau einzubetten. Auch sollte die Funktionalität der Retraktion integriert werden. So sollte die neue Elektronik dem Patienten die Möglichkeit und den Komfort bieten, einen versehentlich zu langen Distraktionsimpuls rückgängig zu machen.
Zwei Partner haben die Elektronik neu gestaltet
Die Umsetzung dieser und weiterer Anforderungen mündete in die Designentwicklung der Embedded Planar Inductance – kurz EPI. Realisiert wurde das neue Aufbaudesign mit dem Bereich Embedded Component Technologie der Würth Elektronik GmbH, Niedernhall. Zusammen haben beide Partner eine 24lagige Spule mit etwa 170 Windungen als Leiterplatte realisiert. Zwei gefräste, unterschiedlich tiefe Kavitäten auf der Ober- und der Unterseite bieten ausreichend Bestückungsvolumen, um aktive und passive Bauelemente im Zentrum der Spule – und damit innerhalb der Induktivität der Spule – anzuordnen.
Stapelsteckverbindungen wie in den bisherigen Ausführungen entfallen bei dem neuen Design – was ebenfalls das Aufbauvolumen deutlich reduziert. Gleichzeitig konnte eine geeignete Teststruktur in das robuste und zuverlässige System integriert werden. So kann die Baugruppe direkt nach der Bestückung ohne weitere Zwischenschritte auf ihre Funktion hin geprüft werden, bevor sie ausgegossen und umspritzt wird.
Mit Blick auf die Auswahl und Verfügbarkeit der elektronischen Bauteile wurde das neue Fitbone-Design einem kontinuierlichen Life-Cycle-Überwachungsprozess unterworfen, um eine hohe Zukunftssicherheit zu gewährleisten: Künftige Änderungen oder Abkündigungen können somit von Wittenstein Intens als Medizintechnikhersteller frühzeitig bei der Adaption oder beim Redesign der Elektronik erkannt und berücksichtigt werden.
Wittenstein hat EPI im Jahr 2016 beim Design Award des FED Fachverbands Elektronik Design e.V. angemeldet, der alle zwei Jahre ausgelobt wird. Bei der Preisverleihung während der FED-Konferenz am 15. September 2016 hat das innovative Leiterplattendesign zwar den ersten Platz in der Kategorie 3D/Bauraum knapp verpasst – aber für so viel Aufmerksamkeit gesorgt, dass die neue Aufbautechnologie für den Medtech-Bereich zum Patent angemeldet wurde.
Verschiedene Experten sehen in EPI ein Konzept für die Leistungs- und Datenübertragung, das auch im Industrie- 4.0-Umfeld eingesetzt werden kann. Aber auch die zunehmende Miniaturisierung von Sensorik-, Aktorik- und Mechatronikkomponenten, die in ihrer Anwendung eine flexible und gleichzeitig hoch verfügbare Energieversorgung benötigen, ist ein weiterer Treiber dieser Technologie.
Einsatzmöglichkeiten in der Medizintechnik
Die Medizintechnologie, für die die drahtlose Energieübertragung ursprünglich entwickelt wurde, bietet weitere interessante Einsatzfelder für die EPI-Technologie. Vielfältige medizintechnische Mechatroniksysteme können profitieren, seien das Retina-Implantate, Miniatur-Magnetventile zur Hirndruck-Steuerung, urologische Implantate zum Beheben von Inkontinenz, dehnbare Magenbänder zur Behandlung der Fettleibigkeit, Kunstherzen, Medikamentenpumpen, Stimmband- oder Blasenschrittmacher sowie Hüftgelenke und andere herkömmliche Implantate: Sie mit Sensorik auszustatten, würde zum Beispiel eine Belastungsmessung ermöglichen.
Für entsprechende gemeinsame Entwicklungsprojekte, in den die beschriebene Energieübertragung für Implantate unterschiedlicher Ausprägung angepasst wird, sind die Fachleute bei Wittenstein offen. ■

Der Marknagel und seine Funktion

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Der Verlängerungsmarknagel Fitbone der Wittenstein Intens GmbH ist ein intramedulläres Verlängerungssystem, das in Femur und Tibia eingesetzt werden kann. Der Verlängerungsmarknagels verfügt über eine Empfängerspule und wird minimal-invasiv im Knochen implantiert. Um die Distraktion zu aktivieren, setzt der Patient den Transmitterkopf mit der integrierten Sendespule direkt auf der Haut auf. Die Energie für die Elektronik im Marknagel wird zwischen dem Transmitterkopf und der Empfängerspule des Implantats kontaktlos übertragen, über elektromagnetische Felder. Die Leistungsaufnahme kann bis zu mehreren Watt betragen.
Bild: Wittenstein
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