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Living-Heart-Projekt hilft, das menschliche Herz besser zu verstehen

Living Heart Projekt
Ein Herz für virtuelle Zwillinge

Was in anderen Branchen seit vielen Jahren Standard ist, wird im Gesundheitswesen immer mehr zum Thema – die Simulation und Modellierung in der virtuellen Welt. Durch den Einsatz von so genannten virtuellen Zwillingen lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen, um Medizin, Forschung und die Patientenversorgung voran zu bringen.

Steve Levine
Dassault Systèmes, Vélizy-Villacoublay

Die Nutzung von Simulation und 3D-Modellierung zur Entwicklung und Erprobung neuer Produkte hat sich bereits in vielen Branchen bewährt. In der Automobilindustrie werden beispielsweise nur noch selten physische Crashtests durchgeführt, denn diese erfolgen heutzutage weitestgehend in einer virtuellen Umgebung. In der Medizin ist es bis heute allerdings noch oft üblich, mit 2D-Abbildungen zu arbeiten, die kein vollumfängliches Bild der Patientensituation wiedergeben. Da die Daten mittlerweile in digitaler Form vorliegen, wird die Transformation des aktuellen Standards hin zu 3D das ermöglichen, was in anderen Branchen gut funktioniert: virtuelle Zwillinge.

Künftig geht der Avatar zum Arzt

Dieser Ansatz – also die digitale Abbildung realer Objekte und Prozesse – ermöglicht es beispielsweise, Körperteile, einzelne Organe oder den gesamten menschlichen Körper virtuell zu analysieren. Durch Training der Modelle mit realen Patientendaten lassen sich außerdem Ergebnisse unter den Bedingungen des realen Pendants simulieren.

Living-Heart-Projekt unterstützt die Kardiologie

Eine medizinische Disziplin, die besonders stark vom Einsatz virtueller Zwillinge profitieren kann, ist die Kardiologie. Um die Technologie des virtuellen Zwillings auf das menschliche Herz übertragen zu können, hat Dassault Systèmes im Jahr 2014 das Living-Heart-Projekt ins Leben gerufen. Das Projekt verfolgt das Ziel, den virtuellen Zwilling des menschlichen Herzens Wirklichkeit werden zu lassen. Hierfür haben sich mehr als 100 Institutionen aus Forschung, Industrie, Ärzteschaft und Zulassungsbehörden zusammengeschlossen. In Kooperation mit Dassault Systèmes entwickelten sie die erste realistische 3D-Simulation eines kompletten schlagenden Herzens mit Hilfe der Softwarelösung Simulia.

Wissenschaft und Forschung beschäftigen sich bereits seit Jahrzehnten mit den komplexen Gegebenheiten des menschlichen Herzens und tragen so maßgeblich zum Gelingen des Living-Heart-Projektes bei. So forscht beispielsweise das Institut für kardiovaskuläre Computer-assistierte Medizin an der Charité Berlin seit Jahren daran, das menschliche Herz noch besser und umfassender zu verstehen. Besonderes Interesse gilt dem Zusammenspiel mit anderen Organen, Medikamenten und Behandlungsmethoden. Damit leisten die Forschenden letztlich einen wertvollen Beitrag, um das Herz virtuell abbilden zu können. Trotz der Fortschritte, gibt es noch viele Fragen: Vor allem komplexe (angeborene) Herzdefekte und wie diese sich im Zusammenspiel mit Medizingeräten und etwaigem Ersatzgewebe verhalten, benötigen noch intensive Forschung.

Medizinprodukte in der Entwicklung: Simulation statt Studie an Kadavern

Digitales Herz-Modell für die Geräteentwicklung nutzen

Auch das klinische Umfeld ist mit dem Living-Heart-Projekt eng verbunden. Die Herausforderung hier ist, innovative Behandlungsmethoden kosteneffizient zu erforschen und gleichzeitig hohe behördliche Anforderungen an Sicherheit zu erfüllen. Klinikärzte – beispielsweise vom Deutschen Herzzentrum Berlin und vom Deutschen Herzkompetenz Zentrum in Tübingen – unterstützen das Projekt, indem sie das Modell in ihrer täglichen Arbeit evaluieren, die Simulationen bewerten und Verbesserungsansätze finden.

Unternehmen aus der Medizintechnikbranche – wie etwa Hersteller von Medizinproduktkomponenten wie Admedes – nutzen das Modell bereits während der Entwicklungsphase. Durch Simulationen können sie neue Anwendungen und Geräte direkt am Living-Heart-Modell testen. Die Erkenntnisse aus den virtuellen Versuchslaboren reduzieren nicht nur den teuren und aufwendigen Prototypenbau, sondern auch Tierversuche. Ein weiterer Vorteil gegenüber Versuchen an Labortieren: Das Living-Heart-Modell ist in der Lage, klinische Daten einzubeziehen, um das menschliche Herz im Laufe der Zeit während dessen Einsatzdauer präziser darzustellen. Dies ermöglicht einen schnelleren Entwicklungs- und Zulassungsprozess, der zur schnelleren Markteinführung neuer Medizinprodukte beiträgt. Gleichzeitig hilft das Feedback der Unternehmen bei der Weiterentwicklung des Modells.

Prototyp für digitalen Patienten-Zwilling

Herz-Zwilling schon heute in der Praxis im Einsatz

Dank aller mitwirkenden Akteure, einschließlich der US Food and Drug Administration (FDA), konnten bereits viele Erfolge des Living-Heart-Projekts verbucht werden: Schon heute dienen personalisierte Herzmodelle der Unterstützung von klinischen Behandlungen, beispielsweise bei Operationen zur Korrektur schwerer Herzfehler bei Neugeborenen. Hier können unter der Anleitung des Arztes viele virtuelle Operationen durchgeführt werden, um den besten Ansatz zu ermitteln. Neben Patienten profitieren auch Medizinstudierende und Klinikmitarbeitende vom Living Heart – so kann der virtuelle Zwilling des Herzens bei der Aus- und Weiterbildung im Gesundheitswesen zum Einsatz kommen, um operative Eingriffe in der virtuellen Welt zu trainieren. Außerdem konnten dank Simulation Entwicklungszyklen und Testreihen beschleunigt und optimiert werden. Künstliche Herzklappen lassen sich beispielsweise mit Hilfe des virtuellen Herzens besser an die Anforderungen von Krankheitsgruppen oder individuellen Patientenanforderungen anpassen.

Nächster Schritt: der virtuelle menschliche Körper

Was heute noch erforscht wird, kann morgen schon dazu beitragen, die Patientenversorgung und die Entwicklung von Medikamenten oder Medizintechnik auf ein neues Level zu heben. Gemeinsam mit Partnern arbeitet Dassault Systèmes deshalb bereits an weiteren Organen, beispielsweise der Living Lung und dem Living Brain. Mit Hilfe des Living Brain werden derzeit beispielsweise neuronale Störungen wie Epilepsie erforscht. Aus individuellen Patientendaten lassen sich auch hier Gehirnaktivitäten simulieren, die helfen, diese Krankheit zu verstehen, Anfälle vorherzusagen oder Anfallstypen zu klassifizieren.

Digitalisierung in der Medizin: rasant oder ausgebremst?

Die virtuellen Modelle dieser komplexen Organe sind so weit fortgeschritten, dass schon einen Schritt weitergedacht werden kann – die Kombination der verschiedenen Einzelmodelle und somit die Simulation des gesamten menschlichen Körpers. Ein solcher Einsatz des virtuellen Zwillings ebnet den Weg, um die Entwicklung personalisierter Medizin weiter voranzutreiben. Jeder Patient hat so die Chance, genau die Behandlung zu erhalten, die auf seinen Körper, seine Gene und seinen Stoffwechsel abgestimmt ist.

www.3ds.com/de


Kontakt zum Unternehmen:

Dassault Systèmes
10, Rue Marcel Dassault
F-78140 Vélizy-Villacoublay
www.3ds.com

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