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Den Blutdruck misst die Smartwatch

Nicht-invasives Sensorsystem
Den Blutdruck misst die Smartwatch

Smartes Sensorsystem | Eine ambulante Methode, um den Blutdruck in Echtzeit zu überwachen, haben irische Forscher entwickelt. Sie arbeitet nicht-invasiv und ist als smartes System in die Uhr integriert.

Brendan O‘Flynn, Adhurim Hajzeraj,
Davide Alfieri, Marco Belcastro
Tyndall National Institute,
University College Cork/Irland

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mit 45 % – laut Statistik – die Haupttodesursache in Europa. Die geschätzten Gesamtkosten für die Behandlung der Erkrankten in der EU belaufen sich laut E. H. N. European Cardiovascular Disease Statistics 2017 auf 210 Mrd. Euro pro Jahr. Das haben Forscher des Tyndall National Institutes des University College Cork in Irland zum Anlass genommen, um eine Möglichkeit zu finden, Ärzte bei der frühzeitigen Diagnose von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zu unterstützen. Auch sollen die Patienten auf Basis der erhobenen Daten besser überwacht und effektiver behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

1. Puls-Transit-Zeit mit mehr als einem Wert erfassen
2. Grünes Licht erzeugt Reflexion unter der Haut
3. Weitere Arbeiten zu Design und Nutzerfreundlichkeit
4. Fachkongress Smart Systems Integration
5. Über die Forscher

 

Einer der wichtigsten Parameter, um Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und koronarer Arterienerkrankungen zu kontrollieren, ist der Blutdruck. Diesen messen die irischen Forscher mit ihrem neuen, am Handgelenk tragbaren Sensorsystem in Form einer Armbanduhr. Diese Smartwatch überwacht den Blutdruck kontinuierlich und nicht-invasiv in Echtzeit. Anders als bei den meisten herkömmlichen Verfahren misst sie nicht nur die so genannte Puls-Transit-Zeit und berechnet daraus den Blutdruck – sie kombiniert die Werte auch mit anderen Vitalzeichen wie Puls, Aktivität, Umweltparameter und Lebensstil.

Puls-Transit-Zeit mit mehr als einem Wert erfassen

Die Puls-Transit-Zeit ist die Zeit, die eine Pulswelle, wie sie mit jedem Schlag des Herzens erzeugt wird, benötigt, um in einem peripheren Körperteil anzukommen. Sie wird ermittelt, indem der Beginn einer Pulswelle, also der Zeitpunkt der Herzkontraktion, mittels Elektrokardiogramm (EKG) bestimmt wird. Dafür ist das EKG-Maximum, die so genannte R-Zacke, ein entscheidender Faktor. Darüber hinaus wird am Handgelenk mithilfe von Sensoren in der Smartwatch der höchste und niedrigste Wert des Photoplethysmographie-Signals (PPG) gemessen – also die Gefäßweitenänderung, die auch an kleinen Gefäßen mit der Pulswelle einhergeht. Sie wird über Lichteinstrahlung und Absorbtionsmessung erfasst.

Um diese Werte messen zu können, hat die Forschungsgruppe des Tyndall National Institute ein multimodales Sensorsystem mit der erforderlichen Hardware, Sensoren und Algorithmen ausgestattet. Das System enthält sowohl PPG- und EKG-Sensoren als auch herkömmliche Sensoren, die Beschleunigung und Drehung erfassen und so die Trägheit messen. Die Ergebnisse der EKG- und PPG-Messung können über eine Benutzeroberfläche leicht visualisiert und so auf einen Blick von Ärzten und Pflegern abgelesen werden.

Grünes Licht erzeugt Reflexion unter der Haut

Die PPG-Sensoren befinden sich auf der Unterseite der Smartwatch und haben direkten Kontakt zur Haut, während für die EKG-Sensoren zwei innovative kontaktlose Elektroden, so genannte Epic-Sensoren, verwendet werden. Um die PPG-Signale zu erzeugen, wird die Haut mit grünem LED-Licht angeleuchtet, sodass eine Reflexion der Blutzellen unter der Haut entsteht. Der reflektierte Anteil wird registriert und aufgezeichnet.

Der Anteil des reflektierten Lichtes hängt vom Füllungszustand der Gefäße ab. Wird das Licht sehr stark absorbiert, bedeutet dies, dass sich eine große Menge an Blut in den Gefäßen am Handgelenk befindet, was die systolische Puls-Transit-Zeit beschreibt. Im Gegensatz dazu wird bei geringer Absorbtion des Lichts und kleinerer Blutmenge die diastolische Puls-Transit-Zeit gemessen. Diese beiden Werte bilden die Grundlage zur Bestimmung des Blutdrucks per Smartwatch.

Schon der Prototyp umfasst eine Vielzahl an Funktionen, wie die Sensoren für das Elektrokardiogramm, das Messen von Sauerstoffsättigung SpO2, Herzfrequenz, Blutdruck und Aktivität/Bewegungsverfolgung. Auch Kommunikationsmodalitäten werden angeboten, darunter Ultra-Wide-Band (UWB) zur Standortverfolgung sowie Bluetooth Low Energy (BTLE), um die Smartwatch mit einem mobilen Gerät des Benutzers zu verbinden und eine zusätzliche Datenanalyse und -visualisierung zu ermöglichen.

In der Wissenschaft wird die Puls-Transit-Zeit als viel versprechende Methode diskutiert, mit der sich eine konstante Blutdrucküberwachung ohne Manschette erreichen lässt. Die Herausforderung besteht jedoch bisher darin, ein geeignetes Datenerfassungssystem zu entwickeln und eine fachgerechte Auswertung der Datensätze zu gewährleisten. Das Sensorsystem für das Handgelenk bietet hier eine Basis.

Weitere Arbeiten zu Design und Nutzerfreundlichkeit

In Zukunft will die Forschungsgruppe im Tyndall National Institute den Prototypen weiterentwickeln und sich mit dem Blutdruck/Puls-Transit-Zeit-Algorithmus, der Datenerfassung, der Benutzerfreundlichkeit und dem Design genauer befassen.


Fachkongress Smart Systems Integration

Die Ergebnisse der Forschungsgruppe des Tyndall National Institutes werden am 11. und 12. April 2018 auf dem Fachkongress Smart Systems Integration 2018 in Dresden unter dem Titel „Non-invasive Blood Pressure monitoring integrated in a smart watch form factor“ vorgestellt.

Der Kongress gibt einen praxisnahen Überblick über aktuelle Entwicklungen, Anwendungen
sowie Möglichkeiten und Visionen im Bereich der Systemintegration miniaturisierter Komponenten.

www.smartsystemsintegration.de/kongress

Auf der den Kongress begleitenden Fachausstellung werden Entwicklungen aus Mikro- und Nanotechnologie, Sensorik, kabelloser Kommunikation sowie Mikroelektronik und -mechanik präsentiert
Bild: Mesago Messe Frankfurt

Über die Forscher

Das Tyndall National Institute des University College Cork in Irland ist ein führendes Forschungszentrum in Europa, in dem schwerpunktmäßig an integrierter Informations- und Kommunikationstechnologie, Hardware und Systemen gearbeitet wird. Die Forscher sind spezialisiert auf Elektronik und Photonik und kooperieren mit Industrie und Wissenschaft, um ihre Forschungsergebnisse schnell in der Praxis umzusetzen. Die Kernmärkte sind Elektronik, Kommunikation, Energie, Gesundheit, Umwelt und Agrar- und Ernährungswirtschaft.

www.tyndall.ie

 

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