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Bis der Senior-Chef übergibt, gehen Jahre ins Land

Unternehmensnachfolge: Rechtzeitig mit den Vorbereitungen beginnen
Bis der Senior-Chef übergibt, gehen Jahre ins Land

Bis der Senior-Chef übergibt, gehen Jahre ins Land
Dr. Jens-Christian Posselt ist Partner bei Dierkes Partner in Hamburg und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Nach Hochrechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) wappnen sich jährlich rund 22 000 deutsche Unternehmen für den Übergabeprozess. Fragen zur Nachfolgeregelung beantwortet Rechtsanwalt Dr. Jens-Christian Posselt.

Herr Dr. Posselt, warum ist eine rechtzeitig geregelte Nachfolge für Unternehmen so bedeutend?

Die Nachfolgeprozess kann ein Unternehmen stark verändern. Daher umfasst er verschiedene Phasen der Vorbereitung und Umsetzung und zieht sich oft über Jahre hin.
Welche Fragen gilt es zu klären?
Der Nachfolger übernimmt mit dem Unternehmen auch Zusagen der Altersvorsorge. Im Falle von Pensionszusagen an Inhaber oder Führungskräfte müssen die finanzierten Beträge auch der Zusage entsprechen. Eine GGW-Studie aus dem Jahr 2012 kam zu dem Ergebnis, dass die Beträge in den Unternehmen nicht regelmäßig auf ihren späteren Bedarf hin überprüft und angepasst werden. So kann es zum Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung zu Liquiditätsengpässen kommen. Grundsätzlich sollte das Unternehmen verkaufsfähig sein.
Woher bekommt man eine realistische Einschätzung des Wertes?
Im Rahmen einer Verkäufer-Due-Diligence wird das Unternehmen aus dem Blickwinkel eines potenziellen Käufers betrachtet und es werden werterhöhende sowie wertmindernde Faktoren ermittelt. Letztere werden so gut wie möglich ausgeräumt und ausgebessert. Vielleicht ist ein neuer Außenauftritt erforderlich, vielleicht etwas Bilanzpolitik, indem man versucht, das Eigenkapital zu erhöhen – oder man sorgt durch eine verstärkte Vertriebsmannschaft für entsprechenden Umsatz.
Woran ist zu denken, wenn es mit der Nachfolge konkret wird?
Nach der Due Diligence sollte eine Integrationsphase auf die Übergabe folgen. Wichtig ist aber auch die Kaufpreisabsicherung. Da der Kauf eines Unternehmens zumeist nicht mit dem einmaligen Entrichten einer Summe erfolgt, wird ein Stichtag festgelegt, an dem es tatsächlich an den Nachfolger übergeht. Vorher muss die Frage des Eigentumsvorbehalts geklärt werden, so dass das Unternehmen oder Anteile tatsächlich erst übergehen, wenn der Kaufpreis gezahlt ist. Kompliziert wird es bei gestreckten Zahlungsvorgängen, etwa bei einer Kaufpreisanpassung im Rahmen von Earn-Out-Klauseln. Da wird die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens abgewartet und der Unternehmenswert daran angepasst. So kann der Kaufpreis im Nachhinein steigen, wenn innerhalb eines Zeitrahmens ein höherer Umsatz generiert wird – oder auch fallen. Offene Fragen zu Unternehmensbestandteilen wie einer Immobilie beantwortet ein externer Gutachter. Um den Kaufpreis mit Rückzahlungsanspruch oder Mehrwert rechtlich abzusichern, verhandeln wir oft mit Banken über Bürgschaften.
So ein Nachfolgeprozess kann also mehrere Jahre dauern?
Ja. Im Idealfall rechnet man allein für eine vorbereitende Verkäufer-Due-Diligence und die daraus entstehenden Maßnahmen zwischen einem und fünf Jahren. Und seinen Nachfolger muss man auch erst einmal finden. Ist das geschehen, braucht es für die eigentliche Übertragung noch etwa ein Dreivierteljahr, für die Finanzierung, die steuerliche Planung und Optimierung und die Gestaltung der Verträge. Nach dem Kauf sollte der abgebende Unternehmer noch ein bis zwei Jahre zur Verfügung stehen, um den Nachfolger einzuführen.
Schärfere Erbschaftsteuerregelungen für Betriebsübertragungen sind im Gespräch. Was raten Sie den Unternehmern in der derzeitigen Situation?
Nichts zu überstürzen. Mit einer jetzigen Übertragung kann man steuerlich zwar nichts falsch machen. Aber die Nachfolge will gut geplant und vorbereitet sein, sonst zahlt man am Ende trotz Steuerersparnis drauf. Hinzu kommt, dass sich mitunter auch zukünftige Gesetzesänderungen auf heute beschiedene Steuerbeträge auswirken. So könnten bei einer Verschärfung des Gesetzes rückwirkend Nachforderungen, bei der Abschaffung des Erbschaftsteuerrechts aber auch Vergünstigungen entstehen.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Nachfolge als Risiko

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„Im Mittelstand ist der Inhaber oder Gesellschaftergeschäftsführer oft die zentrale Figur des Unternehmens“, sagt Christian Els, Diplom-Kaufmann und Geschäftsführer der SMR – Strategische Management- und Risikoberatungs GmbH in Hamburg. Das birgt Risiken, die die Berater und Fachleute in Sachen Risikomanagementsysteme in das Bewusstsein der Inhaber rücken wollen.
Unsicherheiten über den Fortbestand des Unternehmens bis hin zu fehlender Handlungsfähigkeit interessieren zum Beispiel auch Banken als Kreditgeber. Daher gehört die Nachfolge laut Els auf die Risikocheckliste jedes Unternehmens und kann auch Marktrelevanz erlangen. „Eine höhere Bewertung im Rahmen des Risikomanagements bekommen Unternehmen, wenn sie Perspektiven für die Zukunft schaffen. Da zählen vor allem eine gute Strategie, die Besetzung neuer Märkte, neue Produkte und Entwicklungen oder zukunftsorientierte Projekte“, sagt Els. Die individuellen Risiken der Nachfolge ermitteln die Dienstleister in Gesprächen mit Inhabern, Geschäftsführern und Führungskräften: Sind die Kundenbeziehungen tatsächlich stark an den Inhaber gebunden? Welche Auswirkungen würde ein anderer Führungsstil haben? Was kann passieren, wenn der Nachfolger als Geschäftsführer „angestellt“ wäre?
SMR ist ein Tochterunternehmen des Industrieversicherungsmaklers Gossler, Gobert & Wolters Gruppe. Deren Philosophie ist es, Risikomanagement und Versicherungslösungen integriert aufzusetzen. Die ungeregelte Nachfolge gehört übrigens zu den rund 80 % aller Unternehmensrisiken, für die es keine Versicherungslösung gibt.
Weitere Informationen: www.smr-gmbh.de, www.ggw.de

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