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HWG gilt auch für die eigene Facebook-Seite

Heilmittelwerbegesetz und Social Media: Unternehmen haften für Postings der Mitarbeiter
HWG gilt auch für die eigene Facebook-Seite

Was ein Unternehmen zu Medizinprodukten veröffentlichen darf, regelt das Heilmittelwerbegesetz. Und wie sieht es bei Postings im Social Web aus? Rechtsanwalt Dr. Peter Dieners erläutert, was erlaubt ist und wo man vorsichtig sein muss.

Herr Dr. Dieners, fällt jedes Posting, das ein Mitarbeiter in den Social Media erstellt, unter die Vorgaben des HWG?

Nein. Das HWG wird im Online-Bereich nur auf produktbezogene Absatzwerbung angewendet. Darunter fallen reklamehafte Postings, die ein Produkt besonders anpreisen, sowie objektiv gehaltene Sachinformationen. Wenn ein Posting keinen Bezug zu einem konkreten Produkt erkennen lässt und es nur die Leistungsfähigkeit des Unternehmens darstellt, ist das Imagewerbung und fällt nicht unter das HWG.
Wer haftet, wenn etwas gepostet wird, das den Gesetzen widerspricht?
Inhalte von Mitarbeitern, die dem Heilmittelwerberecht nicht entsprechen, werden grundsätzlich voll dem Unternehmen zugerechnet. Nur wenn der Zuwiderhandelnde ausschließlich und klar erkennbar zu privaten Zwecken tätig wurde, kann eine Einstandspflicht des Unternehmens entfallen. Dass der Mitarbeiter rein privat tätig war, muss aber das Unternehmen nachweisen. Das dürfte oft schwierig sein.
Auf Social-Media-Plattformen schreiben Privatpersonen über Produkte oder empfehlen diese. Widerspricht das dem HWG?
Werbung für Medizinprodukte ist grundsätzlich auch außerhalb der Fachkreise zulässig. Es kommt natürlich vor, dass sich Privatpersonen mit ihren Postings über die bestehenden Grenzen hinwegsetzen. Das ist aber dann kein HWG-Verstoß, der dem Medizinproduktehersteller zuzurechnen ist. Es sei denn, die Beiträge stehen auf einer Internetplattform, die der Medizinproduktehersteller betreibt – etwa auf seiner Facebook-Seite. Für die dort – auch von Privatpersonen – hinterlegten Inhalte ist der Betreiber in der Regel rechtlich voll verantwortlich.
Es wurde berichtet, dass die FDA an einer Richtlinie zu nutzergenerierten Inhalten arbeitet. Was wird da diskutiert?
Die FDA hat die nutzergenerierten Werbeinhalte im Medizinproduktebereich seit einigen Jahren ins Auge gefasst. Sie möchte insbesondere die Verantwortlichkeit der Produkthersteller für diese Werbeform regulieren, um rechtliche Unsicherheiten auszuräumen. Umfassende Expertenmeinungen aus Industrie und Fachkreisen hat die FDA bereits Ende 2009 eingeholt. Nach meinen Informationen lassen sich bis dato aber noch keine inhaltlichen Tendenzen erkennen.
Das Web ist international. Welche rechtlichen Vorgaben gelten dort?
Bei Postings in internationalen Foren handelt es sich um so genannte Multi-State-Wettbewerbshandlungen, bei denen mehrere Rechtsordnungen zur Anwendung kommen können. Um ein Ausufern zu vermeiden, wird jedoch zunehmend vertreten, dass sich die Beiträge nur an den Vorgaben der Rechtsordnungen messen lassen müssen, zu denen das Internetforum einen besonderen Bezug aufweist. Welche Kriterien diesen Bezug herstellen, ist jedoch noch nicht abschließend konkretisiert. Daher ist bei der Beteiligung an internationalen Foren besondere Vorsicht geboten.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de
Weitere Informationen Dr. Peter Dieners www.cliffordchance.com

Erlaubt oder verboten?
Die Pharmaindustrie unterliegt strengen Regeln dafür, was zu ihren Produkten gesagt werden darf und was nicht. Geregelt ist das im Heimittelwerbegesetz HWG – dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens aus dem Jahr 1965. Darin steht unter anderem, dass in der Werbung der Hinweis enthalten sein muss: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Ihren Arzt oder Apotheker.“
Von Medizinprodukten war im HWG zunächst nicht explizit die Rede. Das ist kein Wunder, da es den Begriff erst seit den 80er Jahren gibt. Seit der letzten Änderung des HWG im Jahr 2001 ist aber rechtlich klargestellt: Das Gesetz gilt auch für „Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetzes“ (§ 1a.). Das Medizinproduktegesetz (MPG) sagt zur Bewerbung von Medizinprodukten übrigens fast nichts, außer dass vor der erforderlichen CE-Kennzeichnung nur eingeschränkt geworben werden darf.
Der Hinweis auf Ärzte und Apotheker ist laut HWG bei der Kommunikation über Medizinprodukte nicht erforderlich. Komplexere Produkte werden ohnehin meist vom Arzt angewendet – kein Patient kann sich zum Beispiel ein Implantat einsetzen. Daher gelten drei Regelungen aus dem Gesetz zwar für Arzneimittel, nicht aber für Medizinprodukte. Das heißt:
  • Medizinproduktehersteller müssen keine Pflichtangaben bei der Werbung für ihre Produkte machen.
  • Für Medizinproduktehersteller gibt es kein Werbeverbot, selbst wenn einer Zielgruppe verschreibungspflichtige Produkte angeboten werden.
  • Medizinprodukteherstellern ist die Werbung bezogen auf fast alle Krankheitsbilder erlaubt – Arzneimittel unterliegen hier stärkeren Einschränkungen.
Diese Freiheiten sind heute von Vorteil für die Branche, weil die Menschen mehr über Krankheitsbilder und neue Therapiemöglichkeiten erfahren wollen – auch über das Internet.
Trotzdem muss die Kommunikation an die Zielgruppe angepasst werden. Das Gesetz unterscheidet „Fachkreise“ – dazu zählen Arzt und Schwester wie auch Klinikverwalter und Medizinprodukteberater – und „Laienpublikum“. Das ist die „unwissende“ Bevölkerungsgruppe, die sich mit dem Thema Medizin und Gesundheit aus persönlichem Interesse, aber nicht aufgrund ihres Berufes beschäftigt.
Die Information an Fachkreise unterliegt keinem Verbot. Für sie ist nur zu beachten, dass Informationen in frei zugänglichen Medien wie dem Internet beispielsweise durch ein Passwort geschützt werden müssen.
Wer sich an das „Laienpublikum“ richtet, darf viel, zum Beispiel auf Gutachten und wissenschaftliche oder fachliche Beiträge aufmerksam machen. Verboten ist jedoch unter anderem, falsche Angaben zu machen. Fremd- oder fachsprachliche Ausdrücke dürfen nicht verwendet werden, und man darf bei den Patienten weder Angst noch Unsicherheit auslösen.
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