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Medizintechnik: Wann und wie der Defibrillator hilft

Kardiologie
Defibrillator: Leben rettender Elektroschock

Defibrillator: Leben rettender Elektroschock
Zwei Paddles werden aufgeladen: Die gespeicherte elektrische Energie soll das herz wieder in Gang bringen (Bild: WavebreakMediaMicro/stock.adobe.com)
Wenn das Herz plötzlich stehenbleibt, gilt: Je schneller Hilfe geleistet wird, desto größer ist die Chance auf Rettung. Oft wird ein heilsamer Elektroschock gebraucht, damit der „Motor“ wieder anspringt. Den liefern moderne Schockgeber, wie Defibrillatoren auch genannt werden.

Anke Biester
Fachjournalistin in Aichstetten

Er fehlt in fast keiner Arztserie, hat spannungsgeladene Einsätze in Kinofilmen wie Dr. Who – und rettet auch im echten Leben hunderten Menschen das Leben: der Defibrillator oder kurz Defi. Er kommt zum Einsatz, wenn das Herz plötzlich stehen bleibt, zum Beispiel durch einen Herzinfarkt oder durch extreme Herzrhythmusstörungen.

Dabei macht sich der Defi zu Nutze, dass körpereigene elektrische Impulse das Herz steuern, über einen am Herzen gelegenen Knotenpunkt, den Sinusknoten. Mit Hilfe eines gezielten starken elektrischen Impulses wird das Herz quasi angeschubst, oder im Computerjargon ausgedrückt: auf Null gesetzt, um wieder in seinem normalen Rhythmus zu arbeiten.

Prinzip des Defibrillators wurde in den 1930er Jahren erkannt

Bereits in den 1930er Jahren erkannte der Elektroingenieur William B. Kouwenhoven in Zusammenarbeit mit Medizinern das Prinzip, nach dem der Defi hilft. Experimente an der amerikanischen Johns Hopkins University brachten die Angelegenheit auf den Weg. 1947 wurde das Verfahren erstmals bei einer OP eingesetzt. 1957 konnte ein von Kouwenhoven für die Anwendung bei geschlossenem Brustkorb entwickelter Defibrillator erfolgreich genutzt werden.

Vereinfacht gesagt, besteht ein klassischer Defibrillator aus einen Kondensator, der mit einer bestimmten Menge Energie aufgeladen wird. Auf Knopfdruck gibt der Kondensator diese Energie über großflächige Elektroden an den Körper des Patienten ab. Die Elektroden werden dazu entweder in Form von so genannten Paddles mit den Händen auf den Brustkorb des Patienten gedrückt (kennt man aus den Arztserien) oder in Form von Klebeelektroden oder Fast-Patches auf den Brustkorb geklebt. Letzteres ist vor allem bei öffentlich erreichbaren Defibrillatoren der Fall, um die Bedienung zu vereinfachen und die Gefahr eines Stromschlages für den Helfer zu reduzieren. Für den Einsatz bei geöffnetem Brustkorb während einer OP gibt es noch Ausführungen mit löffelartigen Elektroden, die direkt an den Herzmuskel angelegt werden.

Der erste Defibrillator brachte 50 kg auf die Waage

Als Erfinder des tragbaren Defibrillators gilt der britisch-irische Kardiologe Frank Pantridge. Im Jahr 1965 entstand das erste Gerät, es wog 50 kg. Bereits ein Jahr später entwickelte ein Kollege von Pantridge, Prof. John Anderson, ein Medizintechniker, ein nur 20 kg schweres Gerät. Heutige tragbare Defis wiegen nur noch etwa 1 kg.

Tragbare automatische Defibrillatoren (AED) hängen inzwischen in vielen Unternehmen und öffentlichen Gebäuden. Sie sind praktisch selbsterklärend und führen auch Laien über optische Signale und Sprachbefehle durch die verschiedenen Schritte, die bei der Anwendung erforderlich sind. Sie stellen anhand eines Elektrokardiogramms fest, ob eine Defibrillation des Patienten notwendig ist. Zudem leiten sie den Helfer durch die Herz-Lungen-Wiederbelebung, die vor der ersten Schockabgabe durchgeführt werden sollte.

Defibrillator warnt vor dem Elektroschock

Per Signal warnt das Gerät zudem vor dem Elektroschock – meist mehr als 1000 Volt Spannung und 10 Ampère Stromstärke in sehr kurzer Zeit –, damit man sich diesen sich nicht selbst einfängt. Bei all dem soll die Regel gelten: Keine Angst vor Fehlern, nichts zu tun ist für den Betroffenen das Schlimmste.

Bei 85 % aller plötzlichen Herztode liegt anfangs ein Kammerflimmern vor – ein Defi hätte hier also Leben retten können. Er sollte möglichst schnell eingesetzt werden. Denn mit jeder Minute, die vergeht, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um bis zu 10 %. Und schon nach drei Minuten setzt ein Absterben der Gehirnzellen ein.

Implantierbare Lösungen für Patienten mit hohem Risiko

Für Menschen mit einem hohen Risiko für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen gibt es inzwischen implantierbare Cardioverter Defibrillator (ICD), die Herzschrittmacher und Defi in einem sind. Diese streichholzschachtelgroßen Geräte enthalten einen leistungsstarken Computer und eine Batterie, die über fünf bis sieben Jahre elektrische Impulse abgeben kann.

Die Geräte werden unter die Haut unterhalb des meist linken Schlüsselbeins eingepflanzt und durch Elektroden mit der linken Herzkammer sowie dem rechten Vorhof verbunden. Sie geben leichte Impulse ab, wenn das Herz zu langsam schlägt. Tritt jedoch ein gefährliches Kammerflimmern auf, gibt der ICD einen Elektroschock an den Herzmuskel, um die Rhythmusstörungen zu beenden. Eine lebensrettende Maßnahme. Gleichzeitig können die Betroffenen unter der Angst vor dem Elektroschock leiden.

Defibrillator in der Weste

Bei nur vorübergehenden lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kann auch ein Wearable, eine so genannte Defibrillatorweste (WCD – Wearable Cardioverter/Defibrillator), getragen werden.

Alles in allem bietet die Technik eine sehr effektive Maßnahme: Ein Defibrillator kann die fehlgeleiteten Erregungen, die beim Kammerflimmern vorliegen, bei mindestens 70 % aller Herzmuskelzellen unterbrechen.

Weitere Informationen:
http://definetz.eu
www.defibrillator-deutschland.de

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