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Unter Narkose bleibt das Gehirn aktiv

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Unter Narkose bleibt das Gehirn aktiv

Unter Narkose bleibt das Gehirn aktiv
Hochaktiv und gleichgeschaltet: Nervenzellen während der Anästhesie (Bild: Thomas Splettstoesser)
Bewusstsein | Selbst während einer tiefen Anästhesie sind die Zellen im Gehirn in Aktion – aber in einer veränderten: Sie arbeiten dann synchron und reagieren unerwartet empfindlich auf Umweltreize.

Eine der schwierigsten Forschungsaufgaben der Neurowissenschaften besteht darin, zu klären, auf welche Weise das Gehirn Bewusstsein produziert. Um einer Antwort näher zu kommen, hat ein Team um Dr. Mazahir T. Hasan, Wissenschaftler im Rahmen des Exzellenzclusters Neuro Cure an der Charité – Universitätsmedizin Berlin gemeinsam mit Kollegen am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung Heidelberg die Gehirnaktivität von Mäusen verglichen: im wachen, bewussten Zustand und unter Anästhesie. Die jeweilige Aktivität der Nervenzellen haben die Forscher visualisiert.

Neuro Cure-Wissenschaftler Dr. Hasan erklärt: „Wir haben ein Fluoreszenzprotein eingesetzt, das elektrische Signale in Lichtsignale umwandelt. Die Anzahl und die durchschnittliche Höhe der Entladungen sowie die Synchronität der Nervenzellen im Netzwerk konnten so aufgezeigt werden.“ Entsprechend der Ergebnisse scheint das Bewusstsein im Gehirn nicht einfach von der Anzahl an aktiven Nervenzellen im Kortex abzuhängen, sondern vielmehr von den Feinheiten, wie diese miteinander kommunizieren und inwiefern sie ihr Verhalten gegeneinander kontrastieren können.
Während die Nervenzellen des Kortex im wachen Zustand in komplexen Mustern zu unterschiedlichen Zeiten aufleuchten, ist unter Anästhesie zu beobachten, dass sie alle gleichzeitig und gleichartig aktiv sind. „Entgegen der plausiblen Annahme, das Gehirn höre unter Anästhesie auf, aktiv zu sein, verändert es lediglich die Art und Weise zu arbeiten. Die Stärke der Nervenzellentladungen verändert sich laut unserer Studie dabei nicht“, so der Erstautor der im Fachmagazin Frontiers in Cellular Neuroscience erschienenen Studie Thomas Lissek, Neurobiologe in Heidelberg.
Unerwartet ist ebenfalls die Beobachtung, dass Nervenzellen unter Anästhesie sensibler als im wachen Zustand auf Reize aus der Umwelt reagieren. „Eine überraschende Beobachtung, da eine Anästhesie ja insbesondere verwendet wird, um Schmerz- und Umweltreize während einer Operation einzudämmen“, so Thomas Lissek. Eine Hirnregion, die normalerweise für Tastinformation zuständig ist, fing sogar an, auf akustische Reize zu reagieren.
Die neuen Einblicke in die Aktivitätsmuster der Neuronen geben Hinweise, welche zellulären Parameter mit Bewusstsein und Bewusstseinsverlust verbunden sind. Zusammen mit weiteren Fortschritten, um neuronale Aktivität bei Menschen zu messen, könnten sie dazu beitragen, die Diagnostik zu verbessern, beispielsweise bei Komapatienten oder Patienten mit Locked-In-Syndrom. Erstmalig demonstriert die aktuelle Studie, dass es möglich ist, visuell identifizierbare neuronale Netzwerke über einen Zeitraum von mehreren Wochen zu beobachten, um die Effekte von Anästhesie weiter zu untersuchen. „Wir gehen davon aus, dass die Anästhesie-Forschung tiefgreifende Erkenntnisse für das menschliche Bewusstsein zu Tage bringen wird”, folgert Dr. Hasan.
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