Bisher hatten Patienten mit einem Prostatakarzinom geringen Risikos in Deutschland lediglich drei Therapieoptionen: eine Bestrahlung des Tumors, eine Entfernung der Prostata oder aber eine aktive Überwachung ohne therapeutische Eingriffe. Nun ist eine vierte, minimal-invasive Möglichkeit hinzugekommen. „Das ‚Tookad‘-Verfahren ist ein Meilenstein der Urologie: Erstmals können Patienten in Deutschland mit einem Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom auch risikoarm behandelt werden“, betont Prof. Manfred Wirth, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, die Bedeutung der neuen Operationstechnik.
Therapien mit erheblichen Nebenwirkungen
„Gravierende Eingriffe wie die Bestrahlung des Tumors oder eine radikale Prostatektomie, also die Entfernung der Prostata, sind für Prostatakarzinome mit geringem Risiko nur im Ausnahmefall zu empfehlen, da sie erhebliche Nebenwirkungen wie Inkontinenz oder Impotenz hervorrufen können“, erklärt der erfahrene Tumorexperte. Das bisherige Standardverfahren der aktiven Überwachung des Tumors durch regelmäßige ärztliche Kontrollen ohne therapeutischen Eingriff stelle für viele Patienten jedoch eine fortwährende psychische Belastung dar.
Minimal-invasive Prostatakarzinom-Behandlung
Im Rahmen einer multizentrischen Studie, an der sich auch das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus beteiligte, wurde die Wirksamkeit des 2016 am renommierten israelischen Weizmann-Institut für Wissenschaften entwickelten „Tookad-Verfahrens“ bestätigt. Die Klinik für Urologie des Dresdner Universitätsklinikums ist deutschlandweit die erste Klinik, die dieses Verfahren jetzt in der Regelversorgung anwendet.
Fotosensitiver Wirkstoff wird gezielt angeregt
Im Rahmen des „Tookad-Verfahrens“ setzen die Ärzte auf den fotosensitiven Wirkstoff Padeliporfin, der im „Tookad“-Medikament enthalten ist. Weil Lichtquellen mit einer bestimmten Wellenlänge den Wirkstoff anregen, muss der Patient während der rund eineinhalbstündigen Operation komplett verhüllt werden. Durch Laserfasern, die die Chirurgen minimal-invasiv über den Dammbereich in die Prostata einbringen, um so das Medikament aktivieren, kommt es zur Zerstörung von Gefäßen und zum Absterben des mit dem Tumor befallenen Gewebes. Aufgrund der schonenden Therapie ist es den Patienten bereits am dritten Tag nach der Operation möglich, das Krankenhaus zu verlassen.
Um auszuschließen, dass auch die nicht behandelte Hälfte der Prostata betroffen ist, ermitteln die Mediziner neun bis zwölf Monate nach der Operation im Rahmen einer Biopsie den Gesundheitszustand des verbliebenen Prostatagewebes.
Anwendungsfelder der Therapie ausweiten
„Anders als Patienten, bei denen die gesamte Prostata entfernt werden musste, tritt beim ‚Tookad‘-Verfahren keine Inkontinenz auf. Auch Einschränkungen bei der Potenz sind sehr selten“, erklärt Prof. Manfred Wirth. Die Ärzte wollen im Rahmen weiterer Studien die Anwendungsfelder der neuen Operationstechnik gegebenenfalls ausweiten, damit auch Patienten, die an Prostatakarzinomen mit höherem Risiko erkrankt sind, von der neuen Methode profitieren können.
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