Abschnitte an Arterien können sich krankhaft aufweiten – im Zuge des Alterns, aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der genetischen Veranlagung oder durch Rauchen. Bei einer krankhaften Erweiterung der Herzhauptschlagader (Aorta) oberhalb des Zwerchfells (Brustaorta) auf einen Durchmesser von mehr als 50 % des Normwerts spricht man von einem Aortenaneurysma. Unbehandelt können durch so ein Aneurysma die Gefäßwände reißen, es kommt zu starken inneren Blutungen – auch heute ein Notfall, der häufig tödlich endet. Pro 100 000 Einwohner treten etwa 15 Fälle eines Aortenaneurysmas auf.
Neue Prothese passt sich noch besser an
Das erkrankte Gefäß wird in solchen Risikofällen mit einer Prothese versorgt. Während der Eingriff früher nur mit Hilfe einer offenen Operation möglich war, lässt sich heute die Prothese in immer mehr Fällen minimal-invasiv mit Hilfe eines Katheters einsetzen. Ein Forscherteam um den Herzchirurgen Dr. med. Nikolaus Thierfelder vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Campus Großhadern, entwickelt und testet nun ein Verfahren, um solche künstlichen Gefäßprothesen patienten-individuell herzustellen.
„Unser Ziel ist es, durch die verbesserte Passgenauigkeit der Prothese die Komplikationsrate signifikant zu senken und gleichzeitig die Sicherheit für die Patienten zu erhöhen“, betont Dr. Thierfelder. Denn üblicherweise werden die Prothesen in bestimmten vorgefertigten Größen zur Verfügung gestellt, die der behandelnde Arzt nach Auswertung von Aufnahmen des erkrankten Gefäßes auswählt. „Dabei kann es vorkommen, dass die gewählte Prothese oft nicht ideal zur Anatomie des Patienten passt. Studien konnten zeigen, dass viele Komplikationen nach der Prothesenimplantation aus diesem Grund entstehen.“ Als Grundlage zur patienten-individuellen Prothesenproduktion dienen CT- oder MRT-Aufnahmen, die im Zuge der Diagnostik vor dem Eingriff ohnehin gewonnen werden müssen.
Plastisches 3D-Druck-Modell des Gefäßes
In einem mehrstufigen Prozess, können aus den Aufnahmen mit Hilfe einer spezialisierten Software anatomische Strukturen definiert und freigestellt werden. Die erkrankten Stellen des Gefäßes werden ausgewählt, modifiziert und anschließend mit Hilfe eines 3D-Druckers als plastisches Modell hergestellt. Auf dieses Modell wird dann mit einem elektronischen Spinnverfahren („Elektrospinning“) eine dünne, faserige Polymerschicht aufgetragen.
Die neu entwickelte patientenspezifische Prothese wird nicht nur aus einem Kunststoffschlauch wie bisherige Modelle, sondern auch aus einen form- und stabilitätsgebenden Drahtskelett bestehen. Dieses wird in einem separaten Prozess ebenfalls individuell geformt, um dann in den elektrogesponnenen Schlauch eingearbeitet zu werden. „Mit dem neuen Verfahren wollen wir die Prothesenherstellung im Vergleich zur bisherigen, manuellen Produktionsmethode nicht nur individueller, sondern auch ökonomischer, schneller und insbesondere sicherer machen“, so Dr. Thierfelder.