Forscher stellen eine künstliche Zellmembran her, indem sie mit einer nanometerfeinen Spitze maßgeschneiderte Phospholipid-Membranstücke auf ein Substrat aus Graphen schreiben. An ihr lassen sich Funktionen von Zellmembranen untersuchen.
Lipide (von griechisch lipos, „Fett“) sind zentrale Strukturbausteine von Zellmembranen. Der Körper des Menschen enthält rund 100 Billionen Zellen. Jede von ihnen ist von einer Membran umhüllt, die im Wesentlichen aus einer Doppellage von teils wasserliebenden, teils wasserabstoßenden phosphorhaltigen Lipiden besteht. Diese Zellmembranen beinhalten zahlreiche Proteine, Ionenkanäle und andere Biomoleküle, die jeweils lebenswichtige Aufgaben erfüllen. Daher ist die Erforschung der Zellmembranen essenziell für viele Bereiche der Medizin und der Biotechnologie. Ein besseres Verständnis ihrer Funktionen ermöglicht neue Anwendungen beispielsweise in Sensoren mit biologischen Komponenten, beim Einsatz von Enzymen als Katalysatoren oder zum gezielten Einbringen von Arzneimittelwirkstoffen. Allerdings ist es äußerst schwierig, die Membranen direkt an Zellen im menschlichen Körper zu untersuchen.
Forscher verwenden daher häufig Modellmembranen, die auf spezielle Oberflächen aufgebracht werden. Diese biomimetischen, das heißt biologische Strukturen nachahmenden Systeme ermöglichen einen einfachen und besser kontrollierbaren Zugriff. Eine internationale Gruppe von Forschern um Dr. Michael Hirtz, Projektleiter in der Abteilung von Professor Harald Fuchs am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT, sowie Dr. Aravind Vijayaraghavan von der Universität Manchester, Großbritannien, stellen nun ein neues Verfahren vor, mit dem sich biomimetische Membranen herstellen lassen: Sie schreiben maßgeschneiderte Phospholipid-Membranstücke mithilfe der bereits früher am KIT entwickelten Lipid Dip-Pen Nanolithography (L-DPN) auf ein Substrat aus Graphen.
„Die L-DPN Technik benutzt eine feine Spitze, um Lipidmembranen auf Oberflächen zu schreiben – ähnlich einem Federkiel, der Tinte auf Papier bringt“, erklärt Dr. Michael Hirtz vom INT des KIT. Allerdings misst die Spitze nur wenige Nanometer und wird mit hoher Präzision maschinell kontrolliert. Dies erlaubt es, winzig kleine Strukturen zu erzeugen – kleiner als Zellen und hinunter bis auf die Nanoskala. Durch den Einsatz von parallel angeordneten Spitzen lassen sich verschiedene Lipid-Mischungen gleichzeitig schreiben, was Strukturen unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung in einer Größe ermöglicht, die geringer als die einer einzelnen Zelle ist.
Die Forscher um Hirtz werden ihre biomimetischen Membranen künftig dazu nutzen, auf Graphen und Lipiden basierte neuartige Biosensoren zu bauen. Geplant sind Sensoren, die über die Änderung der Leitfähigkeit auf die Anbindung von Proteinen reagieren, sowie Sensoren, welche die Funktion von Ionenkanälen in den Membranen detektieren.
Unsere Webinar-Empfehlung
Armprothesen und andere medizinische Hilfen mit dem 3D-Drucker individuell, schnell und kosteneffizient herstellen
Teilen: