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Künstliche Intelligenz: Risiken vor der OP erkennen

Digitalisierung in der Medizin
Künstliche Intelligenz in der Medizin: OP-Risiken mindern

Künstliche Intelligenz in der Medizin: OP-Risiken mindern
Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg wollen Algorithmus entwickeln, der das individuelle Operationsrisiko eines Patienten vorhersagen kann (Bild: Universitätsklinikum Heidelberg)
Einen kognitiven medizinischen Assistenten entwickeln Wissenschaftler des Universitätsklinikum Heidelberg. Die künstliche Intelligenz soll im Vorfeld einer Operation Risiken erkennen und Komplikationen vorbeugen.

Um das individuelle Risiko eines Patienten für Komplikationen schon vor der Operation möglichst genau abschätzen und berücksichtigen zu können, wollen Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg Methoden des maschinellen Lernens nutzen – auch als künstliche Intelligenz bezeichnet. Im Rahmen des Projekts Kognitiver medizinischer Assistent (Komed) wird ein interdisziplinäres Team der Kliniken für Anästhesiologie sowie für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie in den kommenden zwei Jahren einen Algorithmus trainieren: Er soll dann eine Vielzahl klinischer Daten von Patienten mittels Big-Data-Analysen auswerten, mit dem Ziel, in den Daten Muster zu erkennen. Wenn es Zusammenhänge gibt, könnten diese genutzt werden, um individuelle Risikoprofile zu erstellen.

Der gemeinsam mit industriellen Partnern entwickelte Komed soll zukünftig eine fundierte Entscheidungshilfe bieten, um durch eine angepasste Behandlung und Versorgung Komplikationen zu vermeiden.

Künstliche Intelligenz: Algorithmus hilft individuelle als bisherig Scores

Bisherige Risiko-Scores richten sich beispielsweise nach Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen. Sie bilden das tatsächliche Komplikationsrisiko des jeweiligen Patienten aber nur unzureichend ab. Der Komed wird eine Vielzahl verfügbarer Patientendaten analysieren und erkennen, welche Merkmale mit einem erhöhten oder geringen Risiko für Komplikationen wie zum Beispiel Wundinfekte oder Herzinfarkte einhergehen. „Das gibt nicht nur Patienten und Behandlungsteams mehr Sicherheit bei der Therapieentscheidung“, erläutert Projektleiter Dr. Jan Larmann, Oberarzt der Anästhesiologischen Universitätsklinik. „Die möglichst exakte Einschätzung des Risikos erlaubt außerdem einen gezielten Einsatz von Ressourcen und bringt damit auch einen ökonomischen Nutzen.“

Durch Weiterentwicklung der chirurgischen Techniken und Narkoseverfahren lasse sich das Risiko nur zu einem gewissen Grad senken, betont Professor Dr. Pascal Probst, Oberarzt an der Chirurgischen Universitätsklinik und ärztlicher Leiter des Studienzentrums der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (SDGC). „Wir benötigen dringend mehr Informationen darüber, welche Merkmale der Patienten mit erhöhtem oder reduziertem Komplikationsrisiko einhergehen, um Patienten in Zukunft individualisiert behandeln zu können.“

Künstliche Intelligenz wird anhand medizinischer Daten von 600 Patienten trainiert

Im Rahmen einer ersten klinischen Beobachtungsstudie werden Routinedaten und Behandlungsverläufe von zunächst 600 chirurgischen Patienten erfasst. Diese Daten werden in strukturierter und analysierbarer Form aufbereitet und liefern die Grundlage, anhand derer Komed mögliche Risiken zu erkennen lernt. Daten zu Grund- und Begleiterkrankungen, aus der Bildgebung, über Art und Verlauf der Operation, Medikation und Blutwerte sowie eine Vielzahl weiterer Messwerte aus der klinischen Routine werden bereits jetzt digital erfasst – aber nur ein Bruchteil davon wird zur Risikoprognose genutzt. Der Grund: Die zur Verarbeitung verwendeten Systeme lassen keine Analyse zu.

Zusätzlich zu den schon erfassten Daten werden so genannte Proteomanalysen bei den Patienten der Studie durchgeführt: Diese geben einen Überblick über alle aktuell im Körper aktiven Proteine und damit einen Einblick in Stoffwechselvorgänge, deren Veränderung oder Störung. „Aus der Kombination der Proteomdaten und der klinischen Routinedaten erhoffen wir uns ein besseres Verständnis davon, unter welchen Begleitumständen es zu Komplikationen kommt und welche Krankheitsmechanismen diese auslösen. So wird es in Zukunft möglich sein, gezielt gegenzusteuern “, so Larmann.

Komplikationen sollen exakter vorher erkennbar werden

Am Ende der Trainingsphase soll das System in der Lage sein, Komplikationen mit einer bisher nicht erreichten Exaktheit vorherzusagen. „Wir gehen davon aus, dass allein schon dieses Wissen dazu beiträgt, Komplikationen vorzubeugen, weil Risikopatienten gezielt intensiver überwacht und früher behandelt werden können“, gibt sich Larmann zuversichtlich.

Während bei Risikopatienten oft eine intensivmedizinische Versorgung angezeigt ist, soll Komed auf der anderen Seite Patienten mit niedrigem Risiko einen unnötigen Aufenthalt auf der Intensivstation ersparen: Wird heute zum Beispiel ein Patient aufgrund seines Alters oder der Art des Eingriffs automatisch einer Hochrisikogruppe zugeteilt, soll Komed zukünftig einen stabilen Gesundheitszustand erkennen und in die Risikoanalyse einfließen lassen.

Vor dem klinischen Einsatz muss Komed mit weiteren Patientendaten trainiert und in einer unabhängigen Patientengruppe validiert werden.

Kontakt zu den Forschern:
Dr. Jan Larmann
Anästhesiologische Universitätsklinik Heidelberg
E-Mail: jan.larmann@med.uni-heidelberg.de
www.klinikum-heidelberg.de

Weitere Informationen:
Das Projekt Komed wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg mit 2 Mio. Euro gefördert. Kooperationspartner sind das Institut für Medizinische Biometrie und Informatik (IMBI), die Abteilung Medizinische Informationssysteme sowie das Zentrum für Informations- und Medizintechnik (ZIM) am Universitätsklinikum Heidelberg. Industrielle Partner sind Mint Medical, Phellow Seven, Philips und Karl Storz.

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