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Wie Bakterien ein neues Patientenzimmer erobern

Hygiene
Keime im Krankenhaus: So erobern sie das Patientenzimmer

Keime im Krankenhaus: So erobern sie das Patientenzimmer
Es dauert nicht lange: Ein neues Klinikzimmer ist schon nach wenigen Wochen von stabilen und standortspezifischen Bakteriengemeinschaften besiedelt. Das gilt für die Türklinke ebenso wie für Waschbecken und Fußboden (Bild: AG Host Septomics/Universitätsklinikum Jena)
Stationszimmer, die erstmals benutzt werden: Wie schnell sich hier Bakterien ausbreiten und welche Keime im Krankenhaus dominieren, hat eine Studie gezeigt.

Zu Beginn des Jahres 2017 nahm die Charité – Universitätsmedizin Berlin das Bettenhochhaus im Zentrum der Stadt nach einem kompletten Umbau wieder in Betrieb. Ein Forschungsteam des Universitätsklinikums Jena und der Charité nutzte die Gelegenheit, die Keimbesiedlung in Patientenzimmern einer neurologischen Station über 30 Wochen hinweg zu beobachten.

Keime im Krankenhaus sind für die Genesung wichtig

Laut Prof. Dr. Petra Gastmeier, Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité, ist es für die Prävention von Krankenhausinfektionen und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzgenen wichtig zu wissen, welche Gemeinschaften von Bakterien hier eine Rolle spielen. „Wir stehen im ständigen Austausch mit dem uns umgebenden Mikrobiom“, sagt die Wissenschaftlerin. „Im speziellen Fall von Krankenhäusern können die Umweltmikroorganismen die Genesung wesentlich beeinflussen.“

Beginnend vor der ersten Belegung der Stationszimmer und dann im Wochenrhythmus nahm das Projektteam an fest definierten Stellen auf dem Fußboden, im Waschbecken und an der Türklinke bakteriologische Proben. Ebenso wurden von den Patientinnen und Patienten Nasen-, Rektal-, Hand- und Ellenbeugenabstriche genommen, sowie Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur gemessen.

Studie zeigt, welche Bakterien und welche Resistenzen auftreten

Wie sich die Bakteriengemeinschaften zusammensetzen und in welchen Mengen die Keime auftraten, bestimmten die Forscher mit Sequenzierungsverfahren und PCR-Analysen. Sie erfassten auch Gensequenzen, die bekanntermaßen eine Resistenz gegen Antibiotika vermitteln. Im Anschluss erfolgte eine aufwändige bioinformatische Auswertung.

Die bioinformatische Auswertung der Daten zeigte: Während der ersten zwei Monate des Patientenbetriebs änderte sich die Besiedlung der drei Untersuchungsorte entscheidend. Bakterienarten, die auf der Haut oder im Darm vorkommen, verdrängten einige Umweltkeime. Dabei nahmen sowohl die Artenvielfalt als auch die bakterielle Biomasse zu.

Bakteriengemeinschaft auf dem Boden und an der Klinke sind unterschiedlich

In den untersuchten Zimmern bildeten sich schnell stabile Keimspektren aus, die jeweils für die Türklinke, das Waschbecken und den Fußboden charakteristisch sind. „Diese Veränderung in den vorhandenen Keimarten liegt klar im Austausch mit dem Mikrobiom der Patienten begründet“, sagt Dr. Tilman Klassert von der Arbeitsgruppe Host Septomics am Jenaer Uniklinikum. „Erstaunlich war dabei, wie schnell etwa Keime des Hautmikrobioms den Boden und die Türklinke oder Bakterien der Mundflora das Waschbecken besiedelten.“ Stabile und standortspezifische Bakteriengemeinschaften waren auf den verschiedenen Oberflächen der Patientenzimmer schon fünf bis sieben Wochen nach Eröffnung der Station zu beobachten.

Darunter fanden die Wissenschaftler auch Krankheitserreger. „Im Beobachtungszeitraum stellten wir jedoch keine Zunahme der pathogenen Keime fest“, betont PD Dr. Rasmus Leistner vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité. Weniger beruhigend fiel die Analyse der Gensequenzen aus. Das Studienteam hat in den Proben nach zwölf bekannten Resistenzgene-Sequenzen geschaut. Während es auf Türklinken und in Waschbecken bei einzelnen positiven Befunden blieb, häuften sich mit der Zeit die auf dem Boden gefundenen Resistenzgene.

Resistenzgene vor allem in den Bakterien auf dem Boden

„Wir müssen davon ausgehen, dass diese den Weg in Krankheitserreger finden könnten“, so Prof. Dr. Hortense Slevogt, die Leiterin der Arbeitsgruppe in Jena. „Deshalb sollten wir dringend die Frage klären, warum diese Gene auf dem Boden immer mehr werden können und welche Übertragungsmechanismen für Resistenzgene vorhanden sind.“ Mit dem Test verschiedener Reinigungsregimes hat sich das Studienteam schon auf die Suche nach Antworten gemacht.

Weitere Informationen:
Die Studie wurde im Rahmen des Infect-Control-Verbundes vom Bundesforschungsministerium gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Hortense Slevogt
Arbeitsgruppe Host Septomics, Universitätsklinikum Jena
E-Mail: Hortense.Slevogt@med.uni-jena.de
www.septomics.de/de/host-septomics.html

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