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Gelesen und schon erkrankt

Nocebo-Effekt: Medienberichte können Krankheitssymptome auslösen
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Smartphones sind Teil des modernen Lebens Bild: Marcus Steinbrücker
Medienberichte über vermeintlich gesundheitsgefährdende Substanzen können dazu führen, dass empfindliche Menschen Krankheitssymptome entwickeln, obwohl es objektiv keinen Anlass dafür gibt.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die sich mit dem Phänomen der elektromagnetischen Hypersensitivität befasst hat. Bei dieser Symptomatik reagieren die Betroffenen nach eigenen Angaben auf elektromagnetische Wellen wie zum Beispiel Handy-Strahlung mit Beschwerden. Sie zeigen körperliche Reaktionen, und mit Hilfe der Kernspintomographie ist zu sehen, dass schmerzverarbeitende Hirnregionen aktiviert sind. „Es spricht allerdings vieles dafür, dass es sich bei der elektromagnetischen Hypersensitivität um einen sogenannten Nocebo-Effekt handelt“, erklärt Dr. Michael Witthöft von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). „Allein die Erwartung einer Schädigung kann tatsächlich Schmerzen oder Beschwerden auslösen, wie wir es umgekehrt im Bereich schmerzlindernder Wirkungen auch von Placebo-Effekten kennen.“ Wie die neue Studie zeigt, können Medienberichte, die vor Gesundheitsrisiken warnen, bei manchen Personen Nocebo-Effekte hervorrufen oder verstärken

In den Untersuchungen, die Witthöft bei einem Aufenthalt am King’s College London zusammen mit G. James Rubin durchgeführt hat, wurde den 147 Testpersonen zunächst ein Fernsehbericht gezeigt. Ein Teil der Versuchsteilnehmer bekam einen Dokumentarfilm des Senders BBC One zu sehen, in dem teilweise drastisch über die Gesundheitsgefahren von Mobilfunk- und WLAN-Signalen berichtet wurde. Der andere Teil schaute einen Bericht von BBC News über die Sicherheit von Internet- und Handy-Daten an. Anschließend wurden alle Probanden einem WLAN-Scheinsignal ausgesetzt, von dem sie aber annehmen konnten, dass es echt sei. Obwohl in Wirklichkeit überhaupt keine Strahlung vorhanden war, entwickelten einige Probanden die typischen Symptome: 54 % der Testpersonen berichteten über Beunruhigung und Beklemmung, Beeinträchtigung ihrer Konzentration oder Kribbeln in den Fingern, Armen, Beinen und Füßen. Zwei Teilnehmer haben den Test vorzeitig beendet, weil ihre Symptome so stark waren, dass sie sich nicht länger der vermeintlichen WLAN-Strahlung aussetzen wollten. Es zeigte sich, dass die Symptome bei Personen mit erhöhter Ängstlichkeit, die vor der Scheinexposition den Dokumentarfilm über mögliche Gefahren elektromagnetischer Strahlung gezeigt bekamen, am stärksten ausfielen.
Die Studie zeigt, in welchem Maße reißerische Medienberichte auf die Gesundheit großer Bevölkerungsteile Einfluss nehmen können. Die Suggestion von Gesundheitsgefahren wirkt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur kurzfristig wie eine sich selbsterfüllende Prophezeiung, sie kann auch langfristig dazu führen, dass sich Menschen für empfänglich halten und in entsprechenden Situationen auf Elektrosmog mit Symptomen reagieren. „Die Wissenschaft und die Medien müssen unbedingt stärker zusammenarbeiten und sich darum bemühen, dass Berichte beispielsweise über mögliche Gesundheitsrisiken neuer Technologien so wahrheitsgetreu wie möglich und nach bestem Wissensstand an die Öffentlichkeit gelangen“, folgert Witthöft aus den Ergebnissen der Studie.
Weitere Informationen: www.klinische-psychologie-mainz.de Originalpublikation auf ScienceDirect
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