Weltweit gibt es zu wenige hochleistungsfähige Beatmungsgeräte, um gleichzeitig viele schwere Covid-19-Fälle zu versorgen. Ein Team aus Forschung und Technik der Philipps-Universität Marburg und des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) hat daher in sehr kurzer Zeit zwei unterschiedliche Konzepte für einfache Beatmungsgeräte entwickelt. Die Geräte können schnell und vergleichsweise preisgünstig hergestellt werden und in Situationen zum Einsatz kommen, in denen in Kliniken nicht mehr ausreichend reguläre Beatmungsplätze zur Verfügung stehen.
Beatmungsgerät auf Basis von CPAP-Geräten
Das erste Konzept basiert auf der Verwendung von so genannten CPAP-Geräten (CPAP: Continuous Positive Airway Pressure). Diese Geräte werden zum Beispiel zur Behandlung von Schlafapnoe eingesetzt und sind in vielen privaten Haushalten vorhanden. Die CPAP-Geräte werden so erweitert, dass sie zur künstlichen Beatmung eingesetzt werden können. Erste Prototypen laufen bereits und wurden von einschlägigen Medizinern des Universitätsklinikums Marburg sehr positiv beurteilt. Derzeit wird nach Produktionsmöglichkeiten für die Geräte gesucht.
Die modifizierten CPAP-Geräte sind nicht so leistungsfähig wie professionelle Beatmungsgeräte. Für die Erstversorgung von akuten, schweren Covid-19-Fällen mit starker Atemnot sind sie nicht geeignet. Für solche Fälle müssen klinische Beatmungsgeräte eingesetzt werden. Wenn sich die Patienten aber nach ein paar Tagen so weit erholt haben, dass sie weniger intensiv beatmet werden müssen, könnten die modifizierten CPAP-Geräte für die Beatmung zum Einsatz kommen. Dann wären klinische Beatmungsgeräte wieder frei und stünden für die nächsten Personen mit akuten Problemen zur Verfügung.
Beatmungsgerät auf Basis von Ambu Bags
Für Länder, in denen CPAP-Geräte nicht verbreitet sind, entwickelt das Team derzeit als zweiten Ansatz einfache Geräte auf der Basis von so genannten „Ambu Bags“. Diese „Ambu Bags“ oder Beatmungsbeutel werden in der Ersten Hilfe zur Erstversorgung eingesetzt und sind in großer Stückzahl preisgünstig verfügbar. Sie bestehen aus einer Maske, die auf das Gesicht gedrückt wird, und einem komprimierbaren Beutel, der mit der Hand in regelmäßigen Abständen zur Beatmung zusammengedrückt wird. Das Team entwickelt nun mechanische Apparaturen, welche die Beutel periodisch zusammendrücken.
Das Ziel des Teams ist es, alle technischen Informationen und Bauanleitungen öffentlich verfügbar zu machen. Damit soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Geräte weltweit nachzubauen und in größeren Stückzahlen herzustellen. Der Ärztliche Geschäftsführer des Marburger Universitätsklinikums, Prof. Harald Renz, sagt: „Unsere Oberärzte bestätigen, dass man die entwickelten Geräte als ‘last line of defense‘ zur Beatmung einsetzen würde, wenn man keine andere Möglichkeit mehr hätte. In Deutschland sind wir derzeit gut aufgestellt. Es gibt aber andere Regionen der Welt, in denen man sicher dankbar wäre, diese Geräte auch in der ‘first line of defense‘ einzusetzen.“
Derzeit ist das Team auf der Suche nach Räumlichkeiten und finanziellen Mitteln für die Produktion.
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