Ein Verfahren, mit dem sich hochauflösende 3D-Darstellungen kleinster Blutgefäße im Knochenmark oder in der Milz herstellen lassen, habenForschergruppen um die Informatiker Prof. Michael Guthe und Dr. Oleg Lobachev der Universität Bayreuth und Prof. Birte Steiniger vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Uni Marburg bereits 2017 auf den Weg gebracht. Darauf aufbauend, haben sie nun eine neue Software entwickelt, mit der die Bilder von Gewebeschnitten in tausendfacher Vergrößerung zu 3D-Modellen zusammengesetzt werden können.
Technik aus PC-Spielen kommt zum Einsatz
Virtual-Reality-Brillen, wie sie in zahlreichen Computerspielen zum Einsatz kommen, nehmen den Betrachter dabei mit auf eine Reise durch Netzwerke von Gefäßen, die oftmals nur einen Durchmesser von wenigen Tausendstel Millimetern haben. Auf diese Weise lassen sich die Blutgefäße weitaus genauer untersuchen als bisher. Zugleich werden die Bilder der Gewebeschnitte in die daraus erzeugten vergrößerten Modelle eingeblendet. Dies ermöglicht direkte Vergleiche, die der fortlaufenden Qualitätskontrolle der Modelle dienen.
Aufschlussreich für die Grundlagenforschung
Die Bayreuther Informatiker betonen, dass diese Virtual-Reality-Technologie vor allem für die medizinische Grundlagenforschung aufschlussreich ist. Um eines Tages routinemäßig in der Diagnostik eingesetzt werden zu können, bedarf es noch schnellerer Rechner, weil dann in kurzer Zeit sehr große Datenmengen verarbeitet werden müssen.
Neue Erkenntnisse über die Blutgefäße der Milz
Die Forschergruppen in Bayreuth und Marburg haben das neue Visualisierungsverfahren eingesetzt, um die Struktur und den Verlauf winziger Gefäße – der so genannten Kapillaren – innerhalb der Milz des Menschen aufzuklären. Grundlegend ist dabei die Gliederung der Milz in zwei Bereiche, die weiße und die rote Pulpa, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Die weiße Pulpa enthält vor allem zwei verschiedene Arten weißer Blutkörperchen, die B- und T-Lymphozyten. Hier kommen nur sehr wenige Kapillaren vor. An der Oberfläche der weißen Pulpa – insbesondere an der Oberfläche von B-Lymphozyten-Ansammlungen, die man als Follikel bezeichnet – liegt dagegen ein dichtes Netzwerk von Kapillaren. Diese werden überwiegend aus einem gröber strukturierten Kapillarnetz der umgebenden roten Pulpa versorgt.
Blut fließt ohne Gefäße weiter
An der Oberfläche der Follikel und in der roten Pulpa haben zahlreiche Kapillaren offene Enden. „Damit lassen unsere 3D-Modelle klar erkennen, wie die Milz in den Blutkreislauf des Menschen eingebunden ist. Aus den offenen Kapillarenden in der roten Milzpulpa fließt das Blut offensichtlich ohne Gefäße weiter, bevor es wieder in das Venensystem eintritt. Hier kommt es direkt mit Freßzellen, Makrophagen, in Kontakt, die das Blut von schädlichen Fremdkörpern und überalterten roten Blutkörperchen befreien“, erklärt Dr. Oleg Lobachev.