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Cochlea Implantat kombiniert mit Lichtreizen

Cochlea-Implantate
Cochlea-Implantate mit Mikro-Leuchtdioden: Licht hilft Hören

Cochlea-Implantate mit Mikro-Leuchtdioden: Licht hilft Hören
Optisches Cochlea-Implantat in der Hörschnecke einer Wüstenrennmaus: Das Modell der spiralförmigen Hörschnecke einer Wüstenrennmaus ist in grau dargestellt.Das Spiralganglion mit den Hörnervenzellen ist in violett, das optische Cochlea-Implantat in blau zu sehen
(Bild: Prof. Salditt, Uni Göttingen)
Gentherapie in der Hörschnecke, kombiniert mit optischen Cochlea-Implantaten: Was mit der optogenetischen Anregung der Hörbahn möglich ist, haben Forscher der Universitätsmedizin Göttingen sowie der Universität Freiburg in Wüstenrennmäusen getestet.

Herkömmliche Hörprothesen, so genannte Cochlea-Implantate (CI), regen den Hörnerv hochgradig schwerhöriger oder tauber Menschen mittels elektrischen Stroms an. Die Qualität dieses künstlichen Hörens ist jedoch weit entfernt von der Qualität natürlichen Hörens. Dies zeigt sich vor allem an einem schlechten Sprachverständnis in Umgebungen mit Hintergrundgeräuschen. Auch die Musikwahrnehmung ist deutlich eingeschränkt. Eine grundlegende Verbesserung des Hörens mit einem Cochlea-Implantat könnte in Zukunft erreicht werden, wenn es gelingt, den Hörnerv zielgenau mit Licht zu reizen. Da sich Licht – im Vergleich zu elektrischem Strom – besser räumlich eingrenzen lässt, würde es eine präzisere Anregung des Hörnervs ermöglichen.

Inhaltsverzeichnis

1. Cochlea-Implantat mit Licht: Mediziner und Mikrosystemtechniker arbeiten zusammen
2. Cochlea-Implantat mit 16 Mikro-LED
3. Neues Cochela-Implantat ermöglicht präzisere Ansprache des Hörnervs
4. Technische Verbesserungen und medizinische Tests mit dem Cochlea-Implantat

 

Cochlea-Implantat mit Licht: Mediziner und Mikrosystemtechniker arbeiten zusammen

Auf dem Weg zur Entwicklung eines solchen optischen Cochlea-Implantats sind jetzt Göttinger Hörforscher um Prof. Dr. Tobias Moser gemeinsam mit einem von Dr. Patrick Ruther geleiteten Team von Ingenieuren des Instituts für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Universität Freiburg einen großen Schritt vorangekommen. Da der Hörnerv natürlicherweise nicht auf Licht reagiert, muss er durch gentherapeutische Eingriffe zunächst lichtempfindlich gemacht werden.

An einem Tiermodell für menschliche Schwerhörigkeit mit gentechnisch verändertem, lichtsensitivem Hörnerv ließ sich nun ein neuartiges Cochlea-Implantat für das Hören mit Licht erstmals erproben. Die Ergebnisse zeigen: Optische CI basierend auf Mikro-Leuchtdioden (µLED) regen den gentechnisch veränderten Hörnerv mittels Licht mit großer Präzision an. Das Tiermodell wurde am Institut für Auditorische Neurowissenschaften sowie am Exzellenzcluster Multiscale Bioimaging von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC) der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) entwickelt, das neuartige Cochlea-Implantat in der Universität Freiburg.

Cochlea-Implantat mit 16 Mikro-LED

„Dies ist ein wichtiger Meilenstein bei der Entwicklung zukünftiger klinischer optischer Cochlea-Implantate“, sagt Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften und Sprecher der Exzellenzclusters MBExC. In vorausgehenden Studien wurden bisher zur optischen Anregung des Hörnervs maximal drei Glasfasern genutzt, um mit deren Hilfe Licht von externen Lasern in die Cochlea zu leiten.

In der nun veröffentlichten Studie kamen erstmals optische Cochlea-Implantate mit 16 µLED (Mikro-Leuchtdioden) mit einer Kantenlänge von lediglich 0,06 Millimetern zur Anregung des Hörnervs in Wüstenrennmäusen zum Einsatz. Die von einem Ingenieurteam um Dr. Patrick Ruther, Gruppenleiter am Institut für Mikrosystemtechnik an der Universität Freiburg, entwickelten CI mit speziellen und sehr kleinen Mikro-Leuchtdioden können unabhängig voneinander Licht an verschiedenen Stellen der Hörschnecke generieren.

Die Ergebnisse der Studie belegen: Die Anregung des genetisch veränderten Hörnervs mittels der eigens dafür entwickelten µLED-Cochlea-Implantate ist möglich. Die Stärke der Nervenzellaktivität variierte mit der verwendeten Lichtintensität und der Anzahl der gleichzeitig aktivierten µLEDs.

Neues Cochela-Implantat ermöglicht präzisere Ansprache des Hörnervs

Besonders wichtig war es, eine hohe Präzision bei der Stimulation der Hörbahn nachweisen zu können, denn sie macht eine bessere Tonhöhenunterscheidung möglich. „Für die Anwendung zukünftiger optischer CI am Patienten war die Zusammenarbeit der biomedizinischen Forschung mit der Mikrosystemtechnik ein essenzieller Schritt, und ich freue mich, dass ich zu diesen Arbeiten beitragen konnte“, sagt Dr. Alexander Dieter, einer der Erstautoren der Publikation, der inzwischen nach Abschluss der Promotion am Zentrum für Molekulare Neurobiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) tätig ist.

„Die Integration von miniaturisierten Lichtstrahlern mit Abmessungen, die der Dicke eines menschlichen Haares entsprechen, in einem flexiblen Cochlea-Implantat für die kleine Hörschnecke von Nagetieren ist eine technische Meisterleistung der Freiburger Kollegen“, sagt Prof. Dr. Moser. „Auch wenn die Entwicklung optischer Cochlea-Implantate für Menschen noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird, zeigen die aktuellen Versuche bereits die im Vergleich zum elektrischen Cochlea-Implantat verbesserte Tonhöhenauflösung.“

Technische Verbesserungen und medizinische Tests mit dem Cochlea-Implantat

Weitere Entwicklungen sollen nun die Energieeffizienz und die optischen Eigenschaften der optischen CI verbessern. „Technisch gesehen, gibt es nach dieser Machbarkeitsstudie noch viel für uns zu tun“, sagt Eric Klein, Doktorand am Institut für Mikrosystemtechnik an der Universität Freiburg. „Wir wissen jedoch bereits, dass Linsensysteme mit den µLEDs kombiniert werden können und so mehr Licht präziser auf den Hörnerv gerichtet werden kann.“ Die Göttinger Hörforscher wollen nun Langzeitexperimente mit den optischen Cochela-Implantaten im Tiermodell durchführen, um deren Nutzen für die Tonhöhenunterscheidung auf der Verhaltensebene zu untersuchen und die Langzeitstabilität des Ansatzes zu prüfen.

Mit einer ersten klinischen Studie am Menschen rechnet Moser Mitte der 2020er-Jahre. „Die weitere Entwicklung bis zur Anwendung am Menschen braucht einen langen Atem und visionäre Investoren“, sagt Prof. Dr. Moser. Gemeinsam mit Kollegen hat er das Göttinger Unternehmen Optogentech gegründet.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Universitätsmedizin Göttingen
Institut für Auditorische Neurowissenschaften und Exzellenzcluster MBExC
Prof. Dr. Tobias Moser
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: +49 (0) 551 – 39 -63071
E-Mail: tmoser@gwdg.de

Universität Freiburg
Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK)
Professur für Materialien der Mikrosystemtechnik
Dr. Patrick Ruther
Georges-Köhler-Allee 103
79110 Freiburg
Tel.: +49 (0) 761 – 203 – 7197
E-Mail: ruther@imtek.de

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