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Mehraufwand für die MDR erfordert sieben neue Stellen

Medical Device Regulation
Sieben weitere Mitarbeiter, um die MDR zu stemmen

Sieben weitere Mitarbeiter, um die MDR zu stemmen
Peter Stein ist Vice President QA/RA bei Erbe Elektromedizin in Tübingen Bild: Erbe Elektromedizin GmbH
Was die MDR bringt | Die Analyse der Anforderungen aus der Medical Device Regulation ergab, dass bei Erbe Elektromedizin sieben weitere Mitarbeiter den zusätzlichen Aufwand gerade werden stemmen können. Peter Stein, der den Bereich Qualitäts- und Zulassungsmanagement verantwortet, berichtet von den Erfahrungen der Tübinger.

Dr. Birgit Oppermann
birgit.oppermann@konradin.de

Herr Stein, was ist aus Ihrer Sicht das Positive an der MDR?

Die MDR verdeutlicht uns allen mit ihren strengen Vorgaben noch einmal, welche Verantwortung wir tragen. Das ist das Hauptthema bei jeder Schulung, die ich bei uns im Haus zum Thema Qualität und MDR abhalte. Die Aufgabe des Unternehmens ist es, genau zu definieren, was jeder einzelne im Rahmen der MDR zu tun hat – und die Führung muss den verantwortungsvollen Umgang mit der Patientensicherheit vorleben.

Was bedeutet die EU-MDR für Ihr Unternehmen?

Unser Qualitätsmanagementsystem wurde über die Jahre immer den aktuellen Anforderungen angepasst, um höchste Qualität zu gewährleisten, und so gehen wir auch mit den Anforderungen der neuen MDR um. Ich bin seit Dezember 2017 mit im Boot, und wir haben uns genau überlegt, welcher zusätzliche Aufwand auf das Unternehmen zukommt. Bei 65 Produktgruppen und der Mehrzahl der Produkte in Klasse 2a oder 2b ist allein die jährlich aufzuarbeitende Post Market Surveillance mit ihren detaillierten Vorgaben eine riesige Herausforderung. Dafür haben wir ein separates Team ins Leben gerufen, das zum Teil die Produktmanager entlasten wird, die bisher die Marktbeobachtung mit geleistet haben. Insgesamt wird unser Team im Bereich Qualitätsmanagement von 48 Mitarbeitern also auf 55 wachsen. Und obwohl Fachleute mit dem entsprechenden Hintergrund gerade äußerst gefragt sind, hatten wir das Glück, die ersten Stellen schon zu besetzen. Da wir die Kapazität dauerhaft brauchen werden, reden wir hier von Ausgaben von etwa 1,2 Millionen Euro im Jahr. Mit diesen zusätzlichen Stellen allein werden wir allerdings den Berg an Arbeit, den die MDR-Überarbeitung unserer Produkte mit sich bringt, nicht erledigen können. Daher greifen wir vorübergehend noch auf externe Fachleute zu. Mit der Erfahrung, dass auch deren unerlässliches exaktes Briefing mit viel Aufwand verbunden ist.

Welcher Aspekt der MDR beschäftigt Sie aktuell am meisten?

Auch uns betrifft die Diskussion um die Rolle der OEM. Unsere Lieferanten müssen uns Dokumente in großem Ausmaß bereitstellen, um die neuen Vorgaben zu erfüllen, und auch wir sind gegenüber einigen unserer Kunden der OEM. Für unsere Zusammenarbeit mit den Lieferanten haben wir ein Pilotprojekt mit einem ausgewählten Betrieb gestartet und wollen unsere Erfahrungen dann auf alle übertragen. Manche Lieferanten haben uns aber auch schon signalisiert, dass sie die Pflichten aus der MDR nicht übernehmen möchten und uns nur noch bis Mai 2020 beliefern werden. Umgekehrt müssen wir auch selbst schauen, bei welchen unserer Kunden wir deren Anforderungen erfüllen können und wollen.

Wie schätzen Sie die Lage in der Branche derzeit ein?

Ehrlich gesagt wundere ich mich, wie locker manche die Sache zu sehen scheinen. Die Info-Veranstaltungen sind nicht so stark besucht, wie man vermuten würde – und manche haben mit ihren Vorbereitungen wohl noch nicht einmal begonnen. Ich gehe aber davon aus, dass die MDR genauso heiß gegessen wird, wie sie gekocht wurde, denn es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich bis 2020 – oder für die meisten unserer Produkte bis Mai 2023 – etwas Wesentliches an den Anforderungen ändern wird. Und es ist allein schon eine Herausforderung herauszuarbeiten, wo genau die Unterschiede zwischen der bisherigen MDD und der neuen MDR für die Hersteller im Einzelnen liegen. Seit mehr als einem Jahr sind etwa die Hälfte der Entwickler mit dem Überarbeiten der Dokumentation beschäftigt. Das beeinträchtigt natürlich die Möglichkeiten für Innovationen.

Steht eine Bereinigung des Portfolios an?

Wir nehmen die meisten Produkte mit, aber auch bei uns wird das Portfolio bereinigt werden. Ich rechne damit, dass fünf bis zehn Prozent der Produkte nicht weitergeführt werden.

Welche Auswirkungen erwarten Sie für die Branche/die Hersteller in Europa?

Die Einschätzung der Märkte wird sich verschieben. Bisher galt die Markteinführung in den USA als schwierig. Diese Rolle wird künftig der europäische Markt haben, weil mehr Dokumentation erforderlich ist und der Prozess der Zulassung länger dauern wird. Derzeit gibt es nur eine einzige akkreditierte Benannte Stelle. Von einem Termin für ein Audit bei uns ist also noch nicht die Rede. Aber ich bekomme bisher genauso wenig einen zugesicherten Termin für ein Audit, das wir für unsere Produkte im kanadischen Markt brauchen, weil die Notified Bodies mit der MDR beschäftigt sind. Also bleibe ich da mit wöchentlichen Telefonaten und Mails am Ball, damit nicht auch die Dinge untergehen, die eigentlich mit Europa und der MDR nichts zu tun haben.

Was erhoffen Sie sich für die kommenden 12 Monate bis zum Ende der Übergangsfrist?

Inhaltlich wird sich meiner Einschätzung nach nichts mehr ändern. Aber es sollten endlich die Benannten Stellen akkreditiert werden, um die große Unsicherheit im Markt zu beenden. Das ist vor allem für die Unternehmen heikel, die bisher noch nicht mit einer Benannten Stelle zusammengearbeitet haben, weil sie das nicht mussten, und die einen Kontakt nun neu aufbauen müssen.


Weitere Informationen

Über Erbe Elektromedizin:

https://de.erbe-med.com

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