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Bluebec-Masken: Neuentwicklung in vier Monaten

Maskenproduktion in der Corona-Pandemie
Ob europäische Masken konkurrenzfähig sind, entscheidet sich nach der Pandemie

Ob europäische Masken konkurrenzfähig sind, entscheidet sich nach der Pandemie
Edgar Mähringer-Kunz ist Geschäftsführer des Automatisierungsspezialisten IMS-Tec und Vorsitzender der VDMA Arbeitsgemeinschaft Medizintechnik (Bild: Imstec)
Das auf Automatisierung spezialisierte Maschinenbauunternehmen IMS-Tec produziert seit kurzem FFP-2- und FFP-3-Masken in großem Stil. Wie es dazu kam und welche Erfahrungen man dabei macht, erläutert Geschäftsführer Edgar Mähringer-Kunz. Pläne für die nächste Produktgeneration hat er bereits.

Dr. Birgit Oppermann
birgit.oppermann@konradin.de

Herr Mähringer-Kunz, wie wurden Sie zum Hersteller von Schutzmasken?

Als im Frühjahr die erste Welle der Coronavirus-Pandemie Europa erreichte, waren wir schlecht vorbereitet: Nachdem die Lieferketten aus Asien zusammengebrochen waren, gab es die extremen Engpässe bei Schutzkleidung. Um zu helfen, haben wir zunächst unsere Kontakte nach China genutzt. Aber es war schnell klar, dass das nicht reicht. Im Gespräch mit Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums entstand dann die Idee, möglichst bald unabhängiger zu werden – auch mit Blick auf eine zweite Welle und dem Ziel, genug Masken zu haben, um einen zweiten Lockdown zu vermeiden. Gesucht waren also Unternehmen, die eine hiesige Produktion schnell und mit großen Kapazitäten aufziehen können. Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Medizintechnik im VDMA habe ich versucht, Unternehmen für diese Idee zu begeistern. Da man schlecht anderen etwas antragen kann, das man selbst nicht tut, ist auch IMS-Tec in die Maskenproduktion eingestiegen.

Wo stehen Sie heute mit der Maskenproduktion?

Innerhalb von vier Monaten haben wir vier Produkte entwickelt sowie die Anlagen und Prozesse dafür, inklusive Tests und Dokumentation. Zwei der Produkte tragen schon das CE-Kennzeichen. Bei uns in Klein-Winternheim laufen zwei Produktionsanlagen und weitere bei Lohnfertigern in Deutschland. Schon heute können wir auf den hochautomatisierten Anlagen jede Woche drei Millionen Masken herstellen. Weitere Anlagen sind im Aufbau. Sobald wir die maximale Ausbaustufe erreicht haben, werden es acht Millionen Masken wöchentlich sein.

Wie verlief die Aufbauphase?

Es war eine Riesenherausforderung und ein Kraftakt, auch finanziell. In normalen Zeiten würde man so nicht vorgehen, es war auch nicht wirklich vernünftig, und ich brauche so etwas so schnell nicht noch einmal. Aber die Umstände ließen nichts anderes zu.

Wie unterscheiden sich die Masken, die Sie anbieten, von anderen Produkten?

Wir haben unsere Bluebec-Masken von Grund auf als neues Produkt entwickelt und wollten sie in den meisten Belangen besser machen als es die Norm vorschreibt. Sie bestehen aus mehreren Lagen von Nonwoven-Material, das wir in der von uns geforderten Qualität und Menge von etablierten Herstellern beziehen. Wir haben die Geometrie der Maske festgelegt – was für die parallel laufende Planung der Anlage wichtig war. Von der Geometrie hängt wiederum die Fläche der Maske ab, die den Ausatemwiderstand bestimmt. Dafür gibt es feste Vorgaben mit wenig Spielraum. Uns war wichtig, dass sich die Träger mit der Maske wohlfühlen, auch wenn sie dicht anliegt. Daher haben wir im Rahmen der Usability-Tests ein stufenlos verstellbares Befestigungssystem entwickelt, mit dem die Maske gut sitzt, aber nicht hinter den Ohren schmerzt. Und die Materialien erreichen eine Filtereffizienz von über 99 Prozent, was die vorgeschriebenen Werte übertrifft. Zu guter Letzt produzieren wir in einer kontrollierten Umgebung, weshalb unsere Masken sehr sauber sind. Darüber hinaus durchläuft jede einzelne Maske die Qualitätskontrolle, bevor sie die Anlage verlässt.

Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Ergebnis, was wäre zu verbessern?

Der bisherige Stand ist gut, wir haben die Masken in der heutigen Form zum Patent angemeldet. Aber schon in der Zeit, als alles schnell gehen musste, haben wir Ideen für die Weiterentwicklung gesammelt. Eine betrifft das Vliesmaterial. Das Meltblown-Vlies, das heute üblich ist und das auch wir verwenden, hält Partikel über die elektrostatische Anziehung zurück. Das funktioniert, solange die Maske vom Atem nicht zu feucht geworden ist. Interessant sind Materialien, die Partikel mittels Nanostrukturen zurückhalten. Dazu arbeiten wir mit einem jungen innovativen Unternehmen zusammen.

Lassen sich die Bluebec-Masken mehrfach verwenden?

Unsere Masken sollen den Träger und die Umgebung schützen, indem sie die Partikel aus der Luft filtern. Nach einer Tragedauer von etwa acht Stunden sind sie durchfeuchtet und sollten entsorgt werden. Wenn man sie wäscht, verlieren sie einen Teil ihrer Eigenschaften und leisten dann nicht mehr als eine aus Textilien hergestellte Alltagsmaske.

Wer kauft die Bluebec-Masken?

Wir bewegen uns nur im B2B-Bereich, wo wir die Masken zu vernünftigen Preisen anbieten. Einen Teil der Masken bekommt das Bundesgesundheitsministerium, ein Teil geht ins Ausland, zum Beispiel nach Spanien, und auch kleinere Organisationen wie Altenheime haben Masken bestellt.

Entsprechen die wirtschaftlichen Ergebnisse Ihren Erwartungen?

Wir haben unseren Umsatz mit der Maskenproduktion signifikant gesteigert und wollen diesen Bereich langfristig halten und ausbauen. Die Stunde der Wahrheit wird kommen, wenn es einen Impfstoff gibt, die Pandemie allmählich abebbt und die Nachfrage nach Masken deutlich sinkt. Dann werden die asiatischen Anbieter wieder stärker mit ihren günstigen Produkten vertreten sein, und der Markt wird sich konsolidieren. Allerdings haben die Aktivitäten einiger krimineller Lieferanten, die für horrende Preise Schrott geliefert haben, dem Ruf aller Anbieter aus Asien sehr geschadet. Mancher Kunde schätzt nach schlechten Erfahrungen eine verlässliche Bezugsquelle umso mehr.

Wie groß ist das Interesse anderer Unternehmen an Ihrem Modell?

Wir werden häufig um Rat gebeten und helfen seriösen Unternehmen weiter – auf die Anfragen von Glücksrittern, die auf das schnelle Geld hoffen, gehen wir hingegen nicht ein. Für die Anlagen, auf denen wir die Bluebec-Masken herstellen, gibt es Interessenten, und es sind sowohl eine Lizenzierung als auch Betreibermodelle mit Partnern in anderen Ländern möglich. Mit Spanien haben wir das umgesetzt, Kanada und weitere Staaten haben Interesse geäußert.

Was ist aus Ihrer Sicht der Best-Case für die weitere Entwicklung?

Ich bin kein Virologe. Aber ich hoffe sehr, dass die Bevölkerung die Wissenschaft ernst nimmt und einigermaßen diszipliniert bleibt. Es wäre ein Jammer, wenn wir leichtsinnig verspielen, dass wir bisher einigermaßen glimpflich davongekommen sind. Eine Maske zu tragen, ist das kleinste Übel, das wir meiner Meinung nach in Kauf nehmen sollten, wenn wir ansonsten einigermaßen normal leben können.

Mehr über die Masken: www.bluebec.de


Kontakt zum Hersteller:

IMS-Tec GmbH
Auf dem Langloos 10
55270 Klein-Winternheim
Tel.: +49 (0) 6136 99441 10
E-Mail: info@imstec.de
Internet: www.imstec.de

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