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In der Coronakrise entwickelte Bosch Healthcare Solutions Sars-CoV-2-Schnelltests zur Pandemie-Bekämpfung

Schnelltests für die Pandemie-Bekämpfung
Wir greifen in der Krise auf ein weltweites Zuliefernetz zurück

Dass der Produktionsbetrieb in der Coronakrise aufrecht erhalten werden konnte und gleichzeitig neue Produkte entwickelt wurden, ist für Marc Meier, Geschäftsführer der Bosch Healthcare Solutions GmbH, auch einem weltweit aktiven Zuliefernetzwerk zu verdanken. In nur sechs Wochen brachte das Unternehmen einen neuen Sars-CoV-2-Schnelltest zur Marktreife.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de

Herr Meier, wie geht es Bosch Healthcare Solutions in der Corona-Krise?

Wir hatten zunächst mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie andere Unternehmen auch: Neue Hygienebestimmungen mussten umgesetzt werden. Wir haben jeden zweiten Schreibtisch gesperrt und tragen alle im gesamten Gebäude einen Mund-Nasen-Schutz. In der Fertigung gibt es getrennte Arbeitszeiten, sodass sich die Mitarbeiter verschiedener Schichten nicht begegnen. Je nach Lage nehmen wir hier immer wieder die notwendigen Anpassungen vor. Demgegenüber war der technische Aufwand für mehr Homeoffice im Bürobereich sehr gering, weil alle Mitarbeiter mit Laptops und Smartphones für mobiles Arbeiten ausgestattet waren. Gleichzeitig gab es eine enorme Nachfrage nach neuen Sars-CoV-2-Tests, die Produktion läuft auf Hochtouren.

Wie sind Sie damit umgegangen, dass Lieferketten unterbrochen waren, Messen abgesagt wurden und Kundengespräche nur noch virtuell stattfinden konnten?

Lieferschwierigkeiten hatten wir bisher noch nicht. Das liegt auch daran, dass wir mit den meisten unserer Partner schon seit Jahren zusammenarbeiten und auf ein weltweites Zulieferernetz zurückgreifen. Messebesuche waren in vielen Fällen nicht möglich oder wurden virtuell durchgeführt. Wir haben an einigen teilgenommen, was aber bei Weitem nicht so effektiv ist, wie vor Ort zu sein und persönlich mit Leuten sprechen zu können. Im Bereich der Kundenbetreuung setzen unsere Vertriebspartner verstärkt auf Videokonferenzen und Schulungsvideos: Bei der Auslieferung neuer Geräte etwa findet die Einweisung nicht mehr zwingend vor Ort statt, sondern über Videokonferenzen, in denen Experten das Gerät und seine Funktionen erklären.

Wie reagierten Sie auf die Pandemie und welche Produkte wurden währenddessen neu ins Portfolio aufgenommen?

Zu Beginn der Pandemie verfolgten wir vor allem zwei Ziele: Den Produktions- und Geschäftsbetrieb möglichst reibungslos aufrechtzuerhalten, was uns gelungen ist. Und gleichzeitig so schnell wie möglich neue Sars-CoV-2-Tests zu entwickeln, damit mehr und schneller getestet werden kann. Im März 2020 ist es uns gelungen, nach nur sechs Wochen Entwicklungszeit einen der ersten molekulardiagnostischen, PCR-basierten Multiplex-Schnelltests weltweit auf den Markt zu bringen. Er kann Sars-CoV-2 direkt am Point-of-Care nachweisen und von neun anderen Atemwegs-Erregern, zum Beispiel von Influenza, unterscheiden – und das in weniger als 2,5 Stunden. Die Tests wurden für Vivalytic, unsere universelle Analyse-Plattform für die molekulare Diagnostik, entwickelt. Da die Plattform offen gestaltet ist, lassen sich damit verschiedene Labortests durchführen, die wir mit unterschiedlichen Entwicklungspartnern umsetzen. Nach dem Multiplex-Test konzentrierten wir uns auf die Entwicklung eines Singleplex-Tests, der das Portfolio ergänzt, um noch schneller zum Ergebnis zu kommen. Der Test war im September 2020 marktreif und liefert nach nur 39 Minuten ein zuverlässiges Ergebnis. Er ist besonders geeignet für den dezentralen Einsatz in mobilen Testzentren, zum Beispiel an Flughäfen oder an Autobahnraststätten. Die Entwicklung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Was bedeutet die Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung für Bosch Healthcare Solutions?

Das BMBF fördert innovative Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Wir freuen uns, dass wir für eine Förderung ausgewählt wurden. Bestimmte Forschungs-„Meilensteine“ haben wir bereits erreicht, zum Beispiel den 39-Minuten-Test und eine neue Kartusche für den Vivalytic-Analyser, die Pooling ermöglicht, also mit nur einer Kartusche bis zu fünf Patientenproben gleichzeitig zu untersuchen. Die Testkapazität pro Vivalytic-Analyser steigt damit auf mehr als 160 Proben pro Tag. Momentan arbeiten wir an einer weiteren Reduzierung der Zeit bis zum Testergebnis.

Für welche Anwendungen sind diese neu entwickelten Testmöglichkeiten gedacht?

Durch die Corona-Pandemie hat sich die Nachfrage nach Point-of-Care-Geräten sehr schnell entwickelt. Bisher kam der Vivalytic-Analyser in erster Linie in Laboren, Krankenhäusern und Arztpraxen zum Einsatz. Jetzt kommen zahlreiche neue Anwendungsgebiete hinzu. Beispielsweise in Unternehmen aller Art, in denen Mitarbeiter getestet werden sollen, oder auch in Pflegeheimen Mitarbeiter und Besucher, um die Bewohner besser zu schützen. Dass wir für das dezentrale Testen bis hin zum Screening ganzer Personengruppen mit Vivalytic ein Gerät haben, das eine intuitive Handhabung bietet und von medizinischem Fachpersonal nach einer kurzen Schulung zuverlässig bedient werden kann, stellt sich als sehr wertvoll heraus. Tests können somit dort durchgeführt werden, wo schnell Klarheit über mögliche Infektionen benötigt wird und die getesteten Personen erhalten ihr Ergebnis unmittelbar vor Ort.

Was haben Sie in der Krise gelernt?

Dass wir dank der außergewöhnlich hohen Motivation unserer Mitarbeiter auch unter großem Druck Spitzenleistungen erbringen können. Zum einen in der Fertigung, in der seit Januar 2020 mit maximaler Kapazität produziert wird – in diesem Jahr werden voraussichtlich eine Million Sars-CoV-2-Tests hergestellt. Und auch in der Entwicklung: In nur sechs Wochen einen neuen Test marktreif zu entwickeln, ist eine außerordentliche Leistung. Gelernt haben wir auch, dass es sich gelohnt hat, zehn Jahre in die Entwicklung einer universellen All-in-one-Lösung zu investieren: Vivalytic hat uns als Technologie-Plattform die Möglichkeit eröffnet, gemeinsam mit unseren Entwicklungspartnern so schnell reagieren zu können. Dabei hat sich auch das offene Geschäftsmodell als Vorteil erwiesen: Der Multiplex- und der Singleplex-Test wurden mit jeweils unterschiedlichem Partner entwickelt und für die Vivalytic-Plattform automatisiert. Außerdem sind die Geräte vernetzt, was ein großer Vorteil ist, weil sich neue Tests einfach als Update aufspielen lassen. Aus diesen Gründen sehen wir uns gut gerüstet, um auch in Zukunft bei Bedarf sehr schnell reagieren zu können.

Was sind die Perspektiven für Bosch Healthcare in den kommenden Monaten?

Die Entwicklung neuer Tests stand in den letzten Monaten im Vordergrund und wird uns auch weiterhin beschäftigen – dann allerdings andere Erreger adressieren, etwa MRSA, FLU/RSV- oder Noroviren. Die Produktion von Sars-CoV-2-Tests läuft weiter auf Hochtouren, 2021 wollen wir bis zu drei Millionen Tests ausliefern. Gleichzeitig vernachlässigen wir aber auch nicht unser zweites Standbein, das FeNO-Messgerät Vivatmo, das in Kliniken, Praxen und zuhause dabei helfen kann, allergisches Asthma zu kontrollieren und die Therapie zu optimieren. Davon abgesehen ziehen wir am Standort Waiblingen in ein neues Gebäude, das uns ausreichend Kapazität und beste Arbeitsbedingungen bietet. Die Grundsteine für zukünftiges Wachstum sind also gelegt.


Kontakt zum Unternehmen:

Bosch Healthcare Solutions GmbH
Stuttgarter Str. 130
71332 Waiblingen
www.bosch-healthcare.com

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