Auch die Landesmesse Stuttgart hat sich nun zu Wort gemeldet und verschiebt die für Anfang Mai geplante Medizintechnik-Messe T4M auf das kommende Jahr. Das kommt angesichts der jüngsten Empfehlungen aus dem Bundesgesundheitsministerium, der Reaktionen vieler Veranstalter und der Gesamtentwicklung nicht überraschend. Wenn Schulen und Grenzen geschlossen werden, sich Unternehmen, wie es zu hören ist, vor Besuchern abschotten und ihren Mitarbeitern das Reisen untersagen, sind Großveranstaltungen vom Tisch. Und noch wichtiger ist das Ziel, das mit solchen Entscheidungen erreicht werden soll: dem Coronavirus die weitere Verbreitung so weit wie möglich zu erschweren. Mit den gleichen Überlegungen wurde – es ist erst wenige Tage her – unter anderem auch beschlossen, die Medizintechnik-Messe Medtec Live in Nürnberg nicht wie geplant Ende März stattfinden zu lassen.
Inhaltsverzeichnis
1. Globalisierung – ein Konzept wird verhandelbar
2. Zu definieren: Was muss unter allen Umständen funktionieren
3. Alle Fragen auf den Tisch – und beim Antworten nicht allein das Coronavirus betrachten
Globalisierung – ein Konzept wird verhandelbar
Gravierende Einschnitte sind das in einer Branche. Aber im Gesamtbild, das von rasanten Entwicklungen und immer weiter reichenden Entscheidungen geprägt ist, fällt selbst das kaum noch ins Gewicht. Wer hätte noch vor zehn Tagen gedacht, dass renommierte Wirtschaftsexperten dieser Tage, schon für die Zeit nach der Pandemie, ernsthaft die Globalisierung zur Diskussion stellen? Während an anderer Stelle von einem Internet-Händler-Start-up berichtet wird, das sich mit, marktwirtschaftlich gesehen „rechtzeitig“ und in großem Stil, aus China beschafftem Mundschutz eine goldene Nase verdient – aber dessen Chef aktuell eigentlich keine Berichterstattung über seinen finanziellen Erfolg wünscht. Und während der US-Präsident das Tübinger Unternehmen Curevac mitsamt dem dort in Arbeit befindlichen möglichen Impfstoff am liebsten exklusiv für den Einsatz in den USA erworben hätte, wie zu lesen war. Der Chef dieses Unternehmens wurde daraufhin zitiert mit der Aussage, dass der Kapitalismus Grenzen habe.
Zu definieren: Was muss unter allen Umständen funktionieren
Dass sich radikal andere Gedanken über mögliche Wirtschaftsordnungen am Ende durchsetzen, bezweifle ich. Aber ich begrüße es, dass über Veränderungen nachgedacht wird und dabei auch eingeübte vermeintliche Gewissheiten über das globale Wirtschaften in Frage gestellt werden. Vielleicht brauchen wir nicht nur, wie vom BVMed angeregt, einen „Dialog zu einer kritischen Infrastruktur zur Aufrechterhaltung der Patientenversorgung in Deutschland mit Medizinprodukten“, sondern viele weitere Überlegungen dazu, was im Notfall alles durch eine Gesellschaft „kontrollierbar“ sein sollte. Ein System, das von einem Virus in seinen Grundfesten erschüttert wird, ist wohl wirklich verbesserungsbedürftig.
Alle Fragen auf den Tisch – und beim Antworten nicht allein das Coronavirus betrachten
Meine Hoffnung ist, dass sich dabei ein gesunder Mittelweg herauskristallisiert. Dass sich jetzt Regionen oder ganze Länder abschotten, ist unausweichlich, um die Entwicklung der Pandemie abzubremsen. Aber insgesamt werden wir langfristig nicht ohne einander auskommen. Wenn das neue Coronavirus seinen Platz in der Welt gefunden hat und hoffentlich keine Bedrohung für Hunderttausende mehr sein wird, hat die Menschheit ja noch weitere – gemeinsame – Aufgaben vor sich. Vielleicht können die Fragen, die das Virus jetzt aufwirft, dann gleich mit dem Blick zum Beispiel auf das Thema Klimaveränderung diskutiert werden.