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Südafrika braucht Medizinprodukte aus dem Ausland

Gesundheitsmarkt
Südafrika braucht moderne Medizintechnik aus dem Ausland

Südafrika ist für ausländische Medizintechnik-Hersteller trotz einiger Hürden ein attraktiver Markt, denn das Land importiert 90 % seiner Medizinprodukte. Um die medizinische Versorgung vor allem für die ärmere Bevölkerung zu verbessern, sind allerdings Investitionen in den öffentlichen Gesundheitssektor nötig.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de

Am 3. Dezember 1967 wurde im Groote Schuur Hospital in Kapstadt Medizingeschichte geschrieben: Der südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard transplantierte dem 55-jährigen Lebensmittelhändler Louis Washkansky erstmals ein Spenderherz. Washkansky überlebte mit seinem neuen Herz zwar nur 18 Tage, doch der erste erfolgreiche Eingriff dieser Art war für die moderne Medizin ein Wendepunkt.

Inhaltsverzeichnis
Öffentliche Versorgung: Wenig Geld, viele Patienten
Chronische Krankheiten lassen Bedarf an Medtech steigen
Externe Berater helfen beim Markteinstieg
Die richtige Markteinstiegsstrategie für Südafrika finden
Viele multinationale Hersteller sind bereits im Markt vertreten

Heute werden laut Statista weltweit jährlich knapp 8000 Herzen transplantiert. Der Geschichte des südafrikanischen Welterfolgs hat Kapstadt im Groote Schuur Hospital mit einer eigenen Ausstellung ein Denkmal gesetzt: Touristen können die Labors und die originalen Räume der Herztransplantation und die mit lebensgroßen Silikonfiguren nachgestellte OP-Situation besichtigen.

Universitäten und Fachärzte in Südafrika sind auch 55 Jahre nach der ersten Herztransplantation hoch angesehen. Doch trotz des guten Rufs der Ärzteschaft gibt es Mängel in der medizinischen Versorgung der rund 60 Millionen Einwohner in einem der größten Länder Afrikas. Viele Fachärzte ziehen die lukrativen Privatkliniken den öffentlichen Kliniken vor.

Öffentliche Versorgung: Wenig Geld, viele Patienten

In kaum einem anderen Land auf der Welt sind Einkommen und Vermögen so ungleich verteilt wie in Südafrika. Mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner Südafrikas leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Betroffen ist vor allem die schwarze Bevölkerung. Dieses Ungleichgewicht spiegelt sich auch in der Gesundheitsversorgung wider: Die südafrikanische Gesundheitswirtschaft setzt sich aus zwei Sektoren zusammen. Der öffentliche Sektor versorgt rund 85 % der Bevölkerung, während lediglich rund 48 % der Gesundheitsausgaben auf diesen entfallen. Der private Gesundheitssektor versorgt rund 15 % der Bevölkerung, also die 9 Millionen Menschen, die sich eine private Versicherung oder die Behandlungskosten leisten können. Auf den Privatsektor entfallen 52 % der Gesundheitsausgaben.

Auslandsmärkte

Beide Sektoren bieten eine große Bandbreite an Gesundheitsleistungen an, die von einer Grundversorgung bis hin zu einer modernen, medizinischen Behandlung reichen. Der Privatsektor erfüllt internationale Standards. Die Gesundheitsversorgung im öffentlichen Sektor leidet häufig an Defiziten wie Personalmangel, fehlenden oder nicht gewarteten Geräten, Missmanagement und Überbelegung. Dennoch ist dieser Bereich der größte Einkäufer von medizinischer Ausrüstung und Geräten.

Chronische Krankheiten lassen Bedarf an Medtech steigen

Schwerpunkt der Nachfrage liegt dabei, laut der Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, allerdings auf der Grundversorgung. Im Privatsektor ist dagegen die Nachfrage nach komplexeren medizinischen Geräten deutlich stärker ausgeprägt. Doch grundsätzlich seien die Aussichten auf Südafrikas Medizintechnikmarkt positiv, fasst die Gtai in ihrem aktuellen Branchenbericht zusammen: Mit einem Volumen von rund 1,3 Mrd. US-Dollar soll der Markt 2022 und 2023 gegenüber 2021 deutlich zulegen.

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Trotz schwächeren Wachstums als erhofft bleibt Südafrika ein attraktiver Markt für Medizintechnikhersteller
(Grafik: Africon)

Grund dafür ist unter anderem ein hoher Nachholbedarf der Krankenhäuser bei modernen medizinischen Geräten. „Dringend benötigt werden vor allem Apparate für die diagnostische Bildgebung wie Strahlentherapiegeräte, MRT- und PET-Scanner sowie Apparate zur Behandlung chronischer Krankheiten“, sagt Fausi Najjar, Korrespondent der Gtai in Johannesburg. Dazu zählen in Südafrika heute in erster Linie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, aber auch chronisch verlaufende Infektionskrankheiten wie HIV und Tuberkulose. In der Urologie und Abdominalchirurgie nimmt zudem der Einsatz von Trokaren zu. Doch um diese Bedarfe zu decken, muss die Republik Südafrika rund 90 % der benötigten Medizintechnik importieren. Die deutschen Ausfuhren von medizinischen Geräten und orthopädischen Vorrichtungen beliefen sich laut Gtai in den vergangenen drei Jahren auf 550 Mio. Euro. Damit war Südafrika vor Ägypten größter Absatzmarkt deutscher Medizinprodukte auf dem afrikanischen Kontinent.

Externe Berater helfen beim Markteinstieg

Warum der südafrikanische Medizintechnik-Markt für deutsche Hersteller interessant ist, weiß auch Marc-Peter Zander, Gründer und CEO der Africon GmbH in Bremen. Die Beratungsgesellschaft betreut Unternehmen, die auf dem afrikanischen Kontinent Fuß fassen wollen. „Südafrika ist eines der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Länder in Afrika. Hersteller aus der hochtechnologisierten D-A-CH-Region treffen hier auf einen Markt, der sich mit Qualität und Technologie auskennt und ein professionelles und funktionierendes Distributorennetzwerk hat“, sagt Zander, der über 23 Jahre Afrika-Erfahrung verfügt. Auf der anderen Seite sei Deutschland für Südafrika der bevorzugte Medizintechnik-Markt. „Knapp 40 Prozent aller Medizinprodukte und Laborgeräte werden in Deutschland eingekauft, denn Qualität made in Germany hat einen hohen Stellenwert.“

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Marc-Peter Zander, Gründer und CEO von Africon, bringt 23 Jahre Afrika-Erfahrung mit in sein Beratungsgeschäft
(Bild: Africon)

Die richtige Markteinstiegsstrategie für Südafrika finden

Unternehmen, die über einen Markteinstieg nachdenken, können die Expertise von Zander und seinem 20-köpfigen Team nutzen, das über ganz Afrika verteilt arbeitet. „Wir recherchieren vor Ort, wie groß das Marktpotenzial ist, wer die lokalen Hersteller und Distributoren sind, knüpfen die ersten Kontakte, geben Empfehlungen für eine Markteintrittsstrategie und bringen schließlich die potenziellen Partner zusammen“, so Afrika-Experte Zander. Trotz verhaltenen Wachstums sei der Gesundheitsmarkt Südafrika für Medtech-Hersteller attraktiv, auch wenn bürokratische Prozesse sich hinziehen können, das Land aktuell große Probleme mit der Stromversorgung hat und Korruption immer wieder ein Thema ist.

Für ein Projekt in Südafrika machte sich ein Africon-Mitarbeiter jüngst über den Prothesen-Markt schlau: Ein mittelständisches Unternehmen aus Deutschland kontaktierte nämlich die Berater mit der Anfrage, ob es einen Markt für spezielle Einzelkomponenten zur Prothesenherstellung in Südafrika gäbe? „Wir haben dann vor Ort recherchiert, Krankenhäuser und Verbände angesprochen und schließlich einen Hersteller in Kapstadt ausgemacht, der mit seinem Maschinenpark die Teile aus Deutschland verarbeiten konnte – und auch wollte“,erzählt Zander. Im Rahmen des Projekts wurde darüber hinaus eine Medizinmesse in Südafrika besucht, bei der sich auch weitere Kontakte aufbauen ließen.

Viele multinationale Hersteller sind bereits im Markt vertreten

Multinationale Medizintechnikanbieter wie Siemens Healthineers, Dräger, Boston Scientific, GE Healthcare, Medtronic und Stryker haben das Marktpotenzial Südafrikas längst erkannt und sind in dem Kapland seit Jahren mit Repräsentanzen für Vertrieb und Service vertreten. Zu den wenigen ausländischen Unternehmen, die vor Ort auch Medizinprodukte produzieren, zählen Fresenius Kabi und B. Braun. Die heimische Herstellung von Medizintechnik in Südafrika konzentriert sich laut Gtai überwiegend auf Low-Tech- Produkte wie Krankenhausmöbel, Hygienematerial, Einwegnadeln und weitere medizinische Einwegprodukten.

B. Braun verstärkt das Engagement in Afrika

Auch für die Zukunft werden Medizinprodukte aus dem Ausland eine wichtige Rolle spielen: Die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung (National Health Insurance, NHI) bis 2026 soll ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Gesundheitsversorgung in Südafrika sein. Dafür muss die Regierung allerdings noch kräftig in den öffentlichen Sektor investieren. Die Folge wäre ein kräftiges Wachstum des Gesundheitsmarktes. Doch noch sind die Experten skeptisch: Angesichts einer laufenden Haushaltskonsolidierung und eines aktuell schwachen Wirtschaftswachstums erscheint die ohnehin schwer finanzierbare Umsetzung bis zum gewünschten Startpunkt im Jahr 2026 unrealistisch.


Weitere Informationen

Africon ist eine Unternehmensberatung mit Fokus auf Afrika. Das Team um Marc-Peter Zander berät Unternehmen bei der Entwicklung ihrer individuellen Afrika-Strategien, analysiert die afrikanischen Märkte und bringt Unternehmen mit potenziellen Partnern, Projekten und Investoren zusammen. Darüber hinaus führt Africon Projekte vor Ort durch und kümmert sich um die Geschäftsentwicklung – bis das Unternehmen beschließt, die afrikanischen Märkte selbst zu verwalten. Der Fokus liegt auf B2B-Kunden aus den verschiedensten Branchen.

Seit 2017 ist Africon zudem offizielle Auslandsvertretung der Messe Düsseldorf für die Länder Kenia, Tansania, Äthiopien, Ruanda, Uganda, Burundi und Südsudan mit Büro in Nairobi, Kenia.

www.africon.de


Gesundheitssystem Südafrika auf einen Blick

  • Rund 60 Millionen Menschen leben in in der Republik Südafrika auf einer Fläche von rund 1,2 Mio. km2. Die Lebenserwartung bei Geburt liegt bei Frauen bei knapp 65 Jahren, bei Männern bei 59 Jahren. Der Anteil der über 65-jährigen in Südafrika liegt bei 5,5 %.
  • Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt beträgt etwa 9,1 %. Die Gesundheitsausgaben pro Kopf und Jahr liegen in Südafrika bei 546 US-Dollar, in Deutschland bei etwa 5100 US-Dollar.
  • 90 % der in Südafrika benötigten Medizintechnik wird importiert. Hersteller und Vertriebsunternehmen müssen von der Regulierungsbehörde für den Gesundheitssektor Sahpra eine Lizenz erhalten. Nur entsprechend lizensierte Unternehmen dürfen medizintechnische Produkte importieren und vertreiben.
  • Der öffentliche Sektor des südafrikanischen Gesundheitssystems versorgt rund 85 % der Bevölkerung. Auf ihn entfallen 48 % der Gesundheitsausgaben. Der private Gesundheitssektor versorgt etwa 15 % der Bevölkerung. Auf ihn entfallen 52 % der Ausgaben.
  • Trotz des guten Rufs der Ärzteschaft in Südafrika hapert es an der medizinischen Versorgung: Auf 1000 Einwohner kommen etwa 0,8 Ärzte, 0,1 Zahnärzte sowie 2,3 Krankenhausbetten. Viele Fachärzte ziehen die Privatkliniken den öffentlichen Kliniken vor.
  • Bis 2026 soll in Südafrika eine allgemeine Krankenversicherung (National Health Insurance) eingeführt werden.

(Quelle: Gtai)


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