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Strategien für einen starken Schweizer Medizintechnik-Markt

Standortstärkung
Strategien für einen starken Medizintechnik-Markt Schweiz

Strategien für einen starken Medizintechnik-Markt Schweiz
Made in Switzerland hat Tradition. Auch Hightech-Medizinprodukte aus der Schweiz sind auf der ganzen Welt gefragt (Bild: nui7711/stock.adobe.com)
Will die Schweizer Medizinprodukteindustrie wettbewerbsfähig bleiben und weiterhin eine hochklassige Gesundheitsversorgung im eigenen Land bieten, braucht sie neben dem traditionellen Erfindergeist auch neue Strategien. Die MDR ist nur eine der Herausforderungen.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de

Um Wirkung und Nebenwirkungen von Medikamenten zuverlässig zu testen, braucht es entweder Tierversuche oder In-vitro-Zellkulturen. Oder künftig das Lung-on-Chip-Modell der Alveolix AG. Die neue Technologie des Berner Start-ups simuliert im Innern des Chips die Mikroumgebung der Lungenbläschen inklusive Atembewegung. Die dünne, poröse Membran ermöglicht die Kultivierung von menschlichen Lungenzellen unter äußerst physiologischen Bedingungen. In dieser natürlichen Umgebung reagieren die Zellen so, wie sie es im menschlichen Körper tun würden.

„Dank unserer Technologie wird die Arzneimittelentwicklung effizienter, sicherer und personalisierter, da die Tests mit Zellen eines bestimmten Patienten auf dem Chip durchgeführt werden können. In Zukunft hilft unsere Technologie, die Kosten und die Zahl der Tierversuche zu senken“, sagt Dr. Janick Stucki, CEO und Technischer Direktor sowie Co-Gründer von Alveolix. Für seine Entwicklung wurde das Start-up im Juni mit dem Swiss Medtech Award im Wert von 75 000 CHF ausgezeichnet. Das Jungunternehmen arbeitet bereits mit großen Pharmaunternehmen zusammen, die die Technologie nutzen, um ihre sich in der Entwicklung befindenden Medikamente zu testen. Das ist für Alveolix ein wichtiger Schritt in Richtung Produktvermarktung.

Bessere Unterstützung für Medizintechnik-Start-ups

Aber auch ein Punkt, an dem viele Start-ups vor großen Herausforderungen stehen und, wie Peter Biedermann, Direktor des Verbandes Swiss Medtech, erklärt, Unterstützung benötigen: „In der Schweiz scheitern findige Ideen leider viel zu oft auf dem Weg vom Prototyp zum marktreifen Produkt. Beim Überwinden dieses Translation-Gap muss unser Land besser werden.“ Dazu brauche es nicht mehr Fördergelder, vielmehr müssen die vorhandenen Mittel gezielter auf Innovationsprojekte mit dem größten Marktpotenzial umgeschichtet und auch direkt an Unternehmen ausbezahlt werden, beschreibt Biedermann ein Ziel, für das sich der Verband auf politischer Ebene einsetzt.

Denn vor allem dank des Schweizer Erfindergeistes sind innovative Medizinprodukte am Weltmarkt begehrt und auch ein Aushängeschild für den Schweizer Healthcare-Markt. „Unsere Gesundheitsversorgung ist erstklassig. Alle Menschen, die in der Schweiz leben, haben Zugang zu medizinischen Dienstleistungen“, sagt Swiss-Medtech-Präsident Dr. Beat Vonlanthen. Doch will sie ihre Position als einer der attraktivsten Medtech-Standorte der Welt dauerhaft stärken, braucht die Schweiz eine gemeinsame Strategie aller Akteure.

Zielbild zeigt Lösungen für Medtech-Markt der Zukunft

In seinem aktuellen Zielbild „Medtech-Standort Schweiz 2030“ skizziert Swiss Medtech einen Weg, wie die Schweiz ihre Attraktivität als Medtech-Standort dauerhaft stärken kann. Der Report beinhaltet unter anderem stabile Handelsbeziehungen, offene Märkte, Innovationsförderung sowie an die Medtech-Industrie angepasste Vergütungsmodelle. Die Reformagenda ist umso wichtiger, als die Wettbewerbsfähigkeit der Branche im Zusammenhang mit dem Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union geschwächt wurde. „Wer denkt, damit sei der Erfolgskurs der Schweizer Medtech gesichert, verkennt, wie hart der internationale Konkurrenzkampf ist“, so Vonlanthen.

Mit 63 000 Beschäftigten zählt die Branche heute ein Fünftel mehr Arbeitsplätze als noch vor zehn Jahren. Gut jede hundertste Arbeitskraft in der Schweiz ist unterdessen in der Medizintechnik tätig. Hinzu kommt ein jährliches Umsatzwachstum, das mit durchschnittlich 6 % deutlich über dem gesamtschweizerischen BIP-Wachstum liegt. Im Jahr 2020 erwirtschaftete die Unternehmen insgesamt rund 17.9 Mrd. CHF. Und ihre innovative Medizintechnik ist die Basis für eine erstklassige Gesundheitsversorgung. Die Bedeutung der Branche ist spätestens seit der Corona-Pandemie ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

MDR und Fachkräftemangel belasten die Medizintechnik-Hersteller

Die Schweizer Medtech-Branche steht jedoch nicht nur vor der Herausforderung, die Anforderungen der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) zu erfüllen, sondern muss auch die Produktion mit den hohen Qualitätsmaßstäben und der Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Die Branche könne im Hochlohnland Schweiz nur dann langfristig wettbewerbsfähig produzieren, wenn sie es schaffe, ihre Produktivität weiter zu steigern, so Swiss Medtech. „Ich sehe eine Chance für die Schweizer Medizintechnikindustrie, sich im Spannungsfeld von zunehmender Produktindividualisierung und industrieller Serienfertigung in punkto Gesamtkosten zu profilieren. Das gelingt ihr aber nur dann, wenn sie ihre Kernprozesse konsequent auf Effektivität und Effizienz trimmt“, ist Dr. Raphael Laubscher, der in sechster Generation das Zulieferunternehmen Laubscher Präzision AG führt und im Swiss-Medtech-Vorstand mitarbeitet, überzeugt.

Der Erfolg beruhe dabei maßgeblich auf der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte. Doch genau daran fehle es. Der Fachkräftemangel ziehe sich als große Sorge durch die gesamte Branche und betreffe nicht nur akademische Berufe, sondern insbesondere produktionsnahe Lehrberufe wie die des Polymechanikers. „Wir brauchen Mitarbeitende mit Fähigkeiten, die heute notwendig sind für das Medizintechnikgeschäft von morgen“, bringt es Laubscher auf den Punkt.


Zulassung von Medizinprodukten– Ausgangslage und Herausforderungen

Herausforderungen für die Schweiz

  • Nationale Versorgung der Bevölkerung mit Medizinprodukten nachhaltig sicherzustellen – in Bezug auf deren Qualität, Vielfalt und Verfügbarkeit
  • Innovative Medizinprodukte zum Patienten in der Schweiz zu bringen
  • Innovationskraft der Schweizer Medizintechnikbranche weiter zu stärken

Ausgangslage

  • Die Schweiz akzeptiert für die nationale Versorgung ausschließlich Medizinprodukte, die mit der Medizinprodukte-Regulierung der EU übereinstimmen und CE-gekennzeichnet sind.
  • Die Schweiz wird von der EU seit dem 26. Mai 2021 als Drittstaat eingestuft.
  • Um den gegenseitig privilegierten Zugang für Medizinprodukte wieder zu erlangen, ist die Aktualisierung des Mutual Recognition Agreements (MRA) Voraussetzung.
  • Als Folge des Drittstaat-Modus sind die Schweizer Behörden aus dem Marktüberwachungssystem der EU ausgeschlossen (beispielsweise kein Zugang zur europäischen Datenbank Eudamed). Zudem gibt es in der Schweiz keine europäische Zertifizierungsstelle mehr.

Forderung an Politik und Verwaltung

Die nationale Gesetzgebung muss so angepasst werden, dass auch Medizinprodukte aus vergleichbaren außereuropäischen Regulierungssystemen akzeptiert werden können. Dies gilt insbesondere für Medizinprodukte, die von der FDA zugelassen sind. Abzuwarten, bis die Bundesverwaltung festlegt, unter welchen Voraussetzungen eine Anerkennung außereuropäischer Regulierungssysteme möglich ist, wie es der Bundesrat in seiner ablehnenden Position zur Motion 20.3370 (Albert Rösti) schreibt, sei keine Option. Im Interesse der Versorgungssicherheit und Innovationsfähigkeit der Schweiz müsse jetzt gehandelt werden.

Quelle: www.swiss-medtech.ch


Kontakt zum Schweizer Medizintechnikverband:

Swiss Medtech
Freiburgstr. 3
CH-3010 Bern
www.swiss-medtech.ch

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