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Portugal investiert in sein Gesundheitssystem

Marktchancen in Portugal
Portugal: Wachstumsmarkt mit Bedarf an Hightech und Digitalisierung

Portugal: Wachstumsmarkt mit Bedarf an Hightech und Digitalisierung
Oliver Idem ist bei der GTAI Korrespondent für die iberische Halbinsel und empfiehlt, bei Geschäften mit Portugal die interkulturellen Aspekte zu beachten (Bild: Studio Prokopy)
Der öffentliche Gesundheitsdienst SNS verbessert seit Jahren sein Angebot an moderner Technik und digitalen Diensten. Für Hersteller aus den europäischen Nachbarländern bietet das gute Absatzmöglichkeiten, sagt GTAI-Marktexperte Oliver Idem – auch weil der aktuelle portugiesische Aufbau- und Resilienzplan umfangreiche Investitionen in das Gesundheitswesen umfasst.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de

Herr Idem, welche Möglichkeiten bietet der portugiesische Markt für Hersteller von Medizinprodukten?

Hersteller treffen in Portugal auf einen wachsenden Markt. Das Marktvolumen soll 2025 schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro betragen. Allerdings variiert je nach Abgrenzung der Produktgruppen die Marktgröße. Der portugiesische Aufbau- und Resilienzplan umfasst auch Investitionen in das Gesundheitswesen. Davon sind 300 Millionen Euro für Datennetze und resiliente IT-Systeme vorgesehen. Zudem fließen 225 Millionen Euro in die Ausrüstung und stärkere Digitalisierung von Krankenhäusern in Lissabon, Seixal und Sintra. In den Inselregionen Azoren und Madeira stehen Modernisierungen des staatlichen Gesundheitswesens im Wert von 45 Millionen Euro an.

Gesundheitsmarkt Portugal: Kleiner Markt – stark in E-Health

Wer kauft Medizinprodukte ein?

Der wesentlichste Nachfragefaktor sind auch insgesamt betrachtet die Krankenhäuser. Auf diese entfallen etwa drei Viertel des gesamten Medizintechnikabsatzes. Die Serviços Partilhados do Ministério da Saúde (SPMS) bündeln Beschaffungen des öffentlichen Sektors. Hinzu kommt der Bedarf privater Kliniken; das Beschaffungsvolumen ist allerdings niedriger als im öffentlichen Sektor.

Hat Corona den Bedarf verändert?

Die Corona-Pandemie hat einen zusätzlichen Schub für die Digitalisierung des Gesundheitswesens bedeutet. In diesem Punkt befindet sich Portugal im europäischen Vergleich bereits in einer guten Position. So sind elektronische Krankenakten und Rezepte etabliert, und telemedizinische Anwendungen werden für Konsultationen und in der Diagnostik eingesetzt. Vor der Coronakrise nutzten 87 Prozent der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen telemedizinische Anwendungen. Ein besonderer Vorreiter ist seit über 20 Jahren die Region Alentejo. Sie eignet sich wegen einer großen Ausdehnung und relativ geringen sowie verhältnismäßig alten Bevölkerung sehr für medizinische Anwendungen auf Distanz. Der SNS nutzt ebenfalls digitale Möglichkeiten, um Dienstleistungen anzubieten und Abläufe zu vereinfachen.

Mit welchen Produkten haben ausländische Hersteller Chancen in Portugal?

Wichtige Gruppen von Importprodukten sind beispielsweise Anästhesie-, Beatmungs- und Ultraschallgeräte. Zudem stammen Rollstühle, künstliche Gelenke und Herzschrittmacher oft aus dem europäischen Ausland. Technologisch gesehen bestehen auch Chancen bei den digitalen Anwendungen. Hier werden zum Beispiel öfter Robotik und Automation genannt, aber auch technische Unterstützung für optimierte Abläufe im Gesundheitswesen. In Portugal sind einige große ausländische Medizintechnikunternehmen ansässig. Die meisten lokalen Unternehmen sind mit durchschnittlich drei Mitarbeitern sehr klein. Aufgrund dieser Struktur konkurrieren in den meisten Produktgruppen eher ausländische Anbieter miteinander. Deutschland gehört neben Spanien zu den wichtigsten Bezugsländern für medizintechnische Produkte.

Wie gelingt der Markteinstieg?

Allgemein ist es zunächst wichtig, Kontakte aufzubauen. Das ist nicht unbedingt kompliziert, denn es gibt zentrale Akteure, wie den Fachverband Apormed und das Health Cluster Portugal. Manchmal unterschätzen ausländische Interessenten interkulturelle Aspekte, auch weil der Umgang in Portugal oft freundlich und unkompliziert ist. Beim Fällen von Entscheidungen spielen Hierarchien eine große Rolle. Nicht immer sind Führungspersonen leicht zu erreichen, doch kommt es letztlich auf sie an. Wichtig ist es, gut auf das Land einzugehen. So sind beispielsweise Informationen auf Portugiesisch willkommen. Dagegen kommt es oft nicht gut an, ein Gespräch einfach auf Spanisch zu beginnen.

Welche Vorgaben sind zu beachten?

Da Portugal ein EU-Mitgliedsstaat ist, gelten beispielsweise die gleichen EU-Richtlinien wie in Deutschland. Der rechtliche Rahmen dürfte deutschen Anbietern damit vertraut sein. Voraussetzung für den Vertrieb medizintechnischer Produkte in Portugal ist die Registrierung bei der Behörde Infarmed.

Welche Hürden gibt es?

Öffentliche Ausschreibungen in Portugal zeichnen sich meistens durch zwei Schwierigkeiten für ausländische Unternehmen aus: Sie sind einerseits komplex und werden andererseits oft kurzfristig angekündigt. Hinzu kommt, dass es wegen der finanziellen Situation und aufgelaufener Schulden im staatlichen Gesundheitssystem zu Verzögerungen bei Zahlungen kommen kann. Es kann hilfreich sein, bei der Markterschließung oder Ausschreibungen mit lokalen Partnern zu kooperieren. Zudem ist die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer sehr gut mit den wesentlichen staatlichen und privaten Akteuren vernetzt.

Was schätzen, Ihrer Erfahrung nach, Unternehmen besonders am Standort?

Nach meiner Erfahrung schätzen viele Unternehmen die Dynamik des portugiesischen Marktes. Er zählt nicht zu den größten in Europa, bietet aber Potenzial. Außerdem besitzt Portugal viele Unternehmen, die in Nischen besondere Kompetenzen aufgebaut haben und mit denen Kooperationen möglich sind. Das Land verfügt auch über mehr als 2000 Start-ups, von denen einige im Gesundheitsbereich aktiv sind. Zudem werden immer wieder durch ausländische Unternehmen die Fremdsprachenkenntnisse und die Motivation der Menschen gelobt.


Weitere Informationen

Oliver Idem beobachtet für GTAI (Germany Trade & Invest) von Madrid aus die Märkte auf der iberischen Halbinsel. Die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing informiert deutsche Unternehmen über Auslandsmärkte und berät zudem ausländische Unternehmen mit Interesse an einer Geschäftstätigkeit in Deutschland.

www.gtai.de


Kontakt zum Marktexperten:

Germany Trade & Invest (GTAI)
Oliver Idem
Avenida Pío XII, 26-28
28016 Madrid/Spanien
Mail: oliver.idem@gtai.de
www.gtai.de

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