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Medizintechnik-Markt Österreich: Was das Land gerade braucht

Marktchancen
Österreich ist offen für Neues

  Fast die Hälfte der österreichischen Medizintechnik-Importe kommt aus Deutschland. Und die Nachfrage wächst weiter. Auch als attraktiver Standort für Forschung und Entwicklung sowie Produktion kann die Alpenrepublik bei ausländischen Herstellern punkten.

Bettina Gonser
Freie Journalistin in Stuttgart

Faltengebirge im Gesicht werden auch im Alpenland Österreich als unschön empfunden. Wo die Natur versagt, muss die Schönheitsmedizin nachbessern. Laut einer Online-Umfrage im Auftrag der Croma-Pharma GmbH aus dem niederösterreichischen Korneuburg hat sich bereits jeder zehnte Österreicher respektive Österreicherin einer Schönheitsbehandlung unterzogen. 7 % ließen schon einmal eine Schönheitsoperation machen.

Gerade im Bereich der Ästhetischen Medizin verspricht sich die Zimmer Medizinsysteme GmbH denn auch in Österreich gute Geschäfte. Bislang wurden dort lediglich die Produkte für die Physikalische Therapie über Händler vertrieben. Jetzt startet das Familienunternehmen aus dem bayerisch-schwäbischen Neu-Ulm mit einem eigenen Direktvertrieb voll durch.

„Wir platzieren unser Gesamtportfolio auf diesem sehr spannenden und auch wachsenden Markt“, sagt Marketing-Leiter Karl Keis. Dazu zählen auch die Bereiche Herz-Kreislauf-Diagnostik sowie die Ästhetische Medizin mit Geräten zur Fettreduktion mittels Cryolipolyse oder Kaltluftgeräten zur Kühlung der Haut bei Laser- und Intense-Pulsed-Light-Anwendungen (IPL) oder Injektionen. Mittelfristig werden Umsätze im siebenstelligen Bereich erwartet.

„Österreich hat das Potenzial“, betont Keis. Bis Mitte nächsten Jahres sollen zehn Medizinproduktberater im ganzen Land unterwegs sein, sie besuchen niedergelassene Physiotherapeuten und Ärzte. Die Struktur im Gesundheitswesen sei mit der deutschen nahezu identisch, daher passe auch die Direktvertriebsstruktur sehr gut: So sei eine viel bessere Marktabschöpfung möglich. Sitz der Zimmer Medical Österreich GmbH ist im oberösterreichischen Vöcklabruck.

Fast die Hälfte der Importe kommt aus Deutschland

Oberösterreich ist neben Wien mit Niederösterreich sowie Salzburg eines der Zentren der heimischen Life-Sciences-Landschaft. Unternehmen wie Greiner Bio-One, das unter anderem Probenentnahmesysteme für Blut, Urin und Speichel herstellt, oder Med-El, Spezialist für implantierbare Hörsysteme, zählen zu den großen Vertretern der österreichischen Medizintechnik-Branche, die vor allem durch Klein- und Kleinstbetriebe geprägt ist und in Nischen produziert.

Fast alle medizintechnischen Produkte „Made in Austria“ werden ausgeführt: Der Exportanteil liegt laut Branchenreport der Außenhandelsagentur Germany Trade & Invest (GTAI) bei 98 %. Folglich wird die inländische Nachfrage weitestgehend durch Importe befriedigt: Fast die Hälfte davon kommt aus Deutschland, das bei Produktgruppen wie Medizinmöbeln oder Rollstühlen auf Marktanteile von über 70 beziehungsweise 80 % kommt. Weitere wichtige Lieferländer sind die Niederlande, die USA und die Schweiz.

Österreichs Gesundheitssystem zählt zu den besten in Europa. Die Gesundheitsausgaben lagen 2015 bei 37,6 Mrd. Euro und machten damit rund 11 % vom Bruttoinlandsprodukt aus. Rund 75 % der Ausgaben entfallen auf den öffentlichen Sektor. Während gesetzliche Krankenkassen und öffentliche Spitäler die Kosten senken müssen, belebt die private Vorsorge das Marktwachstum.

Tendenziell wird mit einer weiter wachsenden Nachfrage nach Medizinprodukten gerechnet. Branchenbeobachter sehen laut GTAI einen steigenden Bedarf unter anderem in Bereichen wie Elektrodiagnose und Endoskopie, aber auch bei Heimpflege und Rehabilitation. Der Anteil von Investitionen aus privater Hand im Gesundheitswesen lag 2014 bei 40 %.

Eine aktuelle Studie zum Thema „Industrie 4.0 in Österreich“, herausgegeben vom Bundeswirtschaftsministerium in Berlin, sieht sehr gute Markteintrittschancen für Unternehmen, die hoch innovative Lösungen für die Medizintechnik-Industrie oder die Forschung anbieten können. Gesundheits-Apps, die Elektronische Gesundheitsakte und das Internet würden bereits intensiv genutzt.

Österreich macht sich für Neuerungen stark und fördert Forschung und Entwicklung mit barer Münze. Unternehmen können derzeit 12 % ihrer Ausgaben für Forschung und Entwicklung steuerlich geltend machen, 2018 wird die so genannte Forschungsprämie auf 14 % erhöht. 2016 schütteten Bund und Länder knapp 528 Mio. Euro an Unternehmen aus, 2017 sollen es bereits 628 Mio. Euro sein.

Laut ABA – Invest in Austria, der Bundesagentur für Industrieansiedlung und Wirtschaftswerbung, sollen die Investitionen in Forschung und Entwicklung in diesem Jahr erstmals auf 11,3 Mrd. Euro anwachsen: Knapp die Hälfte davon stammt aus dem Unternehmenssektor, mehr als 15 % kommen aus dem Ausland.

Attraktiver Standort für Forschung und Entwicklung

Insbesondere in den Stärkefeldern moderner Biotechnologien, Medizintechnik und Krebsforschung hat sich das Land laut ABA zum gefragten Innovationsstandort entwickelt.

„Interessante Partner sowie ein ansprechendes Umfeld, das heißt die gute Anbindung an Kliniken, Universitäten und universitäre Forschungseinrichtungen machen Österreich zum attraktiven Standort für Forschung und Entwicklung und Produktion“, sagt Stefan Pollak. Pollak ist Geschäftsführer Finanzen bei der Otto Bock Healthcare Products GmbH in Wien. Die Tochtergesellschaft des Prothetikspezialisten Ottobock aus dem niedersächsischen Duderstadt wurde 1969 in Salzburg gegründet und ist seit 1972 mit einer Niederlassung in Wien vertreten.

Wien ist einer der bedeutendsten F&E-Standorte und gleichzeitig ein internationales Kompetenzzentrum für Mechatronik innerhalb der Otto-Bock-Firmengruppe. Hier werden Hightech-Prothesen für den Weltmarkt entwickelt und gefertigt. Rund ein Drittel der 670 Beschäftigten arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung.

Von Wien aus geht das Unternehmen nationale und internationale Kooperationen auf diesem Gebiet ein, dazu zählen Projekte im Bereich klinische Forschung, Technologien und Materialien. Bei einem Umsatz von 123,5 Mio. Euro wurden 2016 knapp 28 Mio. Euro für Forschung und Entwicklung aufgewendet. Bis 2020 ist ein Umsatzwachstum auf 160 Mio. Euro geplant, die Zahl der Mitarbeiter soll auf rund 700 anwachsen.

„Dem Idealbild der Natur möglichst nahe zu kommen, ist Ziel unserer Forschung und Entwicklung“, sagt Pollak. Beispiele dafür sind die Michelangelo-Hand, die dem Träger zahlreiche Funktionen der natürlichen Hand zurückgibt, und das Beinprothesensystem Genium X3, mit dem sich selbst sportliche Freizeitaktivitäten locker bewältigen lassen. Beide wurden in Wien entwickelt. Am österreichischen Medizintechnik-Markt schätze man die Nähe zu den lokalen Anwendern, die Rückmeldungen zu den Produkten seien wichtig: „Sie fließen in die künftige Forschung und Entwicklung bei Ottobock mit ein.“


Weitere Informationen

Über Zimmer Medizinsysteme:

www.zimmer.de

Über Ottobock:

www.ottobock.com

Über Germany Trade & Invest:

www.gtai.de

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