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CO-Laser als potenzielles Werkzeug für die Laserchirurgie

Lasertechnik
CO-Laser auf dem Weg in die Chirurgie

Nach aktuellen Erkenntnissen des Laserspezialisten Coherent könnte der Kohlenmonoxid (CO)-Laser ein noch besseres chirurgisches Werkzeug als der CO2-Laser werden. Zusammen mit den Vorteilen der flexiblen Faserführung eignet sich der Multi-Wellenlängenbereich des CO-Lasers für Laseroperationen an stark durchbluteten Organen und sorgt für eine gute Verschweißung von Gewebe und Gefäßen.

Kohlenmonoxid (CO)- und Kohlendioxid (CO2)-Laser sind ähnliche Laser, die beide vor fast 60 Jahren zum ersten Mal demonstriert wurden, aber seitdem sehr unterschiedliche Flugbahnen aufweisen. CO2-Laser haben eine lange und erfolgreiche Geschichte medizinischer (und industrieller) Anwendungen, die von der Podologie bis zur Ästhetik (Hautoberflächenbehandlung) reichen. Im Gegensatz dazu erforderten CO-Laser extreme Kühlungsschemata und konstante Gasnachfüllung und waren meist auf Laboranwendungen beschränkt, vor allem weil es sich als schwierig erwies, abgedichtete CO-Laser herzustellen, die das gleiche hohe Maß an Zuverlässigkeit und Lebensdauer wie CO2-Laser bieten.

Inhaltsverzeichnis

1. CO-Laser für chirurgische Anwendungen nutzbar machen
2. Deutlich größere Eindringtiefe ins Weichgewebe
3. Gewebe-Interaktion – Koagulation vs. Ablation
4. Fotokoagulation minimiert die Blutung von Gewebe
5. Wirkung auf Gewebeproben
6. Erste Studie ermittelt Verteilung der Laserleistung
7. Weitere In-vivo-Studien erforderlich
8. Fasern – mögliche flexible chirurgische Optionen
9. Wahl des geeigneten Zuführungskabels
10. Biegeunempfindliche PIR-Faser aus Silberhalogenid-Mischkristallen

 

CO-Laser für chirurgische Anwendungen nutzbar machen

In den letzten Jahren hat sich diese Situation völlig verändert, da die Ingenieure von Coherent die gleichen Technologien, die zur Herstellung von geschlossenen CO2-Lasern verwendet werden, auch auf die Herausforderungen bei CO-Lasern anpassen. Das Endergebnis ist eine Reihe von schlüsselfertig versiegelten CO-Lasern mit ausgezeichneter Effizienz bei Raumtemperatur, die eine Lebensdauer im Bereich von Tausenden von Stunden aufweisen. Ingenieure und Wissenschaftler beginnen nun, das einzigartige Wellenlängenregime in verschiedenen Anwendungen, einschließlich möglicher chirurgischer Anwendungen, zu nutzen.

Deutlich größere Eindringtiefe ins Weichgewebe

Der Kohlendioxidlaser erzeugt seine Leistung bei einer Wellenlänge im tiefen Infrarot von 10,6 Mikrometern. Der Erbium (Er)-Laser, der sich in einigen medizinischen (beispielsweise dermatologischen) Anwendungen etabliert hat, hat eine viel kürzere Ausgangswellenlänge von drei Mikrometern. Aber bis vor kurzem gab es keine kommerziellen Laserquellen mit chirurgisch relevanten Leistungsniveaus in der großen Lücke zwischen diesen beiden. Daher hat der CO-Laser eine drei- bis viermal größere Eindringtiefe in das Weichgewebe als die etablierten medizinischen Laser. Gleichzeitig wird die Wellenlänge des CO-Lasers nahe sechs Mikrometer jedoch deutlich stärker vom Weichgewebe absorbiert als bei 10,6 Mikrometer (man beachte die exponentielle Skala für die Absorption), was zu einer besseren Abtragseffizienz führt, wenn der Laserstrahl auf das Gewebe fokussiert wird.

Gewebe-Interaktion – Koagulation vs. Ablation

Unterschiede in der Absorption und Penetration aufgrund der Laserwellenlänge bedeuten, dass die gesamte Laser-Gewebe-Wechselwirkung mit dem CO-Laser im Vergleich zum CO2-Laser weniger intensiv und besser lokalisiert ist. Dies wirkt sich direkt auf die Fähigkeit des Lasers aus, Gewebe zu verschweißen und Blutgefäße und anderes Gewebe tiefer zu koagulieren, im Verhältnis zu seiner Fähigkeit, Gewebe zu zerstören. Diese drei Prozesse sind stark abhängig von der lokalisierten erhöhten Temperatur, die in der Laser-/Gewebe-Wechselwirkungszone erreicht wird, und hängen auch vom Gewebetyp ab. So wird beispielsweise Fettgewebe im Gegensatz zu Muskelgewebe geschmolzen, aber nicht koaguliert.

Ein tieferes Eindringen des Lasers in stark vaskularisiertes Gewebe ist bei gefäßreichen Organe wie Lunge, Leber oder Niere erforderlich – wo eine sehr hohe Laserabsorption einen besseren Ablations- (Schneide-) Effekt an der Gewebeoberfläche ermöglicht, aber zu nicht zu stoppenden Blutungen führen kann, wenn auch kleine Arterien durchtrennt werden. Ein tieferes Eindringen des CO-Lasers in das Gewebe führt auch zu einer Erwärmung des Gewebes unterhalb der Ablationszone – was die Effizienz der Gewebeablation erhöht.

Fotokoagulation minimiert die Blutung von Gewebe

Die detaillierte Wirkung eines Lasers auf das Gewebe hängt von der tatsächlichen Temperatur ab. Bei der mäßig erhöhten Temperatur von 45 Grad Celsius beginnt sich das Hauptstrukturprotein Kollagen aufzulösen (abzuwickeln), wodurch das Gewebeschweißen ermöglicht wird. Wenn die Lasererwärmung die lokale Temperatur auf bis zu 60 Grad Celsius erhöht, wird das meiste Gewebe koaguliert und versiegelt. Dies geht mit einem Farbverlust einher: Das Gewebe wird blanchiert und kann recht weiß erscheinen. Eine optimierte Photokoagulation ist der Schlüssel beim Schweißen und Schneiden von hochvaskularisiertem Gewebe, wie es beispielsweise bei der Operation bestimmter Organe zur Entfernung von Krebs oder aus anderen Gründen vorkommen kann.

Aus medizinischer Sicht führt die Fotokoagulation zur Blutstillung der Blutgefäße und minimiert die Blutung von Gewebe. Dies ist ein zentrales Anliegen bei einer Vielzahl von chirurgischen Eingriffen und ein wesentlicher Vorteil der Laserchirurgie. Oberhalb von 100 Grad Celsius kocht Wasser und hilft beim Abtragen von Weichgewebe, sodass das Gewebe geschnitten werden kann, während noch höhere Temperaturen 125 Grad Celsius in der Regel vermieden werden, um Gewebeverbrennungen und Karbonisierung zu verhindern.

Wirkung auf Gewebeproben

Anwendungswissenschaftler der art photonics GmbH, Berlin, haben ex-vivo untersucht, wie das Gewebe von Herz, Muskel und Leber eines Tieres unter ähnlichen Schnittbedingungen mit einem CO2-Laser (Coherent GEM 40A) und einem CO-Laser (Coherent C-55L-5) reagiert hat. (Die frischen Gewebeproben wurden von human getöteten Tieren gewonnen). Die Schnittbedingungen wurden so ausgelegt, dass die beiden Laser nahezu identisch sind – mit einem Laserausgangsfleck von 0,5 Millimeter Durchmesser, der in einer Tiefe von zwei Millimetern im Gewebe fokussiert ist, und mit einer auf acht Watt eingestellten Leistungsstufe an der Gewebeprobe. Beide Laser wurden im CW-Betrieb ohne Pulsung betrieben.

Die hydratisierten Gewebeproben wurden auf einer Verstellbühne unter fester Optik montiert, sodass auch die Ergebnisse aus unterschiedlichen Schnittgeschwindigkeiten (1, 2 und 4 Millimeter pro Sekunde) verglichen werden konnten. Nach dem Schneiden wurden die Proben eingefroren und mit einem Skalpell senkrecht zur Laserschnittrichtung geschnitten. Dies ermöglichte eine einfache Abbildung von Querschnittsansichten der Laserschnitte, um qualitative und quantitative Unterschiede beurteilen zu können.

Erste Studie ermittelt Verteilung der Laserleistung

In einer Studie wurde festgestellt, dass der CO2-Laser tiefere, schmalere Schnitte erzeugt, während der CO-Laser zu breiteren Schnitten und einer tieferen Koagulationszone führt. Dies bestätigt, dass die geringere Absorption ein tieferes Eindringen der CO-Laserstrahlung in das Gewebe ermöglicht und dazu führt, dass die Laserleistung in einem größeren Gewebevolumen deponiert wird. Das heißt, ein geringerer Temperaturanstieg über ein größeres Volumen verteilt. Umgekehrt bedeutet die höhere Absorption des CO2-Lasers, dass die Energie dieses Lasers in einem kleineren Oberflächenvolumen des Gewebes deponiert wird, was zu einer intensiveren, begrenzten Erwärmung und einem höheren Verhältnis von Ablation/Koagulation im Vergleich zum CO-Laser führt.

Weitere In-vivo-Studien erforderlich

Es ist wichtig zu beachten, dass all diese ersten Daten vorläufig sind – da die Laserinteraktion mit Gewebe In vivo nicht zuletzt wegen der Kühlung durch den Blutfluss ganz anders sein wird als bei Ex-vivo-Studien, während die Gefäßhämostase insbesondere in den Arterien aufgrund des hohen Blutdrucks schwieriger sein wird. Daher werden zukünftige In-vivo-Studien an verschiedenen Organen als nächster Schritt für einen gründlicheren Vergleich von CO- & CO2-Lasern erforderlich sein.

Jetzt kann nur ein einziger experimenteller Fakt für einen CO-Laser genannt werden, der In vivo für eine Kaninchenarterie verwendet wurde (das Kaninchen war hierbei unter Vollnarkose). Zuerst wurde die Haut entfernt, um die Oberschenkelarterie von zwei Millimetern Außendurchmesser freizulegen. Diese wurde mit einem defokussierten Strahlfleck (Durchmesser vier bis fünf Millimeter) koaguliert, der von einem IR-Faserkabel eines versiegelten cw-CO-Lasers geliefert wurde. Insbesondere 15 Sekunden Beleuchtung mit zwei Watt Ausgangsleistung führten zu einer Aufhellung und Verengung der Arterie. Dann wurde sie durch den fokussierten Strahl innerhalb weniger Sekunden – ohne Blutung – durchtrennt, obwohl der Blutdruck in der Oberschenkelarterie hoch war.

Fasern – mögliche flexible chirurgische Optionen

Ein nächster Schritt wäre die Wiederholung dieser Studien an lebendem Säugetiergewebe. Diese vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass der CO-Laser vor allem dort eingesetzt werden könnte, wo die Photokoagulation eine wesentliche Voraussetzung für eine zuverlässige Gefäßhämostase ist. Beispiele sind Gewebeschweißen, Gefäßbefestigung, Transplantation und Mikrochirurgie an vaskularisierten Organen.

Diese Arten von Operationen sind mit den üblicherweise verwendeten hohlen Gelenkspiegelarmen, die häufig zur Abgabe der 10,6 Mikrometer Wellenlänge des CO2-Lasers verwendet werden, nur schwer oder gar nicht zu realisieren. Im Gegensatz dazu kann die flexible Faserzuführung des chirurgischen Lasers für viele Verfahren entscheidend sein.

Wahl des geeigneten Zuführungskabels

Gegenwärtig sind flexible Kabel auf Basis herkömmlicher Silika-Fasern auf den Spektralbereich unter 2,1 Mikrometer beschränkt. Für das mittlere Infrarot könnte ein geeignetes Zuführungskabel auf drei möglichen Alternativen basieren: Hohlwellenleiter (HWG), Chalkogenid-IR-Glasfasern und polykristalline Silberhalogenid-PIR-Fasern. Chalkogenid-Glasfasern sind nicht optimal, da sie spröde und das Material giftig ist, während Hohlwellenleiter bereits seit vielen Jahren als flexible Kabel für medizinische CO2-Laser verwendet werden. Ihr Design basiert auf Siliziumdioxidkapillaren mit intern abgeschiedenen Ag/AgI-Schichten, und sie werden von Molex kommerziell hergestellt. Die Innendurchmesser sind im Bereich von 0,5 bis 1 Millimeter für die CO2-Laserübertragung bei 10,6 Mikrometer bis zu 85 bis 90 Prozent (bei einer Länge von einem Meter ohne Biegung) erhältlich.

Biegeunempfindliche PIR-Faser aus Silberhalogenid-Mischkristallen

Leider sind Hohlwellenleiter sehr biegeempfindlich, mit einem schnellen Abfall der Übertragung selbst bei einem Biegeradius von bis zu 20 Zentimetern. Glücklicherweise gibt es jetzt eine bessere Alternative – polykristalline PIR-Fasern, die aus Silberhalogenid-Mischkristallen hergestellt werden. Im Gegensatz zu Hohlwellenleitern ist die ungiftige PIR-Faser sehr flexibel, nicht spröde und selbst bei Biegungen von 2,5 Zentimeter Radius wesentlich weniger biegeempfindlich. PIR-Fasern übertragen auch bei einem Biegeradius von zwei bis drei Zentimeter fast die gleiche Leistung und können auch eine stabile Übertragung unter Biegung für die CO-Laserwellenlängen bieten (wo die optischen Verluste der PIR-Faser höher sind als 10,6 Mikrometer, aber immer noch niedrig genug für eine gute Übertragung).

Für den fünf bis sechs Mikrometer CO-Laser-Wellenlängenbereich gibt es noch keine Hohlwellenleiter. Wichtige Ziele für die aktuelle Entwicklung von flexiblen Kabeln für CO-Laser gibt es bei der Verbesserung der PIR-Faserübertragung für den fünf bis sechs Mikrometer-Bereich durch Verwendung von Anti-Reflexionsterminierung sowie der HWG-Entwicklung auch für diesen Bereich. Erst dann können die beiden flexiblen Übertragungstechnologien fair verglichen und für die praktische Anwendung von CO-Lasern bewertet werden.

Autoren:
Dr. Matthias Schulze, George Oulundsen und Dan Attanasio, Coherent
Viacheslav (Slava) Artyushenko, art photonics


Kontakt zum Unternehmen
Coherent
Dieselstr. 5b
64807 Dieburg
Website: www.coherent.de

Weitere Informationen: www.artphotonics.com

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