Soziale Netzwerke im Internet wissen auch über Nicht-Mitglieder Bescheid: Unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, etwa 40 % der existierenden Freundschaftsbeziehungen zwischen Nicht-Mitgliedern korrekt vorherzusagen.
Was können soziale Netzwerke im Internet über Menschen wissen, die selbst kein Nutzerprofil besitzen, aber Freunde von Mitgliedern sind? Das haben Forscher des Interdisziplinären Zentrums für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg untersucht.
Ihre Arbeiten zeigen, dass sich Informationen aus der Netzwerkstruktur von Mitgliedern auf Nicht-Mitglieder übertragen und mit Hilfe von netzwerkanalytischen Strukturmerkmalen auswerten lassen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, etwa 40 % der existierenden Freundschaftsbeziehungen zwischen Nicht-Mitgliedern auf der Basis reiner Kontaktdaten korrekt vorherzusagen.
In einem sozialen Netzwerk können auch Angaben wie sexuelle Orientierung oder politische Ausrichtung, die ein Mitglied nicht selbst angegeben hat, mit sehr hoher Präzision „berechnet“ werden, wenn genug Freunde des betreffenden Nutzers die entsprechende Information über sich selbst freigegeben haben. „Sobald bestätigte Freundschaftsbeziehungen bekannt sind, ist die Vorhersage bestimmter unbekannter Eigenschaften keine allzu große Herausforderung mehr für die maschinelle Datenanalyse“, sagt Prof. Dr. Fred Hamprecht, Mitbegründer des Heidelberg Collaboratory for Image Processing (HCI).
Untersuchungen dieser Art beschränken sich bislang jedoch auf Nutzer von sozialen Netzwerken, also auf Personen, die dort über ein Nutzerprofil verfügen – und damit den jeweiligen Datenschutzbedingungen zugestimmt haben. „Nicht-Mitglieder besitzen hingegen keine derartige Vereinbarung. Aus diesem Grund haben wir ihre Anfälligkeit für die automatische Generierung sogenannter Schattenprofile untersucht“, erläutert Prof. Dr. Katharina Zweig, die bis vor kurzem am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) der Universität Heidelberg tätig war.
„Unsere Untersuchung hat deutlich gemacht, welches Potenzial soziale Netzwerke besitzen, um Informationen über Nicht-Mitglieder abzuleiten. Die Resultate sind auch deshalb erstaunlich, weil sie auf reinen Kontaktdaten beruhen“, betont Prof. Hamprecht.
Viele soziale Netzwerke und Dienstleister verfügen jedoch über weitaus mehr Informationen der Nutzer, etwa Alter, Einkommen, Ausbildung oder Wohnort. Mit der Verwendung solcher Angaben, einer entsprechenden technischen Infrastruktur und weiteren Strukturmerkmalen der Netzwerkanalyse ließe sich – so die Wissenschaftler – die Vorhersagegenauigkeit vermutlich noch deutlich steigern. „Insgesamt zeigt unser Projekt damit auf, dass wir als Gesellschaft eine Vereinbarung dafür finden müssen, inwieweit Informationen genutzt werden dürfen, zu denen es keine Freigabe der betroffenen Personen gibt“, sagt Prof. Zweig.
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