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Der Mumien-Käse

Archäologie: 4000 Jahre altes Käserezept entschlüsselt
Der Mumien-Käse

Max-Planck-Forscher in Dresden rekonstruieren anhand von Proteinen ein Käserezept aus der frühen Bronzezeit. Der Käse war Grabbeigabe einer weiblichen Mumie und wurde mit Bakterien und Hefe, nicht mit Lab hergestellt.

Normalerweise analysiert das Team von Andrej Shevchenko am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden Proteine und Fette in Zellen von Fruchtfliegen oder Fadenwürmern. In diesem Fall hatten die Forscher aber außergewöhnliche Proben in ihren Apparaten: Unförmige Brocken, die sich als Käsereste aus der frühen Bronzezeit entpuppten und somit den bisher ältesten bekannten Käse darstellen.

Die Käsebrocken sind Grabbeigaben, die auf Hals und Brust einer rund 4000 Jahre alten mumifizierten Leiche aus dem Gräberfeld Xiaohe in Xinjiang im westlichen China gefunden wurden. Aus der Analyse konnten die Forscher das Rezept des Käses rekonstruieren: Wie Kefir wurde er aus Milch hergestellt, die mit einem Gemisch aus Bakterien und Hefe versetzt und zum Gären gebracht wurde.
Der 4000 Jahre alte Xiaohe-Käse sind die ältesten bisher gefundenen Überreste eines Milchprodukts. Aufgrund des extrem trockenen Klimas in der Wüste Taklamakan, in dem sich das Xiaohe-Gräberfeld befindet, waren die Käse-Überreste bestens erhalten – großes Glück für die Forscher in Dresden. Der Mumien-Käse wurde mit Bakterien und Hefe, nicht mit Lab hergestellt: „Dazu mussten also keine Jungtiere geschlachtet werden – ein großer Vorteil dieses Herstellungsverfahrens“, so Shevchenko.
Das könnte dazu beigetragen haben, dass sich Viehhaltung im größeren Maße auch in ganz Asien verbreitet hat, so seine Interpretation. „Die Herstellung dieses Kefir-Käses ist einfach, er wird nicht schnell ranzig oder verdirbt – der Käse hat die besten Voraussetzungen dafür, in Massenproduktion hergestellt zu werden.“ Bei der Fermentation mit Kefirknollen entsteht außerdem als Vorstufe zum Käse das als Kefir bekannte probiotische Milchgetränk, beide Produkte enthalten kaum Laktose – ideal für die in Asien lebenden Bevölkerungsgruppen, die vornehmlich eine Laktoseintoleranz aufweisen.
„Die Archäologie hatten wir eigentlich nie auf dem Schirm. Da sind wir einfach durch eine Mail-Anfrage des chinesischen Archäologen Yimin Yang hineingerutscht“, sagt Shevchenko. Der hatte die Idee, seine Funde mit hochmodernen quantitativen Proteomik-Methoden analysieren zu lassen und schickte den Dresdner Forschern dann die ersten Käsebrocken. Dazu mussten sie erst Methoden entwickeln, mit denen man Proteine von Organismen mit bisher unsequenziertem Erbgut identifizieren kann. Damit sind die Projekte echte Pionierarbeit und zeigen nun vor allem, dass die quantitative Proteomik nicht nur in der biomedizinischen Forschung sinnvoll einsetzbar ist, sondern auch für die Archäologie eine vielversprechende Methode sein könnte.
Weitere Informationen: Meldung des MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik
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