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Tausche Skalpell gegen Computer

IT-Vernetzung im OP: Neue Anforderungen an den Chirurgenberuf
Tausche Skalpell gegen Computer

Das Berufsfeld des Arztes verändert sich mit zunehmender IT-Vernetzung. Neben dem Umgang mit Zange und Skalpell ist Erfahrung mit computerbetriebenen Navigationssystemen und Bildgebungsverfahren gefragt. Das erfordert neue Richtlinien im Risikomanagementprozess IT-vernetzter OP-Systeme.

Drahtlos vernetzte Bildschirme mit 3D- animierten Navigations- und Planungsbildern umgeben den Chirurgen bei seiner Arbeit am OP-Tisch und schaffen Orientierung beim Eingriff. In Echtzeit werden die patientenindividuellen Planungsdaten an die intraoperativ gewonnenen Ultraschalldaten angepasst. Dieses Szenario, das vor allem in der komplexen Leberchirurgie noch vor wenigen Jahren als eine Vision galt, steht nun kurz vor der Realisierung: „Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir beim Verbund ‚Fusion‘ an der Echtzeitfähigkeit der Bildregistrierung. Aufgrund der ständigen Bewegung und Deformation der Leber ist das eine enorm große Herausforderung. Sollte uns dies gelingen, wird das die Chirurgie revolutionieren“, sagt Dr. Raimund Mildner, Projektkoordinator des Somit-Verbunds Fusion.

Mit Lübeck als Zentrum bildet ‚Fusion‘ eine innovative Plattform für die Entwicklung und Umsetzung prozessoptimierter Verfahren zum schonenden und präzisen Operieren in der inneren Chirurgie. Die Plattform genießt im Bereich der modernen Leberchirurgie einen guten internationalen Ruf. Wie auch bei den beiden weiteren Somit-Verbünden orthoMIT (Schwerpunkt: Orthopädie und Traumatologie) und CoHS (Schwerpunkt: Presbyopie-Diagnose und -Therapie) gilt der schnelle Wissens- und Technologietransfer zwischen Medizin, Wissenschaft und Wirtschaft als treibende Kraft bei der Entwicklung innovativer Technologien zum schonenden Operieren. Ergebnisse aus unterschiedlichen Technikfeldern, wie beispielsweise Optik, Bildgebung, Robotik, Mikrosystemtechnik und Informationstechnologie werden mit klinischen Entwicklungslinien so kombiniert, dass minimal-invasive, anwenderfreundliche und integrative OP-Systeme entstehen.
Das Handanlegen mit Skalpell und Zange und das persönliche Augenmaß des Chirurgen werden in Zukunft mit minimal-invasiven Instrumenten und computerbetriebenen Navigationsverfahren unterstützt. Sensorbasierte Planungs- und Navigationssysteme gehören ebenso zu den unter der Leitvision „Schonendes Operieren mit innovativer Technik“ (Somit) entwickelten Verfahren wie hochpräzise Laseranwendungen, mit denen Operationen in Zukunft schneller, sicherer und schonender durchgeführt werden können. „Hinter all diesen Verfahren verbirgt sich ein hochkomplexes technisches Know-how, das die Mediziner vor große Herausforderungen stellt und einen engen Austausch zwischen Entwicklern und Anwendern erfordert, um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten“, sagt Prof. Dr. Fritz U. Niethard, Sprecher des Verbunds orthoMIT. Die IT-Vernetzung prägt seiner Ansicht nach die Zukunft des Chirurgen. Prof. Niethard, der auch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) ist, betont: „Der Arzt muss künftig auch in der Lage sein, hochtechnologische Verfahren computerunterstützt zu bedienen.“ Der unmittelbare Blick ins Innere des Patienten verlagere sich auf die Bilddaten der Monitore, anhand derer der Chirurg die damit vernetzten minimal-invasiven Instrumente navigiert. Niethard: „Als Ärzte brauchen wir ein einheitliches, anwendungsfreundliches System im OP, um den Patienten bestmöglich zu versorgen.“
Die neuen Anforderungen an den Chirurgen werden auch im Querschnittsprojekt „Aus- und Weiterbildung“ berücksichtigt. In diesem interdisziplinären Teilprojekt werden Trainings- und Simulationssysteme entwickelt. So auch der Laparoskopie-Simulator: Durch ihn können realistische Simulationen großräumiger Resektionen durchgeführt werden – mit haptischer Rückkopplung an den Bediener. Ein weiteres Beispiel ist der LiverSurgeryTrainer, an dem operative Interventionen patientenindividuell bereits am Vortag der OP unter verschiedenen Gesichtspunkten durchgespielt und geplant werden können.
Um den störungsfreien Betrieb komplexer IT-Systeme und damit die Patientensicherheit zu gewährleisten, wird das Risikomanagement für IT-Netzwerke zu einer wichtigen Kernkompetenz für Krankenhäuser. Daten müssen schnell und sicher an Arzt und Technik übertragen werden. Dazu müssen Sicherungsmechanismen entwickelt werden, die zwischen den Herstellern unterschiedlicher Komponenten und zwischen Herstellern und Betreibern wirksam sind. Im Rahmen der Leitvision Somit wurde im VDE eine Studie entwickelt, die zeigt, wie der Risikomanagementprozess für IT-Netzwerke im OP anhand der internationalen Norm IEC 80001–1 zweckmäßigerweise durchzuführen ist. Die Empfehlung der Studie: Jede Klinik sollte einen „Medical IT Risk Manager“ benennen, der den Risikomanagementprozess IT-vernetzter Systeme im Krankenhaus koordiniert und überwacht. Gemeinsam mit den Partnern Siemens und Dräger wurde das Fusion-Cockpit entwickelt, das den Datentransfer in und aus dem OP-Bereich in lokale und globale IT-Netzwerke des Krankenhauses gewährleistet.
Yvonne Küchler Journalistin in Berlin

Ihr Stichwort
  • Navigationssysteme
  • Bildgebungsverfahren
  • IT-vernetzte OP-Systeme
  • 3D-Rekonstruktion von CT- und MRT Daten

  • OP mit 3D
    Der von MeVis Research, Bremen, entwickelte Planungsassistent ermöglicht auf Basis moderner 3D-Rekonstruktion der CT- und MRT-Daten, die Operation des Patienten vor dem Eingriff genau zu planen. Die Resultate werden durch die Vernetzung des Planungsassistenten mit den intraoperativen Assistenzsystemen während der Operation auf die Umgebung des Eingriffs übertragen. Mittels optischem und elektromagnetischem Tracking kann sich der Chirurg die Position der von ihm geführten Instrumente (Skalpell, Laser, Dissektoren) in den angepassten Planungsdaten anzeigen lassen. Beim intra-operativen Chirurgieassistenten übernimmt ein integriertes Leistungssteuerungssystem die Abschaltung der Leistung, sobald sich das jeweilige Instrument einer sensiblen Struktur nähert oder sich unzulässig weit von der Lokalität einer geplanten chirurgischen Handlung entfernt.
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