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Intelligente Technik für die Gesundheit

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Intelligente Technik für die Gesundheit

Mikrotechnologie | Eine alternde Gesellschaft benötigt technische Innovationen, um die Lebensqualität der Bevölkerung zu erhalten und die Folgekosten für das Gesundheitssystem einzudämmen. Die Kombination von Entwicklungen in der Mikro- und Nanotechnologie und der Digitalisierung führt auch im Gesundheitswesen zu erheblichen Fortschritten.

Dr. Thomas R. Dietrich und Mona Okroy-Hellweg
Fachverband IVAM, Dortmund

In Deutschland wird derzeit viel über Industrie 4.0 und smarte Produktion geredet. Die Welt wird digitaler, und das zeigt sich nicht nur in der industriellen Produktion, sondern ebenfalls in zahlreichen Trends für den Medizintechnikmarkt und das Gesundheitswesen. Die Digitalisierung verändert auch hier bereits die Art und Weise, mit der Patienten behandelt und Krankheiten diagnostiziert und therapiert werden. Ob Mobile Health, Wearables, Theranostik oder Neuroprothetik – alle diese Trends wären ohne Miniaturisierung und die damit verbundenen „Key Enabling Technologies“, wie Mikro- und Nanotechnologie, MEMS, Photonik und neue Materialien nicht möglich.
Digitalisierung vernetzt Patient und Gesundheitswesen
Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO umfasst „Mobile Health“ (mHealth) alle Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge, die durch mobile Geräte unterstützt werden. Dies betrifft beispielsweise populäre Apps, die Verbindung mit Armbändern oder Uhren herstellen, aber auch persönliche Hilfssysteme, die Handlungsempfehlungen liefern oder an die Einnahme von Medikamenten erinnern. mHealth-Lösungen sind der Hauptantriebsfaktor des signifikanten Wachstums, das der weltweite Gesundheitsmarkt derzeit verzeichnet.
Diese Innovationen benötigen jedoch neue Geschäftskonzepte, da die Anforderung an die Hersteller von Komponenten steigen: Ein miniaturisierter Sensor muss künftig „intelligent“ sein. Hersteller von Mikroelektro-mechanischen Systemen, kurz MEMS, werden nicht mehr die reine Technologie verkaufen, sondern auch ihre Funktion. Das bedeutet, dass Hersteller mehr über die Anwendung ihrer eigenen Technologien lernen und künftig verschiedene Hardwarekomponenten kombinieren können müssen.
Umgekehrt kündigen auch Pharmaunternehmen an, künftig digital-vernetzte Produkte anbieten zu wollen, wie automatisierte implantierbare Medikamentendosiersysteme. Auch sie wären dann gezwungen, nicht mehr bloße Chemie anzubieten, sondern Hightech-Produkte mit den dazugehörigen Apps in Kombination mit ihren Pharmazeutika. Die GSM (Groupe Speciale Mobile) schätzt, dass die Gesamteinkünfte aus dem mHealth-Markt 2017 eine Summe von 18,8 Mrd. Euro erreicht haben werden. Die Haupteinnahmequelle werden dabei nicht die App-Downloads sein, sondern der Absatz von Hardware, darunter auch Geräte, die direkt am Körper getragen werden, wie die so genannten Wearables.
Smarte Textilien mit vielen Funktionen
Für Wearables werden miniaturisierte Sende- und Empfangseinheiten benötigt, die zuverlässig und kontinuierlich Messwerte liefern. Dafür spielt Mikrotechnik die entscheidende Rolle. Vitalparameter können direkt am Körper gemessen werden. Miniaturisierte optische Sensoren sind bereits in der Lage, schmerzfrei Blutwerte zu ermitteln. Ein In-Ohr-Sensor kann beispielsweise den Pulsschlag sowie den Sauerstoffgehalt des Blutes nicht-invasiv messen und an ein Aufzeichnungsgerät übermitteln. Elektronische Bauteile in „Smart Textiles“ ermöglichen Funktionen, die ältere oder erkrankte Personen in ihrem täglichen Leben unterstützen. Durch Sensoren in Matratzen oder der Kleidung von Patienten können Körperfunktionen überwacht und im Notfall ein Arzt verständigt werden. Hier sind Konzepte zu entwickeln, die es erlauben, diese Stoffe trotz der zusätzlichen elektronischen Funktionen zu dehnen, zu waschen und an den Patienten anzupassen.
MEMS-Komponenten für intelligente Implantate
Es wird auch bereits an Wearables gearbeitet, die in der Lage sind, EEG-Signale des Gehirns aufzunehmen und zu nutzen, um bestimmte Funktionen zu kontrollieren. So können beispielsweise gelähmte Patienten, durch „Gedanken“ die Steuerung von Geräten übernehmen. Mittels eines EEG-gesteuerten Exoskeletts kann so auch ein querschnittsgelähmter Patient laufen.
Eine Herausforderung ist aktuell die Energieversorgung der Produkte. Sie sollte klein, leicht, einfach aufzuladen und langlebig sein. Idealerweise sollte deshalb eine autarke Energieversorgung Verwendung finden, beispielsweise durch „Energy Harvesting“. Die Energie wird hierbei entweder aus der Körperwärme oder aus der Bewegung der Träger gezogen, so dass keine externe Energiequelle oder Batterie benötigt wird.
Mikroelektronische, intelligente Implantate vereinen Therapie und Diagnose (Theranostik) in einem einzigen System, indem sie Sensoren, Aktoren und Signalverarbeitung kombinieren. Diese komplexen, medizinischen Geräte stellen hohe Anforderungen an Produktion, Qualitätskontrolle und Genehmigungsprozesse. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Materialwissenschaftlern, Biochemikern und Mikrotechnik-Experten ist notwendig, um diese Technologie erfolgreich einsetzen zu können.
Bei der Entwicklung implantierbarer Elektronik müssen diverse Aspekte gleichermaßen berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise die Langzeitstabilität, Chip-Technologie, integrierte Netzteile, Sterilisation und Telemetrie. Moderne Methoden der Mikro- und Nanotechnologie helfen dabei, die winzigen Komponenten der Implantate hermetisch abzuschließen, um maximale Sicherheit zu erreichen. Biostabilität und Biokompatibilität sind ebenfalls große Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Geeignetes Material mit perfekten Oberflächen oder entsprechende spezielle Schutzschichten müssen entwickelt werden.
Digitale Unterstützung im Smart Home bieten verstärkt AAL-Systeme: Die mikrotechnischen Systeme, die in den Wearables eingesetzt werden, finden im Bereich des „Ambient Assisted Living (AAL)“, beispielsweise im „Smart Home“, ebenfalls Anwendung. Intelligente Systeme sorgen dafür, dass Menschen, auch wenn sie alt oder krank sind, unabhängig leben können. Das intelligente Haus kümmert sich um sie – und organisiert im Notfall sofort Hilfe.
Die Digitalisierung in der Gesundheitsvorsorge bietet die Chance, optimierte Behandlung von Patienten bei gleichzeitig sinkenden Kosten zu ermöglichen. Alle Medizintechnik-Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, Zulieferer, Pharmaunternehmer, aber auch Komponentenhersteller in der Mikrotechnik können davon profitieren, wenn sie rechtzeitig ihre Marktansätze überdenken. ■
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