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Was sich an der Oberfläche tut

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Was sich an der Oberfläche tut

Orthopädische Implantate | Implantate aus Titan- und Kobalt-Chrom-MolybdänLegierungen und Gleitpartner aus ultrahochmolekularem Polyethylen sind heute Standard. Entscheidend für die Zukunft sind weiterentwickelte Oberflächen und der Einsatz additiver Verfahren. Auch Bioimplantate bieten Chancen.

Dr. Katrin SternbergAesculap, Tuttlingen

Implantate werden gebraucht, um körperliche Funktionen zu übernehmen, dennoch sind sie ein Fremdkörper im Patienten. Für die moderne Medizintechnik ist es deshalb ein wichtiges Ziel, die Implantat-Gewebe-Interaktion zu optimieren oder sogar regenerative Therapiekonzepte zu entwickeln und Bioimplantate einzusetzen – so soll eine hohe Körperverträglichkeit gewährleistet werden. Dabei ist die Anpassung an patientenspezifische Erfordernisse gefragt, und oft sind Menschen, die ein Implantat benötigen, in einer multimorbiden Gesamtverfassung.
Die Tuttlinger Aesculap AG arbeitet derzeit an neuen Konzepten zur Prophylaxe und Therapie implantatassoziierter Infektionen. Bildet sich auf der Oberfläche eines herkömmlichen unbeschichteten Implantats ein – sehr stabiler – Biofilm, erwächst daraus oftmals eine klinische Herausforderung, die angesichts der steigenden Resistenz der Keime gegenüber Antibiotika zum Problem werden kann.
Aesculap nutzt für die neuen Konzepte seine Kompetenzen bei Oberflächenmodifikationen und Beschichtungstechnologien. Das Beschichten mit Antibiotika ist dabei nur eine Möglichkeit. Eine Alternative ist beispielsweise die Oberflächenmodifikation mit antimikrobiellen Biomolekülen wie Peptiden. Diese wird zukünftig einen größeren Stellenwert einnehmen, da sie lokal wirkt, auch persistierende Erreger erreicht und Resistenzentwicklung vermieden werden kann. Beschichtungen dieses Typs können durch Tauchprozesse oder in Sprüh- oder auch Druckverfahren erzeugt werden.
Spannend für die Entwicklung von Implantaten in der Orthopädie sind auch die additiven Technologien, umgangssprachlich kurz 3D-Druck genannt. Die enormen technologischen Fortschritte auf diesem Gebiet haben dazu beigetragen, dass inzwischen zahlreiche additiv erzeugte Produkte auf dem Markt sind. Ein Anwendungsschwerpunkt liegt dabei auf individualisierten Implantaten, die abgestimmt auf die Anatomie des jeweiligen Patienten hergestellt werden. Auch die zugehörigen Modelle für die OP-Planung werden mit Hilfe solcher Verfahren hergestellt.
Mit additiven Technologien die Steifigkeit anpassen
Additive Technologien nutzen die Hersteller zunehmend bei in Serie gefertigten, zementfrei eingesetzten Implantaten. Die wesentlichen Vorteile dabei sind, dass die Steifigkeit der Implantate besser an den Knochen angepasst wird. Auch die Porenstruktur an den Oberflächen lässt sich individuell einstellen, was ein verbessertes Knocheneinwachsverhalten ermöglichen soll.
Um die Chancen der additiven Technologien für Implantate effizienter und zielgerichtet nutzen zu können, sollten die Prozesse jedoch wirtschaftlicher werden. Derzeit ist darüber hinaus die Auswahl an nichtmetallischen Werkstoffen für additiv gefertigte Implantate noch sehr eingeschränkt und sollte erweitert werden, speziell bei additiv verarbeiteten Kunststoffen und Keramiken. Eine interessante technologische Weiterentwicklung wäre es, wenn sich geeignete Sensorik in Implantate integrieren ließe, so dass eine Lockerung oder auch periimplantäre Infektionen frühzeitig detektiert werden könnten.
Bioimplantate können teilweise oder vollständig aus einer biologischen Komponente bestehen und eröffnen die Chance, Knorpelschäden erfolgreich zu behandeln. Dafür werden patienteneigene Zellen entnommen, in spezialisierten Laboren durch natürliches Wachstum vermehrt und in Form eines Bioimplantats dem Patienten wieder eingesetzt.
Diese Behandlungsform ist von großer Bedeutung, da die Zahl von Knorpelschäden durch Unfälle, Sportverletzungen und Überbelastung stetig steigt. Ein Unternehmen, das innovative Produktlösungen für diese Indikation anbietet, ist die Reutlinger Tetec AG. Zum Portfolio dieser B.Braun/Aesculap-Tochter gehören unter anderem dreidimensionale kollagenbasierte Matrizes, mit denen sich die biologische Rekonstruktion lokalisierter und vollschichtiger Knorpelschäden unterstützen lässt.
Für die arthroskopische Knorpelrekonstruktion wurde zudem ein Albumin-Hyaluronsäure-Gel entwickelt. Dieses Therapiekonzept kombiniert patienteneigene Knorpelzellen mit einem Hydrogel, das der Orthopäde in den Knorpelschaden injiziert. Dort verfestigt und rekonstruiert es sich, was dazu führt, dass dem menschlichen Gewebe ähnliche Eigenschaften erreicht werden. Neben seinen entzündungshemmenden Eigenschaften bietet dies den Vorteil, auch operativ schwer zugängliche Knorpeldefekte zu erreichen.
Aufgrund der demographischen Entwicklung wird eine klinisch effektive Behandlung von orthopädischen Problemen in Zukunft eine große Bedeutung haben. Regenerative Therapieverfahren mit Bioimplantaten sind dabei vor allem für jüngere Patienten interessant. Bei älteren Patienten hingegen wird eine Primärversorgung mit künstlichen Implantaten bis hin zur Implantatrevision einen wachsenden Stellenwert einnehmen.
Technologische Fortschritte auch aus anderen Anwendungsfeldern werden dafür Impulse liefern: Beispiele sind die Kardiologie, wo implantatassoziierte Wirkstofffreisetzungssysteme eingesetzt werden, die Herzchirurgie mit biologischen Herzklappen und die Zahnheilkunde, wo Oberflächenmodifikationen von Titanimplantaten eine Rolle spielen. ■
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