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Umati: Einheitliche Schnittstelle für Maschinenkommunikation

Digitale Vernetzung
Schnittstelle Umati: Auf dem Weg zum Standard

Industrie 4.0 und Digitalisierung funktionieren nur, wenn Maschinen untereinander und mit IT-Systemen Daten austauschen können. Eine Grundvoraussetzung fürs effiziente Vernetzen schafft die Schnittstelle Umati. Sie soll sich als IoT-Standard für den Maschinenbau etablieren.

Mona Willrett
mona.willrett@konradin.de

Das Vernetzen von Maschinen und Geräten entlang einer Fertigungskette ist heute schon möglich, jedoch mit hohem Aufwand verbunden. Das gilt laut Markus Frank besonders dann, wenn viele heterogene Glieder zu verketten sind. Der Leiter Digitalisierung beim Werkzeugmaschinenhersteller Grob-Werke GmbH & Co. KG in Mindelheim betont aber auch: „Konnektivität darf künftig kein Geld mehr kosten!“ Und Bernd Zapf, Leiter Development New Business & Technology beim Maschinenbauer Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH in Nürtingen, stimmt zu: „Es bringt niemandem etwas, wenn wir zum 100sten Mal das gleiche Problem lösen, nur weil wir bei jedem Kunden eine andere Situation vorfinden und unsere Schnittstellen immer wieder neu anpassen müssen.“

Diese Einsicht prägte auch eine Vorstandssitzung des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenhersteller (VDW) im Januar 2017. Dort kam die Frage auf, warum es keinen „USB-Stecker“ für Werkzeugmaschinen gäbe? Die Anwesenden waren sich schnell einig: Auf dem Weg
zu echten Industrie-4.0-Lösungen fehlt vor allem eine standardisierte Schnittstelle, um Werkzeugmaschinen und IT-Systeme effizient zu vernetzen – hersteller- und verfahrensübergreifend. Einigkeit herrschte auch darüber, dass ein solcher Standard nur gemeinsam umzusetzen sei.

Maschinen einfach verbinden – wie vom PC gewohnt

Wenig später startete der VDW das Vernetzungsprojekt „Konnektivität für Industrie 4.0“. Die Grundlagen wurden von einer Kerngruppe erarbeitet. Stellvertretend für seine Mitstreiter in der Projektgruppe sagt Markus Frank: „Wir alle waren uns bewusst: Unsere Kunden erleben jeden Tag, wie sich Drucker, Scanner oder Kameras ganz einfach an einen Computer anschließen lassen. Eine ähnliche Lösung fordern sie zunehmend auch von uns. Und die wollten wir entwickeln.“

Zur Messe AMB 2018 hat der VDW als Marke für seine Initiative zur Vernetzung von Maschinen den Begriff Umati – für „Universal Machine Tool Interface“ – eingeführt. Als neutralen Projektkoordinator und wissenschaftliche Begleitung gewann der VDW das Stuttgarter Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW).

Einheitliche Schnittstelle für die Vernetzung im Dienste der Digitalisierung

Eine einheitliche Sprache und Semantik sollten es den unterschiedlichsten Systemen erlauben, miteinander zu kommunizieren. „Die Standardisierung führt dazu, dass die ausgetauschten Informationen präziser und konsistenter sind, als das heute bei vielen Vernetzungslösungen noch der Fall ist“, sagt Zapf. Weil die übertragenen Daten damit den realen Verhältnissen entsprechen, werde auch der Informationsgehalt eines verknüpften MES-Systems höher. Und Markus Frank ergänzt: „Für Kunden bedeutet das den Zusatznutzen, dass Leistungsangebote besser vergleichbar sind.“

Dass die neue Schnittstelle auf der Basis von OPC UA entstehen sollte, war schnell klar. OPC UA verbreitet sich gerade im Maschinen- und Anlagenbau rasant. Beim Konfigurieren und Anpassen eines so genannten OPC-UA-Servers helfen Entwicklungspakete. Träger der Standards ist die OPC-Foundation, die die Veröffentlichung und Verbreitung von OPC-UA-Standards unterstützt. Der VDW ist seit Juni 2018 OPC-Mitglied.

Sprachregeln für die Vernetzung über die Schnittstelle Umati basieren auf OPC UA

„OPC UA gibt uns die Sprachregeln vor, nach denen wir Daten austauschen können“, sagt Dr. Alexander Broos, der beim VDW die Abteilung Forschung & Technik leitet. „Für die Projektgruppe ging es zunächst darum, jene Signale sowie deren Bedeutung zu definieren, die die Schnittstelle Umati transportieren soll, und diese dann in einem ‚Wörterbuch‘, der Companion Specification, zusammenzufassen.“ Die Veröffentlichung dieser Companion Specification ist mit einer Normung vergleichbar. „Wenn wir das geschafft haben, können wir mit jedem kommunizieren, der ebenfalls diese Sprache spricht. Wir müssen dann nicht mehr darüber nachdenken, wie wir kommunizieren, sondern nur noch darüber, was wir kommunizieren.“

Einen der Vorteile von Umati gegenüber anderen Schnittstellen-Lösungen wie der US-amerikanischen MT-Connect sehen die Gruppenmitglieder im anwendungsgetriebenen Ansatz. Für die gesammelten Anwendungsfälle – oder Use Cases – wird definiert, welche Daten relevant sind und welche Bedeutung die jeweilige Information hat. „Natürlich könnten wir alle verfügbaren Daten bereitstellen, aber das wäre kontraproduktiv“, erklärt Caren Dripke, Gruppenleiterin am ISW. „Um ein möglichst effizientes System zu schaffen, müssen wir festlegen, welche Signale jeweils wichtig sind und daraus notwendige Handlungen ableiten.“ Ähnliche Use Cases wurden dafür zusammengefasst und Objektdefinitionen für das OPC-UA-Informationsmodell erstellt, mit deren Hilfe sich Parameter übertragen lassen.

Die Gruppe hat 20 Use Cases gesammelt, von denen die erste Umati-Version zehn enthalten soll. „Wir könnten bereits erheblich mehr umsetzen“, sagt Dripke. „In manchen Bereichen ist es aber nicht einfach, Einigkeit zu erzielen. Um schnell voranzukommen, haben wir deshalb jene Themen vorgezogen, die sich rasch und in praktikabler Detailtiefe umsetzen ließen.“ Ähnlich wie beim bekannten USB-Standard wird es aber auch bei Umati Folgeversionen geben.

Entwurf für Schnittstelle Umati wurde in Japan vorgestellt

Im November 2018 wurde Umati anlässlich der Messe Jimtof in Japan vorgestellt. Anfang 2019 konnte der Entwurf des Standards öffentlich diskutiert werden. Ein wichtiger Schritt war die Gründung einer OPC-UA-Joint-Working-Group, in der Interessenten aus aller Welt ihre Ideen einbringen können. So soll internationale Akzeptanz erreicht werden. Im September wird auf der EMO 2019 in Halle 9 nun ein umfangreicher Show Case zu sehen sein. Rund 50 Werkzeugmaschinenhersteller aus sieben Ländern werden gemeinsam zeigen, wie sich Maschinendaten mit Umati verwerten lassen.

Die Schnittstelle wird zunächst für Green-Field-Lösungen, also neue Systeme, verfügbar sein. Bestehende Anlagen nachrüsten zu können, ist aber ein wichtiges Anliegen. ISW-Wissenschaftlerin Dripke hofft, dass damit die Schnittstellenfrage geklärt sein wird. Denn: „Wir stellen immer wieder fest, dass gerade kleinere Unternehmen viel Kraft in diese Problematik stecken. Diese Energie können sie künftig nutzbringender einsetzen, etwa um neue Angebote und Geschäftsmodelle zu entwickeln.“


Umati-Kerngruppe

Umati ging aus einer Initiative des Branchenverbands VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) hervor, deren Ziel es war, einen Schnittstellenstandard für Werkzeugmaschinen sowie zwischen Maschinen und anderen betrieblichen Systemen (MES, ERP, Cloud-Anbindungen…) zu schaffen. Um ein effizientes Vorankommen zu gewährleisten, wurde die Teilnehmerzahl der Projektgruppe zunächst beschränkt. Zu dieser Kerngruppe gehören die Maschinenbauer Chiron, DMG Mori, Emag, GF Machining Solutions, Grob, Heller, Liebherr, Pfiffner, Trumpf und United Grinding. Eingebunden waren zudem die Steuerungshersteller Beckhoff, Bosch Rexroth, Fanuc, Heidenhain und Siemens. Forschungsseitig und als Projektkoordinator ist das Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) mit dabei.

https://vdw.de/technik-und-normung/umati/

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