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Wofür sich das Tiefziehen lohnt, zum Beispiel in der Medizintechnik

Kaltumformung
Wo Tiefziehen Vorteile bringt, auch für Medizinprodukte

Wo Tiefziehen Vorteile bringt, auch für Medizinprodukte
Aus einem flachen Blechzuschnitt wird durch das Tiefziehen ein geformtes Hohlteil, mit besonders glatter Oberfläche und gegebenenfalls deutlich erhöhter Festigkeit (Bild: Stüken)
Tiefziehen ist zwar ein werkzeuggebundener Prozess, aber dennoch nicht unflexibel. Welche Vorteile das bietet, zeigt das Beispiel eines Magnetventils. Die Eigenschaften tiefgezogener Teile sind aber auch für Medizinprodukte interessant. Das Verfahren ist für Titan und andere Werkstoffe anwendbar.

Ein Tiefziehteil kann ein Drehteil locker ausstechen – auch wenn man das bei so unterschiedlichen Prozessen nicht erwarten würde. Drehen ist ein etablierter Prozess, Tiefziehen – ein werkzeuggebundenes Verfahren – vielleicht eher etwas für Sonderfälle? Und doch kam der Hersteller eines Magnetventils zu dem Schluss, dass er durch das Tiefziehen nicht nur Gewicht einsparen konnte, sondern auch die Kosten senken – und dass sich bei wachsender Nachfrage die Stückzahlen gut steigern ließen. Daher entschied er sich für eine Umstellung und setzt nun auf das Tiefziehen.

„Solche Überlegungen können für die Medizintechnik und die Pharmaindustrie sehr interessant sein“, sagt Andreas Hellmann, Leiter Verkauf Stüken Medical bei der Hubert Stüken GmbH & Co. KG in Rinteln, einem Unternehmen, das sich auf das Tiefziehen von Metallteilen spezialisiert hat. Natürlich sei das Tiefziehen nicht immer der ideale Ersatz für andere Fertigungsverfahren. Der Vergleich lohne sich aber öfter, als Produktionsspezialisten das gemeinhin annähmen. Vor allem, wenn besondere Eigenschaften angestrebt werden wie eine hohe Festigkeit bei geringer Materialstärke.

Beim Tiefziehen verfestigen sich viele Materialien

Das Tiefziehen, ein Prozess der Kaltumformung, arbeitet mit geringen Kräften und erwärmt das Material nicht über 200 °C. Viele Materialien wie Edelstahl oder mikrofeinlegierte Werkstoffe erfahren dabei eine Verfestigung. Das macht sie stabiler, und so kann ein Bauteil wie das Magnetventil mit geringeren Wandstärken hergestellt werden – was Materialverbrauch und Kosten senkt.

„Damit das sicher funktioniert, ist aber wie bei anderen Verfahren auch viel Know-how erforderlich“, erläutert Hellmann. Welche Schritte das Material in der Presse durchläuft, bis es die endgültige Gestalt erreicht hat, ist eine Frage von Wissen und Erfahrung. Das Abstimmen der Werkzeuge beispielsweise, die die Form des Teils bestimmen, führen Spezialisten durch. Für sie ist eine Lehre nur die Basisausbildung. Sie lernen weitere fünf bis zehn Jahre, um „alle Kniffe zu beherrschen, mit denen sich auch komplexe Neuwerkzeuge zum Laufen bringen lassen“, wie es Hellmann beschreibt.

Viele Details tragen zum sicheren Prozess bei

Dieses Wissen haben die Stüken-Mitarbeiter für die Herstellung des Magnetventils zur Verfügung gestellt. So wurde die Materialspezifikation bezüglich der Anisotropie, des Gefüges und der Legierungsbestandteile mit dem Anwender diskutiert und so gewählt, dass kontinuierlich ein gutes Ergebnis erzielt wird. Im Werkzeug ist eine Einzelteilprüfung auf Dichtigkeit integriert, und die Position der Seitenlöcher wird über einen integrierten Sensor geprüft. Bei Bedarf werden die tiefgezogenen Hülsen zu 100 % geprüft, da nichtmetallische Fremdkörper im Band zu Fehlstellen führen können.

„Im Fall der Magnetventile ging es um große und weiter wachsende Stückzahlen eines teuren Drehteiles, die mit dem bisher verwendeten Herstellungsprozess in der Zuliefererkette nicht mehr realisierbar waren“, erläutert Hellmann. „Hier konnten wir mit dem Tiefziehen die genannten Vorteile erreichen.“ Und obwohl das Verfahren an ein eigens entwickeltes Werkzeug gebunden ist, amortisierte sich dieses innerhalb von 1,5 Jahren.

Trotz Werkzeug bietet das Tiefziehen auch Flexibilität

Für die Zukunft ist dennoch Flexibilität möglich: Ins Werkzeug lassen sich nachträglich Operationen integrieren, so dass zusätzliche Seitenlöcher oder Kantenprägungen am Teil angebracht werden können. Auch der Wechsel auf ein anderes Material sei in gewissem Umfang möglich. Und was die Stückzahlen angeht, ist ein Vorteil des Tiefziehens, dass eine Fertigung in mehreren Spuren möglich ist – pro Hub also mehr als ein Teil in der Presse bearbeitet wird. „Für automatisierte Prozesse sind Stückzahlen ab etwa 100 000 bis eine Million interessant. Bei höheren Stückzahlen spielt der Prozess erst richtig seine Stärken aus.“

In der Medizintechnik oder Pharmaindustrie wird laut Hellmann inzwischen des Öfteren über das Tiefziehen gesprochen. „Standardisierung, Miniaturisierung und die geforderte Prozesskontrolle sind dabei ebenso wichtig wie der wachsende Kostendruck.“ Fortschrittliche Simulationstechniken und die verbesserte Pressentechnologie sowie eine automatisierte Kontrolle eröffnen neue Einsatzmöglichkeiten.

Tiefziehen auch für kleine Teile aus exotischem Material

Machbar sind kleine Präzisionsteile, die auch aus „exotischeren Materialien wie Titan, Edelstählen, Molybdän, Inconel oder Niob“ bestehen können. Für die Integration von Funktionen wie Dichtsitze, Laufflächen, Federfunktion, Stabilisierung, Lagersitze oder Durchströmöffnungen, ist das Tiefziehen ebenfalls interessant. Auch Mikroteile mit Dimensionen unter 1 mm lassen sich herstellen.

Vor diesem Hintergrund rechnet Hellmann vor allem bei Funktionsteilen in medizintechnischen Geräten und Werkzeugen sowie in Produkten zur Diagnose und Behandlung mit Vorteilen durch das Tiefziehen. Gleiches gilt für funktionelle Teile in Magnetventilen und der Sensorik, für Gehäuse aus Edelstahl sowie Implantatgehäuse aus Titan. „Wer das Tiefziehen in Betracht zieht, sollte das früh in der Produktentwicklung berücksichtigen“, sagt Hellmann. „Aber auch in der Hochlaufkurve kann der Wechsel zu einem Tiefziehteil noch sinnvoll sein.“ (op)

Über Stüken: www.stueken-medical.de

Messe Compamed: Halle 8a , Stand S03


Über das Tiefziehen

Dass man aus einem flachen Blechteil einen Hohlkörper formen kann, haben Menschen bereits im 16. Jahrhundert erkannt und dieses Wissen genutzt, um aus Messing ein Werkzeug für den Schneider herzustellen: den Fingerhut.

Seither wurde das Verfahren natürlich weiterentwickelt und dient heute dazu, aus unterschiedlichen Werkstoffen komplexe Hohlteile für verschiedene Branchen herzustellen.

Unerlässlich ist dafür ein Werkzeug zum Umformen. Je nach gewünschter Endform durchläuft das Ausgangsmaterial wenige bis viele Schritte, bei denen es jeweils leicht verändert wird, um sich dem Ziel langsam anzunähern. Bis zu 30 Stufen je Werkzeug sind denkbar. Das Verformen des Materials, das schließlich die gewünschte Dicke in allen Bereichen haben soll, erfordert Fachwissen: zu der Kraft, der Geschwindigkeit und dem Hub, mit der das Ausgangsblech in jedem Schritt in der Presse bearbeitet wird, zum Werkzeug selbst und zum geeigneten Material für das Teil.

Die Eigenschaften des Werkstoffes verändern sich darüber hinaus beim Umformen: Es entstehen Eigenspannungen im Werkstück, was die Festigkeit bei Edelstählen und mikrofeinlegierten Werkstoffen um bis zu 50 % steigern kann. Darüber hinaus werden dünnwandige Tiefziehteile an ihrer Außenseite gut eingeglättet, was ihre Gleiteigenschaften verbessert. Das kann für die Dichtbereiche an dynamischen Gummidichtungen interessant sein.


Kontakt zum Spezialisten für das Tiefziehen:

Hubert Stüken GmbH & Co. KG
Alte Todenmanner Str. 42
31737 Rinteln
Tel. +49-(0)5751-702-0
www.stueken.de

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