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Zieh – und das Teil wird breiter

Auxetische Werkstoffe aus Metall: Interessante Eigenschaften für Implantate
Zieh – und das Teil wird breiter

Wie ein Körper auf Zug oder Druck reagiert, hängt von seinen inneren Strukturen ab. Diese haben Forscher aus Erlangen so lange variiert, bis sie zu Materialien kamen, die mit den gewohnten nicht mehr vergleichbar sind.

Die Erfahrung lehrt: Je stärker man ein elastisches Gummiband in die Länge zieht, desto schmaler wird es. Es gibt aber auch Materialien, die ganz anders reagieren: Sie werden breiter, wenn man sie streckt, und schmaler, wenn man sie zusammendrückt.

Dieses Verhalten, das von den Alltagsbeobachtungen so sehr abweicht, macht die so genannten auxetischen Materialien interessant. Sie können viel Energie aufnehmen oder haben ein hohes Dämpfungsvermögen. Solche Eigenschaften sind in Stoß- und Schwingungsdämpfern gefragt. Auch als Knochenersatzstoffe und zum Aufbau von Implantaten kommen sie in Frage.
Die Besonderheiten der auxetischen Materialien lassen sich physikalisch durch eine negative Querkontraktionszahl beschreiben. Das ist eine Größe aus der Mechanik beziehungsweise der Festigkeitslehre. Sie beschreibt, wie sich ein Körper unter dem Einfluss einer ziehenden oder drückenden Kraft verhält. Kork beispielsweise hat eine Querkontraktionszahl von beinahe 0, bleibt von Zug und Druck also relativ unbeeinflusst. Schaumstoffe liegen zwischen 0,1 und 0,4, Titan ist bei 0,35 einzuordnen, Kunststoffe bei etwa 0,3. Nur Gummi erreicht den maximal möglichen Wert von 0,5.
Dass sich die auxetischen Werkstoffe so besonders verhalten und ihre Querkontraktionszahl bis zu -1 beträgt, liegt an ihren komplexen inneren Strukturen. Ende der 80er Jahre wurden die ersten Werkstoffe dieser Art auf der Basis von Polymeren beschrieben.
In Erlangen sollte dieser Ansatz auf Metall übertragen werden, und die Strukturen dafür entwickelten Forscher zunächst auf Grund theoretischer Überlegungen. Die Optimierung erfolgte im Computer. Daran waren Mathematiker, Physiker und Werkstoffwissenschaftler beteiligt, die im Exzellenzcluster Engineering of Advanced Materials zusammenarbeiten. Sie alle befassen sich dort mit der Entwicklung neuer Materialien und forschen gemeinsam in interdisziplinären Clusterprojekten.
Sobald die Modelle und Simulationen aus dem Rechner vielversprechend erschienen, wurden Bauteile mit der ausgewählten Struktur via Rapid Manufacturing hergestellt. Durch selektives Elektronenstrahlschmelzen entstanden Teile schichtweise aus Titanpulver. Die berechneten mechanischen Eigenschaften stimmten gut mit den gemessenen Werten überein.
Da sich auxetisches Material unter Druckbelastung zusammenzieht, wäre es gut zu implantieren. Auch lassen sich seine mechanischen Eigenschaften lokal an die des Knochens anpassen. Da es unter Druck sein Volumen verringert und bei Entlastung zum Ausgangsvolumen zurückkehrt, wirkt es wie eine kleine Pumpe, was den Austausch der Körperflüssigkeit im Implantat verbessert.
Aktuell wird daran gearbeitet, das auxetische Verhalten in allen drei Raumrichtungen gezielt einzustellen und zu maximieren.
Weitere Informationen Auskunft zu den auxetischen Materialien: PD Dr.-Ing. Carolin Körner, E-Mail: carolin.koerner@ww.uni-erlangen.de Mehr zum Exzellenzcluster Engineering of Advanced Materials: www.eam.uni-erlangen.de Über die Forschungsarbeiten im Exzellenzcluster berichten die Erlanger Forscher in 20 Aufsätzen. Diese sind unter dem Titel „Hierarchical Structures Towards Functionality“ veröffentlicht, einem Sonderband der Zeitschrift Advanced Materials. Er enthält Übersichtsartikel zu Nanoelektronik, Optik und Photonik, Katalyse und Leichtbau. Online-Ausgabe unter http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/adma.v23.22/23/issuetoc
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