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Zement, der für Bewegung sorgt

Wirbelkörperkompressionsfrakturen: Radiofrequenz-Kyphoplastie mit Knochenzement stabilisiert Wirbelkörper
Zement, der für Bewegung sorgt

Wirksame Hilfe bei Wirbelkörperkompressionsfrakturen: Radiofrequenz-Kyphoplastie mit ultrahochviskosem Knochenzement stellt einen weiteren Entwicklungsschritt in der Zementaugmentation dar. Der gummiartige Zement stabilisiert den Wirbelkörper und bringt Lebensqualität zurück.

Die Radiofrequenz-Kyphoplastie (RFK) gilt als sehr modernes und innovatives Verfahren in der Behandlung osteoporotisch, onkologisch oder traumatisch bedingter Wirbelkörperkompressionsfrakturen.

Seit der Einführung der Vertebroplastie Mitte der 1980er-Jahre und der Ballonkyphoplastie Ende der 90er haben sich die beiden Verfahren in den vergangenen Jahren rasch verbreitet. Das StabiliT Vertebral Augmentation System mit Radiofrequenz-Kyphoplastie ist ein weiterer Entwicklungsschritt der herkömmlichen Zementaugmentation. „Bei klassischen Vertebroplastieverfahren wird liquider Knochenzement, der eine passive Kyphosekorrektur (bei entsprechender Lagerung) ermöglicht, mit einer hohen Injektionsgeschwindigkeit in den Wirbel gepumpt. Dabei kommt es häufiger zu Zementaustritten, die auf die sensiblen Nachbarareale, also Nerven und Rückenmark, drücken und weitere Beschwerden auslösen“, erläutert Prof. Dr. Andreas Kurth, Direktor der Klinik für Orthopädie der Universitätsmedizin Mainz und Mitglied des Vorstands des Dachverbandes Osteologie e. V. (DVO). Auch bei der Ballonkyphoplastie gibt es Nachteile: Ein Ballonkatheter wird in den Wirbelkörper eingeführt, unter hohem Druck mit Flüssigkeit aufgebläht und anschließend wieder entfernt, um den entstandenen Hohlraum mit Knochenzement aufzufüllen. Durch die Balloninflation wird aber intakte Knochenstruktur verdrängt und unnötig zerstört. Bisherige Verfahren haben also gezeigt, dass sie im besten Fall entweder für eine ausreichende Verzahnung oder eine passive Aufrichtung des Wirbelkörpers sorgen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Vertebro- und Kyphoplastiesystemen vereint das StabiliT-Vertebral-Augmentation-System die Vorteile beider etablierter Verfahren, sodass Operateuren jetzt ein technisch neuartiges, knochenschonendes und minimal-invasives Kyphoplastieverfahren zur Seite steht. Es ermöglicht durch sein hydraulisches Applikationssystem einen kontrollierten Vorschub des ultrahochviskosen PMMA-Zements und verhindert das Risiko von Zementleckagen. „Weiterhin werden bestehende Risiken minimiert und Lösungen für gleich mehrere Probleme angeboten“, verdeutlicht Prof. Kurth. „Hierzu zählen die Vermeidung zugangs-, zement- und applikationsspezifischer Komplikationen sowie eine gezielte Reposition und Augmentation ohne hektische Betriebsamkeit.“ Eine extrem lange Verarbeitungszeit von mehr als 30 Minuten bei nahezu gleichbleibenden Eigenschaften des Zements erhöhe die Applikationskontrolle und ermögliche eine sichere Intervention selbst bei der ersten Anwendung und schwierigen Fällen. Mittels Start-Stopp-Funktion erfolgt die präzise Zementinjektion über eine Fernbedienung, die in einem Abstand von drei Metern zur Strahlenquelle bedient werden kann. Dadurch verringert sich die Strahlenexposition für das medizinische Personal. „Die mittlere OP-Zeit im Vergleich zur konventionellen Technik mittels Ballon oder Ähnlichem wird durch die Radiofrequenz-Kyphoplastie nahezu halbiert. Dies ist nicht nur für den Patienten ein Vorteil, sondern berücksichtigt auch den für die Klinik nicht unwichtigen wirtschaftlichen Aspekt teurer OP-Zeit“, betont Prof. Kurth.
Die neue Methode der Radiofrequenz-Kyphoplastie kann unter Vollnarkose oder Lokalanästhesie, gegebenenfalls auch ambulant, durchgeführt werden. Mit etwa 20 bis 25 Minuten pro Wirbel dauert der Eingriff knapp die Hälfte der herkömmlichen Operationszeit. Hiervon profitieren besonders ältere Patienten. Per Schlüssellochchirurgie führen Mediziner unter Sichtkontrolle eine schmale Kanüle in den behandlungsbedürftigen Wirbelkörper ein. Nach endgültiger Positionierung der Arbeitskanüle werden mithilfe eines flexiblen Osteotoms, an dessen Ende sich eine bewegliche Spitze befindet, gezielt kleine Gänge im porösen Knochen angelegt. Mittels einer maschinell gestützten Hydraulik gelangt der speziell entwickelte Knochenzement mit einer konstanten Injektionsgeschwindigkeit von 1,2 ml/min sicher in den vorbereiteten Hohlraum. Die Applikation des Zements kann mehrfach unterbrochen werden und die eingebrachte zähe Masse kann somit langsam und kontrolliert die feinen Wirbelstrukturen umschließen – bis zum angestrebten Ergebnis. „Erst unmittelbar vor der Applikation kommt Radiofrequenzenergie hinzu, aktiviert den Knochenzement und überführt ihn in eine hochviskose Phase. Zementaustritte oder -verschleppungen in die benachbarten Areale lassen sich somit minimieren beziehungsweise vermeiden“, erklärt Prof. Kurth. Anschließend erhält der Zement im frakturierten Wirbelkörper seine Steifigkeit und übt einen gleichmäßigen Druck auf die Deckenplatten des Wirbelkörpers aus. Dadurch wird die Aufrichtung des gebrochenen Wirbelkörpers unterstützt. Zurück bleibt ein winziger Schnitt (kleiner als 1 cm), den der Arzt nicht einmal mehr nähen muss. Innerhalb einiger Stunden, spätestens jedoch am nächsten Tag, tritt eine unmittelbare und dauerhafte Schmerzlinderung ein.
Indem die neue Methode in der Lage ist, den Höhenverlust der Wirbelkörper zu kompensieren und gegebenenfalls ein aktives Aufrichten des Wirbels ohne zusätzliche Maßnahmen zu erreicht, wird die Zunahme des Kyphose-Winkels (Verkrümmung) verhindert. Mit der Wiederherstellung des Wirbelprofils kommt es zu einer raschen und anhaltenden Funktionsverbesserung der Wirbelsäule. Weitere Vorteile für die Patienten liegen in der Regel neben der hohen Sicherheit in einer kurzen Operationsdauer und einer schnellen Rehabilitationszeit. su

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